Thüringer Allgemeine (Eisenach)
Dachdeckerschule steht nicht vor dem Aus
Bericht führt zu Irritationen. Lehestener Geschäftsführung übt Kritik an fehlender Unterstützung
Lehesten. „Die Dachdeckerschule Lehesten wird nicht pleitegehen“, stellt Danny Schröder klar. Er ist Geschäftsführer des Gemeinnützigen Berufsförderungswerks des thüringischen Dachdeckerhandwerks, welches Träger der Einrichtung ist. Seit einem Bericht des MDR von Anfang Juni über die Schule und ihre finanzielle Situation betreiben er und Schulleiter Hans-dieter Rittmeier Aufklärungsarbeit.
Hintergrund ist, dass die wirtschaftliche Lage zu dramatisch dargestellt worden sei. „Wir haben in den vergangenen Jahren gut gewirtschaftet und Rücklagen gebildet“, sagt Danny Schröder. „Die Schule gibt es seit 110 Jahren, da werden wir auch noch Corona überstehen.“
Stein des Anstoßes ist, dass die Dachdeckerschule ihre Coronatests für Auszubildende und Mitarbeiter selbst bezahlen muss. Sie sind je nach Inzidenzlage verpflichtend oder freiwillig, aktuell Letzteres. „Staatliche Schulen bekommen die Kosten ersetzt, wir aber fallen durch alle Raster“, ärgert sich Danny Schröder. Die Schule hat keinen Anspruch auf Mittel vom Land.
Solidarität von Handwerk und Industrie
Etwa 3000 bis 5000 Euro Mehrkosten habe man monatlich wegen Corona, etwa durch häufigere Reinigungen, höhere Personalaufwendungen und besagte Schnelltests. Überdies können die Internatszimmer bis zum 30. Juni nur zur Hälfte belegt werden und müssen mehrmals wöchentlich desinfiziert werden. „Die Tests sind ein wesentlicher Teil dieser zusätzlichen Belastung“,
sagt Schröder. „Auch wenn keine Testpflicht mehr besteht, müssen wir sie für unsere Auszubildenden vorhalten, falls sie sich selbst testen wollen“, ergänzt Hans-dieter Rittmeier. Gleichwohl machten die Schüler kaum Gebrauch davon. Entsprechend ordern sie nur geringe Mengen, rund 500 Sets für zwei Monate.
Dennoch sei die Lage nicht existenzbedrohend. „Sollte Corona sich jetzt über mehrere Jahre hinziehen und wir so lange keinerlei
Unterstützung erhalten, würde es wirklich eng“, räumt Danny Schröder ein. „Davon sind wir aber noch weit entfernt.“Dennoch hätten schon Ausbildungsbetriebe nachgefragt, ob sie überhaupt noch ihre Lehrlinge nach Lehesten schicken könnten. „Dann sagen wir: Es gibt uns noch! Wir haben sogar schon Spendenangebote von Handwerksund Industriebetrieben erhalten“, sagt Hans-dieter Rittmeier. Die große Solidarität in der Branche freut die beiden.
„Niemand fühlt sich für uns zuständig“, sagt Danny Schröder. Trotz mehrfacher Kontaktaufnahme habe ihnen in Erfurt niemand helfen können. „Dabei wäre eine gewisse Würdigung schon angemessen. Wir nehmen immerhin auch einen hoheitlichen Bildungsauftrag war“. Nun hoffen Schröder und Rittmeier auf Geld aus der Überbrückungshilfe 3, wofür die Thüringer Aufbaubank zuständig ist.
Ein erster Anlauf wurde abgelehnt, weil die Dachdeckerschule nicht wie andere Betriebe ihre Monatseinnahmen klar gegenüberstellen konnte, da Lehrgänge und Praxisphasen zeitversetzt bezahlt werden. „Durch einen besonders starken Überhang hatten wir 2020 sogar mehr Umsatz als 2019“, sagt der Geschäftsführer. Nun will er den Umsatzverlust mittels monatlicher Teilnehmerlisten genau aufschlüsseln – „eine Fleißaufgabe“, so Danny Schröder. Immerhin, „die Antragsfrist wurde von 30. Juni bis Oktober verlängert. Sonst hätten wir es wohl nicht mehr geschafft“.
Hoffen „auf einen feinen Zug“der Landesregierung
Die Ausbildungszentren der Handwerkskammern in der Region sind in einem ähnlichen Dilemma: Diese sind keine klassischen, staatlichen Schulen mit Schulnummer beim Kultusministerium, dennoch Bildungsstätten mit hoheitlichem Bildungsauftrag.
André Kühne ist Pressesprecher der Handwerkskammer Ostthüringen und bestätigt das. „Uns geht es genauso“, sagt er, vor allem mit Blick auf die Coronatest-frage. „Wir sind gerade dabei, Möglichkeiten und Wege finanzieller Unterstützung zu finden, Fördertöpfe anzuzapfen“, so Kühne. „Es muss nicht einmal die volle Erstattung sei. Wir sehen das nicht Spitz auf Knopf. Aber eine gewisse Unterstützung wäre einfach ein feiner Zug“, sagt er.
Aber es leide kein Standort im Kammergebiet unter finanzieller Schieflage, geschweige denn sei bedroht. „Wir haben keine Not und kriegen die Zeit schon überbrückt“, sagt André Kühne. Mit Leidensgenossen wie der Dachdeckerschule stehe man in regem Kontakt.