Thüringer Allgemeine (Eisenach)

So steigern Sie bei Kindern das Durchhalte­vermögen

Wenn der Nachwuchs schnell frustriert ist, sollten Eltern ihr eigenes Verhalten überprüfen und die Taktik ändern

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Neuruppin. Das Kind soll die Socke über den Fuß stülpen und rutscht am großen Zeh ab – sofort fliegt das Teil in die Ecke. Das gleiche Spiel, wenn es darum geht, eine Dose zu öffnen: Weil der Deckel nicht auf Anhieb ruckelt, springt das Kind zur nächsten Sache. Die Liste der Beispiele ist lang: Doch ob beim Anziehen, Basteln oder Schleifenb­inden – wenn Kinder schon bei simplen Tätigkeite­n abwinken und „Kann ich eh nicht“behaupten, sollten Eltern ihre Taktik ändern. Sie sollten das eigene Verhalten überdenken, statt sich zu ärgern, dass das Kind schnell aufgibt.

Denn: „Das könnte daran liegen, dass Eltern oft unbewusst gegen das Erlernen von Ausdauer arbeiten“, sagt die Erziehungs­expertin Nicola Schmidt. Statt immer nur das Ergebnis zu loben, sei es viel förderlich­er, den Weg und die Anstrengun­g dahinter anzuerkenn­en: Ein „Du hast es zwar nicht geschafft, aber drei Mal versucht. Weiter so!“löse gleich eine ganz andere Motivation aus, erklärt die Autorin der Bestseller „Erziehen ohne Schimpfen“und „Der Elternkomp­ass“.

Die Fixierung darauf, nur Erfolgreic­hes hoch anzurechne­n, befördere die Haltung „Wenn etwas nicht sofort klappt, dann kann ich es nicht“. „Das Kind sollte aber stattdesse­n die Erfahrung machen: Ich kann alles lernen, nur manchmal klappt es vielleicht nicht gleich auf Anhieb“, sagt Schmidt.

Die Buchautori­n rät, sich auch ruhig selbst mal zu hinterfrag­en: Was lebe ich meinen Kindern vor? Wenn zum Beispiel ein Kuchen nicht gelungen ist, mache es einen Unterschie­d zu sagen „Den mache ich nie wieder!“oder „Den versuche ich morgen noch einmal“. Weitere Beispiele für solche Fälle: „Bei den Matheaufga­ben helfen? Das kann ich sowieso nicht. Frag lieber Papa.“Es sei also sinnvoll, wenn Kinder schon von klein auf sehen, wie sich Eltern selbst an Aufgaben oder Projekten abmühen, erklärt Schmidt. „Denn Kinder tun nicht immer, was wir sagen, aber was wir tun.“

Auch die Konzentrat­ionsfähigk­eit der Kinder spielt eine Rolle: „Bei Fünfjährig­en sind fünf bis zehn Minuten zum Beispiel wirklich okay“, findet Ulric Ritzer-sachs. Er ist Sozialpäda­goge bei der Online-beratung der Bundeskonf­erenz für Erziehungs­beratung. Erwachsene sollten also nicht zu hohe Erwartunge­n haben. Was das Beibringen und Erlernen der Fähigkeit angeht, sich voll auf eine Sache zu konzentrie­ren, rät Ritzer-sachs Eltern zur Zurückhalt­ung. „Andere können das oft besser vermitteln, weil sie nicht so nah am Kind dran sind. Ich würde da eher auf Schule und Kindergart­en setzen.“

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