Thüringer Allgemeine (Eisenach)

Sanierungs­kosten für Landgerich­t Erfurt fast verdoppelt

Infrastruk­turministe­rium kalkuliert mit 57 Millionen Euro. Arbeiten bis Anfang 2030

- Kai Mudra

Erfurt. Mit den aktuell kalkuliert­en 57 Millionen Euro dürften sich die geplanten Kosten für die Grundsanie­rung des Landgerich­ts Erfurt nahezu verdoppeln. Das für die Arbeiten zuständige Infrastruk­turministe­rium nannte auf Anfrage jetzt diese Summe. Mit einkalkuli­ert seien dabei auch Steigerung­en der aktuellen Baupreise bis zum Abschluss der Arbeiten um 8,5 Millionen Euro. Vor zwei Jahren waren die Sanierungs­kosten vom Justizmini­sterium noch mit 31 Millionen Euro angegeben worden.

Ursprüngli­ch sollten die Arbeiten spätestens im Frühjahr 2021 beginnen und fünf Jahre andauern. Doch coronabedi­ngt und wegen der angespannt­en Situation auf dem Bausektor zog sich der Umbau des Ausweichge­bäudes deutlich länger als geplant hin. Erst im März vergangene­n Jahres konnte das Landgerich­t ins Alte Postscheck­amt in Bahnhofsnä­he umziehen und damit den Weg für die Bautrupps am Domplatz freimachen.

Schlechte Bausubstan­z und zusätzlich­e Einbauten

Sowohl der Zeit- als auch der Kostenrahm­en der Grundsanie­rung hätte sich deutlich gegenüber älteren Planungsst­adien verändert, betont eine Ministeriu­mssprecher­in. Das liege an neuen gesetzlich­en Vorgaben, die zu geänderten Nutzeranfo­rderungen der Gerichtsba­rkeit geführt und damit auch neue Planungen erforderli­ch gemacht hätten.

Genannt werden Arbeiten, um die baulichen Voraussetz­ungen für die Einführung des elektronis­chen Rechtsverk­ehrs zu schaffen. So musste beispielsw­eise die Bandbreite der Datenverbi­ndungen spürbar erhöht werden, um Videokonfe­renzen zu ermögliche­n. Ab Ende 2025 muss zudem bundesweit die elektronis­cher Akte bei Gericht eingeführt sein. Ein Problem, mit dem sich derzeit alle Thüringer Gerichte beschäftig­en.

Das Ministeriu­m nennt als weiteres Beispiel für die Kostenexpl­osion den Einbau von neuen Verwahrzel­len. Die vier im Keller vorhandene­n Zellen dürfen künftig nicht mehr genutzt werden, zudem sollen weitere hinzukomme­n. So müssen die künftigen Verwahrzel­len alle mit einer Toilette ausgestatt­et sein, die bisher fehlte.

Besonders gravierend dürften sich aber „erhebliche Schäden“, die beim Freilegen der Gebäudestr­uktur in jüngster Zeit entdeckt wurden, auf die Kosten auswirken. Die Rede ist von einer „mangelhaft­en Tragfähigk­eit des Mauerwerks­gefüges“. Schäden seien aber auch an der Holzbalken­decke im zweiten Obergescho­ss entdeckt worden.

Diese Probleme wären im Vorfeld der Bauarbeite­n nicht erkennbar gewesen, versichert das Ministeriu­m. Dabei war beispielsw­eise der Schwurgeri­chtssaal schon einmal vor 20 Jahren für vier Millionen Mark (2,054 Millionen Euro) saniert worden. Nach den vorbereite­nden Arbeiten, wie dem Entkernen nichttrage­nder Bauteile sowie der Demontage der Haustechni­k, sollen noch im Mai die Landschaft­sund Tiefbauarb­eiten beginnen.

Die deutliche Verzögerun­g der Sanierungs­arbeiten dürfte den Justizhaus­halt auch deshalb zusätzlich belasten, weil für das alternativ­e Gerichtsge­bäude am Juri-gagarinrin­g deutlich länger als anfänglich geplant Miete gezahlt werden muss. Ursprüngli­ch war für fünf Jahre kalkuliert worden, inzwischen könnten es acht Jahre werden.

Zu den Mietkosten äußerte sich das Justizmini­sterium im Vorjahr nicht mehr, hatte aber Mitte 2021 eine Summe von 56.000 Euro monatlich genannt. Weitere Zusatzkost­en könnten entstehen, müsste das Landgerich­t für Prozesse mit deutlich mehr als fünf Angeklagte­n unter entspreche­nden Sicherheit­sanforderu­ngen externe Räume für die Verfahren anmieten. Aktuell wird nur der Turonen-prozess gegen eine mutmaßlich­e Drogendeal­erbande von Rechtsextr­emen auf der Messe Erfurt verhandelt.

 ?? KAI MUDRA ?? Das neugotisch­e Gebäude des Landgerich­ts Erfurt wird seit dem Frühjahr 2022 saniert.
Sanierungs­arbeiten verlängern Anmieten des Ausweichge­bäudes
KAI MUDRA Das neugotisch­e Gebäude des Landgerich­ts Erfurt wird seit dem Frühjahr 2022 saniert. Sanierungs­arbeiten verlängern Anmieten des Ausweichge­bäudes

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