Thüringer Allgemeine (Eisenach)
Rückblick auf die Medizin im Werratal
Museum in Gerstungen stellt in einer Sonderausstellung Ärzte, Hebammen und Apotheker in den Mittelpunkt
Gerstungen. Die „Medizin im Werratal“steht im Fokus der diesjährigen Sonderausstellung im Werratalmuseum Gerstungen. Wurden bislang nur wenige Exponate in einer kleinen Kammer des Gerstunger Schlosses gezeigt, stehen jetzt diesem umfassenden Thema zwei lichtdurchflutete Ausstellungsräume zur Verfügung. Welche Ärzte gab es einst im heutigen Gemeindegebiet mit seinen Ortsteilen? Wie gestaltete sich die Arbeit von Landärzten, Apothekern, Hebammen und Zahnärzten? Neben Texten zu den einzelnen Themen und historischen Fotos können gut erhaltene medizinische Utensilien bestaunt werden.
Alle Hebammen seit 1833 mit Namen oder gar Foto
„Wir informieren über den Aufbau der medizinischen Versorgung in der Region und gehen dabei bis ins 18./19. Jahrhundert zurück“, schildert Museumsleiterin Katharina Dötterl. Neben Recherchen im Weimarer Staatsarchiv trugen auch die beiden Ortschronisten Gerhard Wolf (Gerstungen) und Walter Hohmann (Berka/werra) mit ihren Arbeiten zum Gelingen der Ausstellung bei. So ermittelte Wolf mit seiner Ahnenforschung alle Namen der Hebammen im Gemeindegebiet – beginnend mit Anna Barbara Schreiber, die circa 1833 bis 1843 in
Marksuhl tätig war. Ein Foto zeigt die Lauchröder Hebamme Barbara Stopfel bei ihrer Arbeit, kurz nach einer Geburt. „So bekommt Geschichte ein Gesicht“, findet Mathias
Richter, der als Hauptamtsleiter der Gemeinde Gerstungen auch für das Museum verantwortlich ist.
Auch das Gemeindeschwesternsystem – es wird ja viel über die Wiedereinführung
Der Blutdruck wurde früher noch analog gemessen.
Ein Elektrisiergerät gehörte schon zu den Therapiemöglichkeiten.
diskutiert – wird in der Ausstellung beleuchtet. Bereits 1894 gab es in Gerstungen eine Gemeindeschwesternstation. 1896 folgte eine in Marksuhl, 1925 eine
in Oberellen. „Das System hatte sich bewährt“, findet Katharina Dötterl. „In der Ausstellung berichten wir von Schwester Heidi aus Oberellen. Sie hat die Kinder von der ersten Impfung an begleitet und umsorgt.“Verwiesen wird auch auf ein Buch, das Schwester Elisabeth Diener – sie arbeitete von 1928 bis in die 50er-jahre als Gemeindeschwester in Eckardtshausen – geschrieben seinerzeit hat. „Darin schildert sie, wie sie im Winter durch den tiefen Schnee zu ihren Patienten stampfen musste oder wie sie in Radfahren lernte, um schneller bei den Leuten zu sein“, so die Museumsleiterin. Das Buch kann heute noch in den Bibliotheken Marksuhl und Gerstungen ausgeliehen werden.
Früher war aber keineswegs alles besser. Immerhin gab es 1922 nachweislich schon zwei Dentisten in Gerstungen – heute sind immerhin sechs Zahnärzte im Gemeindegebiet tätig.
Die Schau ist bis zum 31. Oktober für Besucher geöffnet. Am 21. Mai, dem Internationalen Museumstag ist das Werratal-museum von 10 bis 17 Uhr bei freiem Eintritt geöffnet.
Traditionell wird das Museum als Bildungsort gern von Schulklassen und Kindergärten besucht, es gibt Kooperationsverträge. Ein neues Modell der Zusammenarbeit ist das „Museum im Koffer“. Gerade wurde der Bedarf an den Schulen abgefragt, bericht Mathias Richter. „Wir packen dann wirklich Kopien von unseren Exponaten in einen Koffer und gehen damit in die Schulen“, verrät die Museumsleiterin. Als erstes Thema ist die Steinzeit geplant.