Thüringer Allgemeine (Eisenach)
Zwischen Schmerz und Glücksgefühlen
50. Rennsteiglauf: Wie die einheimischen Starter auf den 73,9 Kilometern abschneiden und was sie dabei erleben
Mike El Antaki
Eisenach. Gerade etwa 500 Meter vom insgesamt 73,9 Kilometer langen Kanten waren absolviert, da legte ein Teil des Feldes schon das erste Päuschen ein. Manch einer bestaunte erst einmal in Ruhe das von Holger Sakuth mit seinen alten Rennsteiglauf-startnummern geschmückte Haus in der Wartburgallee 5 - 7, andere stoppten kurz dahinter in der legendären Fankurve, an der Einbiegung zur Dr.-moritzmitzenheim-straße.
Zig Selfies wurden gemacht. Beliebtes Fotomotiv ist das Ortsausgangsschild. Hier werden die Läufer schon seit Jahren mit Pauken und Trompeten von Verwandten und Freunden verabschiedet. Zudem sorgte diesmal die Sambatrommelgruppe Sin-nombre für zusätzliche Partystimmung. Davon bekamen die Topläufer wohl nur etwas im „Vorbeifliegen“mit.
Gleich nach dem Start hatten Profiläufer Janosch Kowalczyk und der aus Jena stammende Steffen Justus aufs Tempo gedrückt. Bereits 70 Minuten später erreichte das Duo gemeinsam die Ruhlaer Glasbachkreuzung – also Kilometer 17,9. Am Ende krönte sich Kowalczyk in Fabelzeit von 5:05:11 Stunden zum neuen Rennsteiglaufkönig, was einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 14,49 km/h (!) entspricht.
Mit Transparant und blauen Luftballons ein Hingucker
Auch Petrus zeigte sich bei der 50. Auflage als Freund des Kultlaufes. Punkt 6 Uhr hatten sich 2185 Teilnehmer bei idealem Wetter vom Eisenacher Marktplatz in Bewegung gesetzt. Darunter so viele Ausdauersportler aus Eisenach und Umgebung wie noch nie zuvor. Unter dem Motto „50 Läufer und Läuferinnen aus der Wartburgregion beim 50. Rennsteiglauf-supermarathon“hatte Sakuth die Lokalmatadoren zusammengeführt. Mit ihrem Transparant, das sie bis in die Fankurve brachten, und den blauen Luftballons waren sie ein Hingucker. Mehr als zehn Ballons erreichten sogar den Zielort. Beispielsweise durch den Creuzburger Tobias Fischer, der mit seinem luftigen Begleiter in 6:49:37 h ein klasse Rennen bot. Er kam auf Platz 87 der Gesamtwertung und Rang zwölf der AK 30. Da zog so mancher Lauffreund den Hut, denn Fischer läuft erst seit drei Jahren regelmäßig.
Bei den Frauen ragte aus einheimischer Sicht die Leistung von Lydia Doerfert heraus. Die Wuthafarnrodaerin
blieb um 12 Sekunden unter der 7-Stunden-marke, was zu Gesamtrang vier und Silber in der W40 reichte. Unter acht Stunden schaffte die kräftezehrende Distanz Melanie Eccarius (TSG Ruhla/7:57:29), die Platz vier in der Frauen-hauptklasse belegte.
Schnellster Mann aus der Wartburgregion war wie im Vorjahr Johannes Fritsch. Der Bischofrodaer und Wahl-jenaer kam zwar nicht ganz an seine Bestzeit (6:08:43) heran, lief in 6:20:30 aber als 29. wieder in die Top-30. Dicht hinter ihm kam Pieter Höhne (Eisenach/wsv Oberhof) nach 6:21:35 als starker Gesamt-32. an. Dennoch wird er sein Debüt in zwiespältiger Erinnerung behalten. „Abgesehen von einigen Krämpfen im Oberschenkel bin ich gut durchgekommen. Die vielen Wanderer und Zuschauer haben mich mächtig gepusht. Nur den Zieleinlauf konnte ich leider nicht genießen“, schilderte Höhne. Er sei über eine verrutscht liegende Matte gestolpert und richtig böse gestürzt.
So brachte er neben der Finishermedaille auch ein aufgeschlagenes Knie und Schürfwunden mit nach Hause. Nichtsdestotrotz habe er Blut geleckt und werde bestimmt nächstes Jahr wieder dabei sein. Denn der Schmerz vergeht, der Stolz bleibt.
Nur Geburten der Kinder und die Hochzeit waren noch emotionaler Qual und Freude liegen auf dem Rennsteig eng zusammen. Das erlebte am Samstag auch Manuel Scheler, der ab Kilometer 43 mächtig auf die Zähne beißen musste. Als er mit Sohnemann an der Hand die letzten Meter absolvierte, wurde er entschädigt. „Es ist ein unglaubliches Gefühl, dort ins Ziel zu laufen. Eigentlich gab es für mich bisher nur drei noch emotionalere Momente
– die Geburten meiner beiden Kinder und die Hochzeit“, sagte Scheler, der in 8:06:04 h noch im vorderen Drittel landete.
Insgesamt kamen 1641 Männer und 392 Frauen im Zeitlimit über die Ziellinie. Kurz vor 18 Uhr hatte es auch Holger Sakuth mit Maßarbeit geschafft. „Ich habe für 12 Stunden bezahlt, da nutze ich es auch aus“, witzelte er bei seinem 42. Start. Er nahm sich unterwegs viel Zeit für Erinnerungsfotos – so mit dem Sieger von 1976 – und um seine Freunde per Whatsapp buchstäblich auf dem Laufenden zu halten.
Der Eisenacher Volleyballer Mario Schlöffel wurde indes von Schwindel und Übelkeit geplagt, weshalb er bei seiner zweiten Teilnahme bei Kilometer 53 die Tortur stoppte. „Die Gesundheit geht vor“, so Schlöffel. Mut zum Aufgeben ist wichtig und gut. Schließlich kann er es nächstes Jahr erneut versuchen.
Tobias Fischer trägt seinen Luftballon bis ins Ziel.
Lydia Doerfert wird starke Gesamtvierte.