Thüringer Allgemeine (Eisenach)
Wenig Interesse an grünen Berufen
Nachwuchs bei Gärtnern, Land- oder Forstwirten hat sich auf niedrigem Niveau eingepegelt
Erfurt/jena. Trotz einer langen Tradition vor allem im Gartenbau können sich in Thüringen nur wenige junge Leute eine Zukunft in den grünen Berufen vorstellen. Die Zahl der Azubis, die jährlich starten, hat sich seit etwa fünf Jahren auf einem recht niedrigen Niveau zwischen 484 und 519 eingepegelt – verteilt auf mehr als ein Dutzend Berufe von Gärtner über Winzer bis zu Land-, Forst- oder Pferdewirt. Das geht aus Zahlen des Thüringer Landesamtes für Landwirtschaft und Ländlichen Raum in Jena hervor.
Viele Landwirtschafts- und Gartenbaubetriebe machen sich Sorgen um ihren Nachwuchs, aber auch darüber, wer Höfe und Gärtnereien in Zukunft weiterführen soll, sagen Fachleute der verschiedenen Verbände. 2022 sank die Zahl der unterschriebenen Ausbildungsverträge um 4,7 Prozent auf 490. „Der Anstieg im Zeitraum der Coronapandemie zugunsten der grünen Berufe hat sich somit wieder relativiert“, sagte eine Sprecherin des Thüringer Agrarministeriums. Verglichen mit dem Mittelwert der vergangenen fünf Jahre sei es immer noch ein Minus von 2,2 Prozent.
Beispiel Gärtner: Hier gibt es einen leicht positiven Trend – allerdings auf sehr niedrigem Niveau. 2022 begannen 93 jungen Frauen und Männer eine Ausbildung – statistisch 6,9 Prozent mehr als im Jahr davor mit 87 neuen Azubis. In den
Jahren zuvor schwankte die Zahl der Berufsstarter zwischen 84 und 69. Allerdings schließt ein nicht unbeträchtlicher Teil der Azubis die Facharbeiterprüfung nicht im ersten Anlauf ab. Nach Angaben des Bildungsministeriums auf eine Afdlandtagsanfrage fiel 2022 fast ein Drittel der Azubis in gärtnerischen Berufen bei der Prüfung durch.
Die Geschäftsführerin der auf Ökolandbau spezialisierten Firma Rose Saatzucht in Erfurt, Annegret Rose, sieht eine gesellschaftliche
Aufgabe darin, das Interesse an den grünen Berufen zu wecken. Das sollte bereits in der Schule beginnen.
Deshalb sei sie froh, dass in Thüringen noch Schulgartenlehrer ausgebildet würden – ein Stück Land habe sie für deren praktische Betätigung zur Verfügung gestellt, sagte Rose. Ihr Saatzuchtbetrieb sei einer der Ausbildungsbetriebe und immer auf der Suche nach interessierten jungen Leuten. Derzeit habe sie allerdings keinen Azubi.
Der Gartenbau in Thüringen hat eine jahrhundertelange Tradition. Der Erfurter Ratsherr Christian Reichart (1685–1775) gilt als Begründer des deutschen Erwerbsgartenbaus. Dieser ist mit seinen Fachrichtungen wie Zierpflanzen-, Gemüseoder Obstbau nach Angaben des Agrarministeriums einer der beschäftigungsintensiven Bereiche innerhalb der Landwirtschaft. Die gartenbaulich genutzte Fläche im Freistaat betrage derzeit rund 5000 Hektar. dpa