Thüringer Allgemeine (Eisenach)
Blaues Bollwerk
Eisenachs Handballer zwingen Verfolger Lübbecke dank überragender Abwehr 27:19 in die Knie
Eisenach. Fynn Hangstein musste bei mancher Interviewfrage nach dem Spiel kräftig schlucken. Die Emotionen drohten den 23-Jährigen schier zu überwältigen. Das Abenteuer in Eisenach geht in diesen Wochen für ihn zu Ende. Und der Torjäger könnte den THSV dabei zum Abschied in die 1. Handball-bundesliga werfen.
Gegen Hangsteins künftigen Verein TUS N-lübbecke boten er und seine Kollegen mit 27:19 (11:8) eine überragende Partie. „Die beste, in den zwei Jahren, in denen ich hier spiele“, meinte Hangstein, der nach einem Stotterstart („Ein verworfener Siebenmeter wirft mich nicht um“) unglaubliche 13 Tore erzielte. „Ich war die ganze Woche über ziemlich angespannt. Aber mit den Fans im Rücken haben wir uns schnell gefunden“, sagte der Detmolder, der in seine ostwestfälische Heimat zurückkehren will. „Bei Nettelstedt spielen sie dann eine 6:0-Abwehr. Mit dem, was ich bei Misha Kaufmann in Eisenach gelernt habe, bin ich dann ein perfekter Handballer“, sagte Hangstein und grinste. Dass er mit dem Wechsel
wohl auf die erste Liga verzichtet, sieht Hangstein pragmatisch. „Ich steige ja mit Eisenach auf, wenn wir die letzten drei Spiele auch noch gewinnen. Und mit Nlübbecke schaffe ich das eben nächstes Jahr“, so der Blondschopf.
Matchwinner im Topspiel der beiden punktgleichen Aufstiegskandidaten war jedoch nicht nur der treffsichere Hangstein sondern vor allem das „blaue Bollwerk“. Die gefürchtete 5:1-Abwehr der „Kaufmänner“zog dem TUS den Zahn. Fast zehn Minuten brauchten die
Gäste für ihr erstes Tor. Nur weil auch die Eisenacher noch Fehler machten, kam das Team von Ex-nationalspieler Michael Haaß mit einem 8:11 davon. „Beim 19:13 war das Spiel entschieden“, erinnert sich Hangstein an die 48. Minute. Wie im Rausch wurden die Nettelstedter dann mit 27:19 aus der feiernden Halle geschossen.
Trainer Kaufmann analysierte ultrakurz: „Die Mannschaft hat geredet. Da braucht es keine Worte.“Kaufmann wäre nicht Kaufmann, wenn er als Meister der Euphoriebremse
den Super-sieg sofort relativierte. „Wir sollten jetzt unglaublich demütig sein“, meinte er vor der nächsten Aufgabe beim Absteiger Konstanz in einer Woche. Auf die Frage unserer Zeitung, ob er als Trainer schon mal eine bessere Abwehr erlebt habe, meinte Kaufmann grinsend: „Mit Aarau haben wir gegen den Schweizer Meister mal 27:14 gewonnen. Aber auf diesem Niveau war es heute mit Eisenach schon die beste Leistung.“
Die Ausgangsposition für den THSV im Aufstiegskampf könnte kaum besser sein. Durch den Sieg und die enorme Tordifferenz von plus 115 haben die Thüringer drei Spiele vor Schluss N-lübbecke wohl abgehängt. „Doch es kommen noch drei Partien, die wir alle gewinnen werden“, sagte Rückraumkanonier Alexander Saul selbstbewusst. Konstanz, Potsdam und Coburg heißen die letzten drei Gegner.
René Witte hofft, seine Nerven vor der letzten Partie schonen zu können. „Die Leute sollten sich schnell Karten für das letzte Heimspiel sichern. Wir haben nur noch 250 Sitzplätze“, so der Manager, der den Saisonrekord von 2610 Fans gegen Lübbecke geknackt sehen will.