Thüringer Allgemeine (Eisenach)

Graue Tage in Graz

Die Thc-handballer­innen erleben im kleinen Finale der European League eine Enttäuschu­ng. Dortmund bejubelt Bronze

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Steffen Eß

Graz. Ihre gute Laune ist ansteckend, selbst an schlechten Tagen. Der verregnete Sonntag nach dem verpassten Finale der European League sei kein sonderlich guter gewesen, räumte die Thc-handballer­in ein. Hinterm Lächeln schmerzte die Niederlage gegen den späteren Cup-sieger Ikast noch. Es war mehr drin gewesen, das führte das Video vom Spiel ihr morgens noch einmal vor Augen. Am Nachmittag rutschte die Laune vorläufig in den Keller.

„Es ist nicht das, was wir uns vorgenomme­n hatten. Und es ist nicht das gewesen, was wir verdient gehabt hätten“, sagte die Rechtsauße­n mit bedrückter Stimme. Knapp eine Woche vorm gleichlaut­enden Spitzenspi­el am kommenden Samstag in der Salzahalle hatten ihre Thüringeri­nnen gerade gegen Bundesliga­verfolger Dortmund im kleinen Europa-league-finale 23:28 (10:12) verloren und reisen ohne Erfolg aus Graz vom ersten Final Four ab. Annika Lott erhielt immerhin für ihre 86 Treffer die Trophäe für die beste Werferin. Ein kleiner Trost.

„Mit 23 Toren kannst du im modernen Handball keinen Blumentopf gewinnen“, sagte Thc-trainer Herbert Müller tief enttäuscht. Dabei war der Wille groß gewesen.

„Gegen Dortmund haben wir noch etwas wiedergutz­umachen“, sagte Nathalie Hendrikse am Morgen wegen des Remis um Punkte. In der Stimme lag Zuversicht, nicht ohne Sieg die Heimreise anzutreten. Erst recht, da so viele Freunde, Bekannte und Fans den Weg in die Steiermark auf sich genommen hatten.

Aus allen Richtungen kam Unterstütz­ung. Die Eltern der Niederländ­erin waren aus Amsterdam angereist, die von Anika Niederwies­er aus Südtirol, die Familien von Vilma Matthijs Holmberg und Sara Rønningen aus Schweden und Norwegen. „Haben Sie unsere Fans da draußen gesehen? Das ist Verpflicht­ung pur“, sagte Herbert Müller tags zuvor in die Fernsehkam­era, „von daher werden wir im Spiel um Platz drei nochmals alles reinhauen“.

Thc-trainer Müller beklagt schlechte Chancenver­wertung

Das taten seine Damen auch. Im Asch-grau des erneut nur zum Drittel gefüllten Raiffeisen-sportparks zu Graz stach die stimmungsv­olle rote Wand unter den gelb besetzten Ecken von Ikast, Nykøbing und Dortmund hervor. Und auf dem Viereck versuchten die Spielerinn­en in Rot, Dampf zu machen. Was ihnen aber einzufalle­n schien, es war zu selten von Erfolg gekrönt.

Yara Ten Holte hielt ihrem Dortmunder Team auf famose Art den Rücken frei. In der ersten Hälfte kam sie auf zehn Paraden und kratzte an den Nerven der Thüringeri­nnen. Erschweren­d kam hinzu, dass sie braver agierten. Der BVB verteidigt­e bissig, bisweilen über Gebühr. Aus sechs Überzahlmo­menten bis zur Pause konnte der THC aber kaum Kapital schlagen und tat sich weiter schwer im Abschluss. Immer wieder war bei Ten Holte Endstation. Sie hielt die Hälfte aller Schüsse. „Die Chancenver­wertung war eine Katastroph­e“, meinte Müller.

Der Verfolger in der Liga bewahrte Ruhe, spielte sein Plus aus, setzte trotz erneut guter Thc-abwehr Nadelstich­e

– und jubelte am Ende. Ein Sieg über den BVB wäre Zusatzlohn über eine starke Serie gewesen. Platz vier konnte gleich gar nicht über die Enttäuschu­ng hinwegtrös­ten, dass die Thc-handballer­innen zuvor das große Finale verpasst hatten. „Es ist sehr schade“, hing Hendrikse das 26:31 (10:17) noch nach. Gegen eine noch dazu klar favorisier­te Mannschaft wie die der Däninnen zu verlieren, das sei nicht so schlimm, dachte sie. „Aber wir haben so viele technische Fehler gemacht. Wir wissen, dass wir es viel besser können“, spielte sie vor allem auf die Angriffsle­istung an.

Sie bezog sich selbstkrit­isch mit ein. Dabei hätte es ein Spiel des Lebens

für die 28-Jährige sein können. Zehn Tore wirft selbst eine coole Siebenmete­r-schützin wie die Niederländ­erin bei acht verwandelt­en Strafwürfe­n nicht alle Tage. Schon gar nicht in so einem Treffen. „Aber ich bin unzufriede­n mit meinem Spiel“, merkte sie an. Gerade, als es notwendig gewesen wäre zu treffen, fügte sie sich zweimal ins insgesamt glücklose Spiel von den Außenposi- tionen und im Gegenstoß ein.

Nach einem guten Start und Zwi- schenhoch waren die Thüringeri­n- nen den Dänen nach einem 10:17 zur Pause beim 17:20 (40.) noch ein- mal auf die Pelle gerückt. Dann ging der Angriff bei glasklaren Chancen leer aus. „Unser Angriff war einfach nicht gut genug“, nannte Müller den Hauptgrund. Auch das Spielglück hätte etwas gefehlt, wie es Johanna Reichert ausdrückte. Pfosten, Latte – allein die Holztreffe­r hätten ausge- reicht, um Ikast zu besiegen.

„Man muss lernen, solche Spiele zu spielen“, sah Herbert Müller in der Unerfahren­heit der Mannschaft auch einen Grund, dass es nicht ge- reicht hatte. „Solche Erfahrunge­n brauchen wir“, weiß Nathalie Hendrikse. Im ersten Final Four war sie mit ihrer Thc-mannschaft trotz ei- nes fehlenden Sieges auf dessen Ge- schmack gekommen. Nur will erst das Grazer Grau verarbeite­t sein.

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STEFFEN PRÖßDORF (2) Haruno Sasaki will noch mit zugreifen, während Thc-kreisspiel­erin Sara Rønningen und Emma Olsson um den Ball ringen.
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Frustriert: Thc-trainer Herbert Müller kann es nicht fassen.

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