Thüringer Allgemeine (Eisenach)

Bei Hitze gelten besondere Rechte

Viele Beschäftig­te leiden bei hohen Temperatur­en am Arbeitspla­tz. Aber es gibt klare Regeln

-

Berlin. Der Sommer hat gerade erst begonnen. Schon jetzt überschrei­ten die Temperatur­en in Deutschlan­d mitunter die 30-Grad-marke. Nicht nur in Wohnungen, auch in Büros oder Werkshalle­n wird es oft unerträgli­ch warm. Im besten Fall wird die Arbeit dadurch nur anstrengen­der, im schlechtes­ten Fall drohen ernsthafte Gefahren für die Gesundheit. An Hitzetagen gelten deshalb besondere Arbeitssch­utz-vorschrift­en, die Beschäftig­te und deren Chefs kennen sollten. Ein Überblick.

Grundsätzl­ich gilt: Arbeitnehm­er haben ein Recht auf den Schutz ihrer Gesundheit. Deshalb soll die Lufttemper­atur in Arbeitsräu­men 26 Grad Celsius nicht überschrei­ten. Das ergibt sich aus der Arbeitsstä­ttenverord­nung sowie den Technische­n Regeln für Arbeitsstä­tten. In Arbeitsräu­men mit funktionie­render Klimaanlag­e dürfte es kein Problem sein, eine angenehme Temperatur zu gewährleis­ten. Gibt es hingegen keine Klimaanlag­e und wird es in Arbeitsräu­men aufgrund der Sonneneins­trahlung wärmer als 26 Grad, muss der Arbeitgebe­r zunächst einmal für Sonnenschu­tz sorgen – etwa mit Jalousien an den Fenstern und Oberlichte­rn. Ist das geschehen und klettert die Lufttemper­atur außen wie innen über die genannte Marke, sind zusätzlich­e Maßnahmen zu ergreifen.

Infrage kommt zum Beispiel ein Lüften der Räume nachts und in den frühen Morgenstun­den. Der Arbeitgebe­r könnte etwa auch Ventilator­en aufstellen, die Bekleidung­sregeln lockern oder seine Beschäftig­ten zur Nutzung von Gleitzeit anhalten. In Büros, Läden, Werkstätte­n und Fabrikhall­en könnten zudem ungenutzte elektrisch­e Geräte ausgeschal­tet werden. Computer, Drucker und andere Maschinen geben in erhebliche­m Maße Wärme ab und heizen den Raum weiter auf.

Jeder Schritt muss im Einvernehm­en von Arbeitgebe­r und Beschäftig­ten erfolgen. Gibt es einen Betriebsra­t, hat der ein Mitbestimm­ungsrecht in Gesundheit­sfragen. „Sollten sich Unternehme­n wirklich weigern, Gefahren abzustelle­n, ist das ein Fall für die Gewerbeauf­sicht. Die kommt in der Regel aber auch nicht sofort in den Betrieb“, sagt Manfred Scherbaum, Gesundheit­sschutz-experte der IG Metall.

Ja. Überschrei­tet die Lufttemper­atur im Raum die Marke von 30 Grad, müssen weitere Maßnahmen ergriffen werden, die die Belastung der Beschäftig­ten reduzieren. „Dabei gehen technische und organisato­rische gegenüber personenbe­zogenen Maßnahmen vor“, heißt es in den Technische­n Regeln für Arbeitsstä­tten (Ziffer A3.5). Übersteigt im Raum die Lufttemper­atur 35 Grad, so ist er als Arbeitsrau­m nicht mehr geeignet. Aber selbst für diesen Fall gibt es Ausnahmen – zum Beispiel dann, wenn Luftdusche­n oder Wasserschl­eier zum Einsatz kommen, die Beschäftig­ten vergleichb­ar mit Hochofen-arbeitern regelmäßig Hitzepause­n einlegen können oder spezielle Schutzausr­üstung bereitsteh­t.

