Thüringer Allgemeine (Eisenach)
Fichten nur noch in den Bergen
Nadelbäume kommen mit der Trockenheit nicht klar. Thüringer Waldgesetz schreibt Wieder-aufforstung vor
Erfurt. Ein großer Teil der Fichtenbestände, die Thüringens Wälder seit Jahrzehnten prägen, wird nicht überleben. Prognosen der Landesforstanstalt gehen davon aus, dass der Anteil der Fichten als Folge der Trockenheit deutlich kleiner wird und diese Nadelbäume nur noch in höher gelegenen Regionen Thüringens Bestand haben werden. „Unter 600 Höhenmetern gehen die Experten von einem weitestgehenden Ausfall der Fichte aus“, sagte der Sprecher der Landesforstanstalt, Horst Sproßmann.
Im Flachland und in Lagen unterhalb 600 Metern sei die Wasserversorgung
der flach wurzelnden Fichte inzwischen vielerorts unzureichend. Bei den geschwächten Bäumen habe der Borkenkäfer leichtes Spiel, so Sproßmann. Die Dürrephase 2018 bis 2020 habe im Freistaat zu einem flächigen Absterben der Fichte außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes geführt – das sind die Hochlagen des Thüringer Waldes, wo sie Teil des Bergmischwaldes ist, sagte der Fachmann.
Nach seinen Angaben gibt es schon heute einige Forstämter in Thüringen, „die sich von der flächigen Verbreitung der Fichte bereits verabschieden“. Überall in Thüringens Wäldern sind abgestorbene, braune Fichten zu sehen, in einigen Regionen sind ganze Hänge betroffen. Der Bundeswaldinventur von 2012 zufolge ist die Fichte mit einem Anteil von 40 Prozent die häufigste Baumart in Thüringen, vor Buche (20 Prozent) und Kiefer (14 Prozent).
Die Ergebnisse der neuen Waldinventur, die es alle zehn Jahre gebe, liegen nach Angaben von Sproßmann derzeit noch nicht vor. Die Thüringer Forstexperten gingen davon aus, dass der Fichtenbestand sich in Richtung 35 bis 30 Prozent entwickelt haben könnte.
Die Fichte bleibe damit in Thüringen heimisch – aber nicht mehr überall. „In den niederschlagsreichen Höhenlagen des Thüringer Waldes wird die Fichte, wenn die Borkenkäferkalamität beendet wurde, auch in den nächsten Jahrzehnten eine wichtige Baumart, zusammen mit Buche und Weißtanne bleiben“, so die Erwartung der Experten. Laubholzreiche Mischwälder würden ihre Standorte künftig einnehmen. Thüringen lässt sich die
Wiederaufforstung viele Millionen Euro kosten, aber auch kommunale und private Waldbesitzer stehen vor großen Herausforderungen.
Sproßmann geht nicht davon aus, dass es durch das Fichtensterben langfristig zu großen unbewaldeten Flächen kommt. „Das wird die Natur nicht zulassen.“Zudem sehe das Thüringer Waldgesetz vor, dass spätestens nach sechs Jahren aufgeforstet werden soll.
In den 1990er-jahren habe in Thüringen der Waldumbau zu Mischbeständen begonnen. Rund ein Drittel der Wälder im Freistaat seien bei der Inventur 2012 als sehr naturnah oder naturnah eingestuft worden, sagte Sproßmann. dpa