Thüringer Allgemeine (Eisenach)
Reportertage aus 60 Jahren
Ulrich Kneise präsentiert umfangreiche Werkschau des Ddr-bildjournalisten Leske
Eisenach. Was fasziniert Ulrich Kneise an guter Fotografie? „Wahrhaftigkeit ist beständiger als Zeitgeist, der mit stilistischer Attitüde daherkommt“, sagt der Eisenacher. Davon habe den 60-Jährigen auch Fotograf Peter Leske, der auf dem Gebiet der Bildreportage zu den Spitzenfotografen der DDR gehört hat, ein weiteres Mal überzeugt.
Kneise steckt gerade in den letzten Zügen seiner Leske-werkschau, die am 2. Dezember in der Gedenkund Bildungsstätte Andreasstraße in Erfurt eröffnet wird. Seit einigen Jahren arbeitet der Eisenacher Fotograf an diesem Projekt, das in Kooperation mit dem Thüringer Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der Sed-diktatur entstanden ist und gefördert wurde von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der Sed-diktatur und der Sparkassen-kulturstiftung Hessen-thüringen.
Peter Leske, geboren 1937 in Ostpreußen, wird persönlich zur Eröffnung der Ausstellung kommen. Er gehörte mit zu den ersten Künstlern, die Anfang der 90er-jahre in der Eisenacher Fotogalerie von Ulrich Kneise ausgestellt haben. Kennengelernt hatten sie sich in dieser Zeit. Der Eisenacher selbst hatte zu Beginn der 80er Jahre als Autodidakt begonnen, für Berliner Magazine und Illustrierte zu arbeiten. Leske gehörte damals zu den Spitzenfotografen in der DDR, war gut befreundet mit Günter Bersch, der nicht nur mal Eisenacher Stadtgast war, sondern dem Ulrich Kneise zuletzt eine besondere Ausstellung gewidmet hatte, die 2019 im Stadtschloss zu sehen war. Nun Peter Leske. „Es brauchte Zeit, hinter dem damals bekannten Fotografen, den Menschen und sensiblen Künstler zu entdecken“, sagt Kneise über die Anfänge dieser Freundschaft.
Peter Leske dokumentierte das Leben in der DDR, und das mit hohem künstlerischen Anspruch. Für den Künstlerkollegen in Eisenach ist das, was der einstige Spitzenfotograf der DDR hinterlässt, internationale Fotokunst. Als Bildjournalist
hat er ein umfangreiches Archiv hinterlassen – etwa 120.000 Negative und mehr als 3000 Abzüge, die Ulrich Kneise gesichtet, digitalisiert und denen er in einer Auswahl in echten Abzügen in der neuen Ausstellung eine neue Öffentlichkeit gibt. Für den Eisenacher war die Aufarbeitung sehr wichtig, weil man die fotografische Arbeit und die hohe Qualität der Fotografien zu gern in der Vergangenheit mit der Staatsnähe der DDR stigmatisiert und zu gering geschätzt hat. Leske selbst habe zu seinen Fotografien ein eher ambivalentes Verhältnis gehabt, schildert der 60-Jährige, vor allem zu den Aufnahmen, die in seiner Reporterzeit in der Ära der sozialistischen DDR entstanden sind.
Ulrich Kneise will mit dieser Ausstellung zudem deutlich machen, sich in ideologischen Fragen nicht so zu entzweien. „Es sind gesellschaftliche Prozesse, die sich wiederholen“, sagt der Fotograf mit Blick auf das, was wir aktuell in der Gegenwart erleben.
Geordnet hat der Eisenacher für die Ausstellung Leskes charakteristischste Bilder in verschiedene Kategorien – Frauen, freie Arbeiten, politisches Protokoll, aber auch neue künstlerische Werke. Darunter Malerei, der sich der Fotograf später gewidmet hat. Peter Leske habe in seiner Arbeit Zugang zu den verschiedensten Bereichen der Gesellschaft gehabt, ergänzt Kneise. Viele der Werke präsentierten sich als zeitlose Werke und zugleich als historische Dokumente. „Als Fotograf war ihm die Wirklichkeit näher, als Journalist war er der DDR verpflichtet und unterwarf sich freiwilliger Selbstkontrolle.“
Neben der Werkschau in der Erfurter Gedenkstätte erscheint ein Bildband mit thematischen Autorentexten, auch von Ulrich Kneise selbst. Die Stiftung Ettersberg möchte wie auch Kneise eine differenzierte Betrachtung von Peter Leske.
„Reportertage“wird am 2. Dezember um 18 Uhr eröffnet. Es gilt 2Gplus, gebeten wird um Anmeldung. Die Werkschau ist zu sehen bis zum 7. April 2022.