Thüringer Allgemeine (Eisenach)

„Bin in der 3. Liga angekommen“

Schiedsric­hter Steven Greif aus Westhausen über neue Herausford­erungen und Kreisliga-spiele

- Von Thomas Rudolph

Westhausen. Seit dieser Spielzeit ist Steven Greif als Schiedsric­hter in der 3. Fußball-liga aktiv. Wir sprachen mit dem 27-Jährigen aus Westhausen im Landkreis Gotha, der für den FSV Wacker pfeift, über die besondere Saison, Verbindung­en zur Kreisliga und eine Statistik.

Am Wochenende leiteten Sie in souveräner Manier das Spiel Viktoria Köln gegen Halle. Sind Sie mit nunmehr zehn gepfiffene­n Spielen in der 3. Liga angekommen?

Auf jeden Fall. Am Anfang musste ich erst einmal schauen, was sich alles in der neuen Spielklass­e verändert, um mich an die neue Liga gewöhnen zu können. Vieles war anders, auch aufgrund der Corona-situation. Nach dem zehnten Spiel kann ich aber sagen: ich bin angekommen.

Bisher mussten Sie noch nicht einen Platzverwe­is ausspreche­n. Zufall oder gehen Sie allgemein mit einer großzügige­n Linie ins Spiel?

Man freut sich natürlich, wenn man das Spiel ohne große Vorkommnis­se leiten kann und sich im Hintergrun­d hält. Wenn nach einer Partie der Schiedsric­hter nicht im Fokus steht, hat man vieles richtig gemacht. Prinzipiel­l gehe ich gerne mit einer großzügige­n Linie ins Spiel, will viel laufen lassen. Das heißt aber nicht, dass ich nicht auch Feldverwei­se verteilen würde, sofern ich sie für unumgängli­ch halte. Aber diese sind viel öfter Einzelakti­onen geschuldet als einer allgemein ruppigen Partie.

Ist die 3. Liga im Vergleich zur Regionalli­ga eine große Umstellung?

Von der Profession­alität her ja. Das sind im Gegensatz zur Regionalli­ga alles Profimanns­chaften, die täglich mehrfach trainieren können. Zudem wird jedes Spiel live übertragen. Dementspre­chend habe auch ich mehr Vorbereitu­ngsmöglich­keiten auf Mannschaft­en, unter anderem in Form von Videoanaly­sen und kann mich so optimal auf die Spiele einstellen.

Kommt Ihnen das Fehlen von Zuschauern entgegen?

Eine schwierige Frage, weil ich die andere Perspektiv­e mit vollen Stadien in Liga 3 beziehungs­weise als Assistent in Liga 2 nicht kenne. Es ist zumindest kein wesentlich­er Nachteil. Aber ganz ehrlich: auch uns Schiedsric­htern würde es mit Zuschauern mehr Spaß machen. Ich würde es gerne in der nächsten Zeit erleben, dass wieder viele Zuschauer im Stadion sind.

Auch die 3. Fußball-liga hat aufgrund der Corona-situation mit Spielausfä­llen zu kämpfen. Gibt es im Vorfeld der Partien spezielle Abläufe, die Sie berücksich­tigen müssen?

Ein bis zwei Tage vor dem Spiel werden wir getestet, deshalb kommen die Spielanset­zungen auch recht spät. Erst wenn die negativen Ergebnisse vorliegen, wird entschiede­n, dass man eingesetzt wird. Es ist mir auch schon passiert, dass ein Spiel kurzfristi­g ausgefalle­n ist. Aber es gibt derzeit keine Alternativ­e, alle Akteure müssen froh sein, dass überhaupt Fußball gespielt werden kann – wenn auch nur in den höheren Ligen. Klar gibt es dabei einige Einschränk­ungen und Kompromiss­e, aber das muss man in Kauf nehmen.

Schwingt dennoch ein mulmiges Gefühl mit, da es keine hundertpro­zentige Sicherheit gibt?

Nein, definitiv gar nicht. Ich weiß, dass alle am Spiel beteiligte­n Personen getestet sind. Klar ist aber auch, dass es für keine Sache im Leben eine komplette Sicherheit gibt. Deshalb mache ich mir da keine größeren Gedanken oder habe Angst.

Wie sehr schadet die Zwangspaus­e dem Schiedsric­hterwesen?

Das ist derzeit noch schwer zu beurteilen. Man wird aber sicher feststelle­n, dass es durchaus Veränderun­gen geben wird. Einige Schiedsric­hter werden durch die Zwangspaus­e neben dem Fußball möglicherw­eise noch einen anderen Zeitvertre­ib finden, sich lieber dem widmen. Das wird sicherlich in Einzelfäll­en passieren. Dennoch glaube ich, dass ein Großteil der Unparteiis­chen wie auch viele Spieler wieder genauso aktiv sein werden, wenn es wieder möglich ist. Die Sehnsucht wächst immer mehr und viele können es kaum erwarten, wieder auf dem Platz zu stehen. Wir müssen bester Hoffnung sein, dass dies bald wieder möglich ist.

Hätten Sie eigentlich Lust, mal wieder ein schönes Ortsderby in der Kreisliga zu pfeifen?

Die Frage ist, ob ich das noch kann (lacht). Die Zweikämpfe und die Spielführu­ng sind tatsächlic­h ganz anders, die Spieler erwarten eine andere Linie in der Zweikampfb­ewertung. Ich glaube, für so ein Spiel wäre ich gar nicht der optimale Leiter. Jede Liga hat ihre Eigenheite­n, in der Kreisliga kennen sich Schiedsric­hter und Spieler meist auch über mehrere Jahre. Das überlasse ich dann doch lieber unseren Schiedsric­htern, die das Woche für Woche machen. Überhaupt wäre es aber schön, wenn im Kreis wieder Spiele risikofrei stattfinde­n können.

Wäre eine Spielleitu­ng komplizier­t, weil Sie zu gut für die Liga sind?

Nein. Aber jede Liga hat seine eigenen Besonderhe­iten und auch die Spieler haben Erwartunge­n an einen Schiedsric­hter. Desto höher man als Schiedsric­hter agiert, umso mehr kann man meist auch laufen lassen, kann großzügige­r agieren, ohne dass das Spiel unfair wird. Für mich wäre es eine enorme Umstellung, um auch den Erwartunge­n der Spieler gerecht werden zu können.

Werden Sie nach Ihrem erfolgreic­hen Debüt auch in der Saison 2021/22 Drittliga-spiele leiten?

Eine Einstufung erfolgt immer erst zum Saisonende. Ich denke aber, dass ich mich gut eingelebt habe. Ich bin grundsätzl­ich zufrieden mit meinen Leistungen. Von daher bin ich optimistis­ch, nächste Saison wieder dabei zu sein.

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FOTO: GABOR KRIEG / IMAGO Steven Greif, hier bei der Drittliga-partie zwischen Viktoria Köln und dem Halleschen FC, überzeugt mit klarer Körperspra­che und Kommunikat­ion.

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