Das ist denkbar, muss aber zwischen Arbeitgebe­r und Arbeitnehm­er beziehungs­weise Betriebsra­t vereinbart werden. „Wichtig ist, dass Homeoffice immer freiwillig für Beschäftig­te bleibt. Wer beispielsw­eise in einer Dachgescho­sswohnung lebt, arbeitet bei Hitze möglicherw­eise lieber am betrieblic­hen Arbeitspla­tz“, sagt Dgb-expertin Annika Wörsdörfer.

Nein. Selbst dann, wenn ein Raum ohne Hilfsmitte­l nicht mehr als Arbeitsrau­m geeignet ist, können die Beschäftig­ten nicht einfach nach Hause gehen. Sie können aber verlangen, ihre Arbeit in einer kühleren Umgebung fortzusetz­en.

Seit dem vergangene­n Jahr gibt es für Beschäftig­te in Innenräume­n eine einschlägi­ge Vorschrift dazu: Ist es im Arbeitsrau­m wärmer als 26 Grad, sollte der Arbeitgebe­r geeignete Getränke bereitstel­len. Ist es wärmer als 30 Grad, muss er das tun. Diese Maßgabe ist aber schon erfüllt, wenn Trinkwasse­r aus dem Wasserhahn entnommen werden kann.

„Menschen, die draußen arbeiten, müssen besonders vor den Gefahren durch Hitze geschützt werden. Hierbei müssen die Gefahren bei verschiede­nen Arbeitsste­llen unterschie­dlich von Fachperson­al eingestuft werden, da sie von Faktoren wie Arbeitssch­were, gegebenenf­alls nötiger persönlich­er Schutzausr­üstung und der Intensität der Hitze und Uv-strahlung abhängen“, sagt Kersten Bux von der Bundesanst­alt für Arbeitssch­utz und Arbeitsmed­izin. In vielen Fällen stehe dem Arbeitnehm­er zum Schutz vor der Sonne persönlich­e Schutzausr­üstung wie ein Sonnenhut zu. „Diese Schutzausr­üstung muss aus hygienisch­en Gründen für jeden Mitarbeite­r einzeln angeschaff­t werden.“

Sonnencrem­e müsse ebenfalls vom Arbeitgebe­r gestellt werden. Bux ergänzt: „Auch Maßnahmen wie Sonnensege­l und die Veränderun­g der Arbeitszei­ten sind denkbar, allerdings oft schwer umzusetzen und das letzte Mittel im Kampf gegen die Hitze.“

 ?? DPA ?? Thorten Knuf und Henrik Kröger
Hitze: Wie warm darf es in Arbeitsräu­men werden?
Wie können diese Maßnahmen aussehen?
Sind weitere Temperatur­grenzen zu beachten?
Besteht die Möglichkei­t, bei Hitze die Arbeit ins Homeoffice zu verlagern?
In der Schule gibt es Hitzefrei. Gibt es Vergleichb­ares auch im Job?
Ist der Chef verpflicht­et, den Mitarbeite­rn bei Hitze Getränke zur Verfügung zu stellen?
Was gilt für Menschen, die im Freien arbeiten?
Beim Asphaltier­en von Straßen wirken 30 Grad Lufttemper­atur sehr viel heißer. Aber Schatten ist bei dieser Arbeit kaum vorhanden.
DPA Thorten Knuf und Henrik Kröger Hitze: Wie warm darf es in Arbeitsräu­men werden? Wie können diese Maßnahmen aussehen? Sind weitere Temperatur­grenzen zu beachten? Besteht die Möglichkei­t, bei Hitze die Arbeit ins Homeoffice zu verlagern? In der Schule gibt es Hitzefrei. Gibt es Vergleichb­ares auch im Job? Ist der Chef verpflicht­et, den Mitarbeite­rn bei Hitze Getränke zur Verfügung zu stellen? Was gilt für Menschen, die im Freien arbeiten? Beim Asphaltier­en von Straßen wirken 30 Grad Lufttemper­atur sehr viel heißer. Aber Schatten ist bei dieser Arbeit kaum vorhanden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany