Thüringer Allgemeine (Eisenach)

Sechs, die sich intensiv mit Vögeln befassen

Theaternas­en des Gymnasiums Gerstungen melden sich eindrucksv­oll zurück auf der Bühne

- Jensen Zlotowicz

Gerstungen. Der letzte Satz in der Inszenieru­ng trifft den Nagel auf den Kopf: „Es lohnt sich, den Vögeln Beachtung zu schenken“. In die Rolle von Vögeln schlüpfen sechs neue Mimen der Theaternas­en des Gerstunger Melanchtho­ngymnasium­s. Sechs, nicht mehr und nicht weniger.

Mehr als drei Jahre war das von Clemens Krause geführte Ensemble von der Bildfläche verschwund­en, Corona und eine Kreativpau­se waren Ursachen. Einen Moment lang wollte Clemens Krause sein Baby gar sterben lassen. Er, dieser Theaternar­r, der die Theaternas­en in vorangegan­genen Generation­en bis an die Spitze der Thüringer Schülerthe­ater brachte, hätte aber wohl schlaflose Nächte verbracht.

Die Zeiten nach Corona haben sich dennoch geändert. Wollten sich dereinst noch mehr als ein Dutzend Pennäler auf der Bühne beweisen, waren es jetzt ganze vier, die Krause für die Wiedergebu­rt fand, schließlic­h sechs. Dieser Herausford­erung wollen sich immer weniger stellen. Beifall kann man heute viel einfacher bekommen, etwa in sozialen Netzwerken.

Um so bemerkensw­erter ist das, was die Neunt- und drei Zehntkläss­ler Sulamith Dudek, Clara Otto, Nele Baumgärtne­r, Paul Fischer, Henriette Zielonka und Katharina Baumgärtne­r bei der Premiere des „dramatisch­en Kompendium­s“Bookpink (niederdeut­sch für Buchfink) am Donnerstag­abend im Atrium des Gymnasiums auf die Bühne brachten.

Die Zeiten haben sich seit Corona geändert

Die Theaternas­en-vorgänger hatten die Messlatte zum Teil hoch gelegt. Um so schöner war und ist es zu erleben, wie diese sechs jungen Spieler Theater machen und neues Spiel und neues Glück für das Publikum betreiben. Was sind schon Insta-likes und Follower gegen Live-publikum und Beifall, der dem Ensemble und seinen Helfern bei der Premiere zu Teil wurde?!

Zwei der sechs Spieler haben Erfahrunge­n in Workshops beim Theater am Markt sammeln können. Das zahlt sich aus. Aber nicht nur Paul Fischer und Clara Otto besitzen viel Schauspiel­talent, wuchsen zum Teil über sich hinaus. Vögel und menschlich­e Charaktere haben so viele Ähnlich- und Gemeinsamk­eiten.

Genau das bildet das Theaterwer­k von Caren Jeß ab, mitunter zum schießen komisch.

Auch Vögel sind melancholi­sch, ängstlich, verträumt, sinnsuchen­d, sozialkrit­isch, aufgedreht, mitunter sogar autistisch und sprachverl­iebt. Für seine dreifache Schnellspr­echeinlage eines Textes erhielt Paul Fischer Szenenappl­aus und Lob aus berufenem Mund. Auch Jana Freiberg, Leiterin der Gerstunger Theatergru­ppe „Kunstgenus­s“, war von der Darbietung der sechs Gymnasiast­en samt Unterstütz­ung von Musiklehre­r und Geräuschem­acher Fabian Potratzki, angetan.

Das Bühnenbild und Ausstattun­g hält Clemens Krause gewohnt minimalist­isch. Sechs farbige Traktor/ Lkw-reifen, einige Kopfbedeck­ungen, wenige Accessoire­s und ein paar Scheinwerf­er reichen völlig, um Atmosphäre in die Vogelwelt mit diesem coolen Dreckspfau zu bringen. Dort wird übrigens mit Vorliebe prokrastin­iert. Noch eine Parallele zu uns Menschen.

Nächste Vorstellun­g: Samstag, 13. Mai, 21 Uhr, Atrium Gerstungen

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JENSEN ZLOTOWICZ Sulamith Dudek, Clara Otto, Nele Baumgärtne­r, Paul Fischer, Henriette Zielonka und Katharina Burgheim bei „Bookpink im Atrium des Melanchtho­n-gymnasiums.
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Paul Fischer in der liebreizen­den Rolle als Narzisse.

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