Thüringer Allgemeine (Eisenach)
Kanzler-reise in den Kalten Krieg
Scholz besucht innerkoreanisches Grenzgebiet
Jan Dörner
Panmunjom. Erst lugt das Fernglas nur durch einen Gardinenspalt. Die Besucher werden von aufmerksamen Blicken verfolgt. Als Bundeskanzler Olaf Scholz dann gemeinsam mit seiner Frau Britta Ernst ganz nah an die Betonkante tritt, die zwischen blauen Baracken die Grenze zwischen Nord- und Südkorea markiert, ist das Misstrauen doch zu groß. Der nordkoreanische Beobachter hinter dem Fernglas verlässt sein Versteck und kommt auf den Balkon eines grauen Grenzgebäudes, um den von Kameras begleiteten Besucher noch genauer zu betrachten.
Die Baracken in der Demilitarisierten Zone (DMZ) zwischen Nord- und Südkorea sind neutrales Gebiet, verwaltet von einem Unkommando unter Us-führung. Die Demilitarisierte Zone ist ein vier Kilometer breiter Streifen von 248 Kilometern Länge, der den Norden und Süden voneinander trennt. In Panmunjom verläuft die Demarkationslinie genau durch die Mitte der blauen Baracken. Auf Einladung von Colonel Hamilton tritt Scholz für einige Momente auf die nordkoreanische Seite des Raumes. Würde er noch einige Schritte machen, könnte er durch eine Tür in die totalitäre Diktatur von Herrscher Kim Jong-un verschwinden.
Das Land gilt als Ort des Schreckens. Die Bevölkerung leidet unter Hunger, Amnesty International kritisiert Nordkorea für den häufigen Einsatz der Todesstrafe. Kim Jongun knechtet sein Volk und strebt nach einem großen Waffenarsenal. Scholz nutzte seinen Besuch, um von Kim Jong-un ein Ende der Raketentests und seiner Gier nach Atomwaffen zu fordern. Der Besuch an der innerkoreanischen Grenze hat den Kanzler bewegt. „Deutschland ist mittlerweile wieder vereint“, sagt Scholz. „Das ist ein großes Glück, das wir haben.“
Olaf Scholz mit Ehefrau Britta Ernst im Grenzgebiet.