Thüringer Allgemeine (Eisenach)
„Bin in der 3. Liga angekommen“
Schiedsrichter Steven Greif aus Westhausen über neue Herausforderungen und Kreisliga-spiele
Westhausen. Seit dieser Spielzeit ist Steven Greif als Schiedsrichter in der 3. Fußball-liga aktiv. Wir sprachen mit dem 27-Jährigen aus Westhausen im Landkreis Gotha, der für den FSV Wacker pfeift, über die besondere Saison, Verbindungen zur Kreisliga und eine Statistik.
Am Wochenende leiteten Sie in souveräner Manier das Spiel Viktoria Köln gegen Halle. Sind Sie mit nunmehr zehn gepfiffenen Spielen in der 3. Liga angekommen?
Auf jeden Fall. Am Anfang musste ich erst einmal schauen, was sich alles in der neuen Spielklasse verändert, um mich an die neue Liga gewöhnen zu können. Vieles war anders, auch aufgrund der Corona-situation. Nach dem zehnten Spiel kann ich aber sagen: ich bin angekommen.
Bisher mussten Sie noch nicht einen Platzverweis aussprechen. Zufall oder gehen Sie allgemein mit einer großzügigen Linie ins Spiel?
Man freut sich natürlich, wenn man das Spiel ohne große Vorkommnisse leiten kann und sich im Hintergrund hält. Wenn nach einer Partie der Schiedsrichter nicht im Fokus steht, hat man vieles richtig gemacht. Prinzipiell gehe ich gerne mit einer großzügigen Linie ins Spiel, will viel laufen lassen. Das heißt aber nicht, dass ich nicht auch Feldverweise verteilen würde, sofern ich sie für unumgänglich halte. Aber diese sind viel öfter Einzelaktionen geschuldet als einer allgemein ruppigen Partie.
Ist die 3. Liga im Vergleich zur Regionalliga eine große Umstellung?
Von der Professionalität her ja. Das sind im Gegensatz zur Regionalliga alles Profimannschaften, die täglich mehrfach trainieren können. Zudem wird jedes Spiel live übertragen. Dementsprechend habe auch ich mehr Vorbereitungsmöglichkeiten auf Mannschaften, unter anderem in Form von Videoanalysen und kann mich so optimal auf die Spiele einstellen.
Kommt Ihnen das Fehlen von Zuschauern entgegen?
Eine schwierige Frage, weil ich die andere Perspektive mit vollen Stadien in Liga 3 beziehungsweise als Assistent in Liga 2 nicht kenne. Es ist zumindest kein wesentlicher Nachteil. Aber ganz ehrlich: auch uns Schiedsrichtern würde es mit Zuschauern mehr Spaß machen. Ich würde es gerne in der nächsten Zeit erleben, dass wieder viele Zuschauer im Stadion sind.
Auch die 3. Fußball-liga hat aufgrund der Corona-situation mit Spielausfällen zu kämpfen. Gibt es im Vorfeld der Partien spezielle Abläufe, die Sie berücksichtigen müssen?
Ein bis zwei Tage vor dem Spiel werden wir getestet, deshalb kommen die Spielansetzungen auch recht spät. Erst wenn die negativen Ergebnisse vorliegen, wird entschieden, dass man eingesetzt wird. Es ist mir auch schon passiert, dass ein Spiel kurzfristig ausgefallen ist. Aber es gibt derzeit keine Alternative, alle Akteure müssen froh sein, dass überhaupt Fußball gespielt werden kann – wenn auch nur in den höheren Ligen. Klar gibt es dabei einige Einschränkungen und Kompromisse, aber das muss man in Kauf nehmen.
Schwingt dennoch ein mulmiges Gefühl mit, da es keine hundertprozentige Sicherheit gibt?
Nein, definitiv gar nicht. Ich weiß, dass alle am Spiel beteiligten Personen getestet sind. Klar ist aber auch, dass es für keine Sache im Leben eine komplette Sicherheit gibt. Deshalb mache ich mir da keine größeren Gedanken oder habe Angst.
Wie sehr schadet die Zwangspause dem Schiedsrichterwesen?
Das ist derzeit noch schwer zu beurteilen. Man wird aber sicher feststellen, dass es durchaus Veränderungen geben wird. Einige Schiedsrichter werden durch die Zwangspause neben dem Fußball möglicherweise noch einen anderen Zeitvertreib finden, sich lieber dem widmen. Das wird sicherlich in Einzelfällen passieren. Dennoch glaube ich, dass ein Großteil der Unparteiischen wie auch viele Spieler wieder genauso aktiv sein werden, wenn es wieder möglich ist. Die Sehnsucht wächst immer mehr und viele können es kaum erwarten, wieder auf dem Platz zu stehen. Wir müssen bester Hoffnung sein, dass dies bald wieder möglich ist.
Hätten Sie eigentlich Lust, mal wieder ein schönes Ortsderby in der Kreisliga zu pfeifen?
Die Frage ist, ob ich das noch kann (lacht). Die Zweikämpfe und die Spielführung sind tatsächlich ganz anders, die Spieler erwarten eine andere Linie in der Zweikampfbewertung. Ich glaube, für so ein Spiel wäre ich gar nicht der optimale Leiter. Jede Liga hat ihre Eigenheiten, in der Kreisliga kennen sich Schiedsrichter und Spieler meist auch über mehrere Jahre. Das überlasse ich dann doch lieber unseren Schiedsrichtern, die das Woche für Woche machen. Überhaupt wäre es aber schön, wenn im Kreis wieder Spiele risikofrei stattfinden können.
Wäre eine Spielleitung kompliziert, weil Sie zu gut für die Liga sind?
Nein. Aber jede Liga hat seine eigenen Besonderheiten und auch die Spieler haben Erwartungen an einen Schiedsrichter. Desto höher man als Schiedsrichter agiert, umso mehr kann man meist auch laufen lassen, kann großzügiger agieren, ohne dass das Spiel unfair wird. Für mich wäre es eine enorme Umstellung, um auch den Erwartungen der Spieler gerecht werden zu können.
Werden Sie nach Ihrem erfolgreichen Debüt auch in der Saison 2021/22 Drittliga-spiele leiten?
Eine Einstufung erfolgt immer erst zum Saisonende. Ich denke aber, dass ich mich gut eingelebt habe. Ich bin grundsätzlich zufrieden mit meinen Leistungen. Von daher bin ich optimistisch, nächste Saison wieder dabei zu sein.