Thüringer Allgemeine (Eisenach)
Corona-aufholprogramm floppt
CDU kritisiert Land für falsche Schwerpunktsetzung und umständliche Mittelbeantragung
Sibylle Göbel
Erfurt. An frühzeitigen Warnungen, dass die Beantragung der Mittel zu kompliziert ist, hatte es nicht gefehlt. Trotzdem ist das Kind nun in den Brunnen gefallen: Von 53 Millionen Euro, die Bund und Land zu gleichen Teilen für das Corona-aufholprogramm an Schulen bereitgestellt haben, bleiben wohl viele Millionen liegen. Das Bildungsministerium hat auf Anfrage mitgeteilt, dass voraussichtlich nur 13,22 Millionen Euro davon abgerufen werden.
Dabei haben viele Schüler die Lernrückstände noch längst nicht überwinden können, wie auch die Bildungsgewerkschaft GEW bestätigt. „Das Programm ist völlig gegen die Wand gefahren worden“, kritisiert Christian Tischner, bildungspolitischer Sprecher der Cdulandtagsfraktion. Anstatt den Schulen unbürokratisch Geld zur Verfügung zu stellen, um zum Beispiel mit pensionierten Lehrern oder Studenten Förderunterricht anbieten zu können, der Lernlücken schließen hilft, habe die Landesregierung einen völlig falschen Schwerpunkt gesetzt. Es sei zwar auch richtig gewesen, unter anderem Klassenfahrten und Exkursionen zu ermöglichen oder ausgefallenen Schwimmunterricht nachzuholen. Tischner zufolge hätte der Schwerpunkt aber bei der Wissensstuft vermittlung liegen müssen. Doch selbst dann, als deutlich wurde, dass die Schulen mit der Organisation von Zusatzangeboten überfordert waren, habe das Land „einfach weitergewurschtelt“. So gab es zwar externe Anbieter von Programmen, die sogar vom Thüringer Institut für Lehrerfortbildung und Lehrplanentwicklung als fachgerecht einge
wurden. Die Schulen durften aber keine direkten Verträge mit ihnen abschließen. Stattdessen hätten sie zusätzlich einen vom Land ausgewählten Kooperationspartner ins Boot holen müssen. Dieses Verfahren und die Abstimmung dazu waren jedoch derart aufwendig, dass viele Schulen davon Abstand nahmen. Die Mittel des Bundes liefen bereits Ende 2022 aus, die des Landes stehen bis Ende Juli bereit.
Das Ministerium prüft derzeit noch, was die Gründe für den geringen Mittelabfluss waren. „Es zeichnet sich aber ab, dass die kurze Vorbereitungsund Durchführungszeit maßgeblich dazu beigetragen hat“, sagt eine Sprecherin. Das Programm
sei finanziell gut untersetzt gewesen, aber „von der Laufzeit her zu kurz“. Darüber hinaus seien viele Schulen nicht in der Lage gewesen, kurzfristig zusätzliche Förderprogramme auf- und umzusetzen. Gleichwohl habe die Hälfte aller Thüringer Schulen das Programm in Anspruch genommen.
Tischner schlägt nun vor, die rund 20 Millionen Euro, die noch vom Landesanteil übrig sind, für ein landeseigenes Corona-aufholprogramm zu nutzen. Ebenso wie in Sachsen sollten Schulen ein flexibles Budget für Lernangebote erhalten. „Man muss aus den Fehlern lernen – und das Geld tatsächlich bei den Schulen ankommen.“