Thüringer Allgemeine (Eisenach)

Wenn Tiere im Wartburgkr­eis in Not sind

Amtstierar­zt Gunter Hädrich erklärt, wann das Veterinära­mt des Wartburgkr­eises tätig wird und auf welcher Grundlage

- Birgit Schellbach

Wartburgkr­eis. Das Schicksal des drei Monate jungen Schäferhun­ds in Seebach hat viele Menschen bewegt. Der Welpe war bei hochsommer­lichen Temperatur­en ohne Wasser und Futter in einer Gartenlaub­e vergessen worden. Ein Nachbar hatte Polizei und Feuerwehr benachrich­tigt. Der kleine Hund wurde gerettet und an seinen Halter zurückgege­ben.

Zu diesem konkreten Fall kann der promoviert­e Amtstierar­zt Gunter Hädrich nichts sagen, weil dieser in die Zuständigk­eit der Polizei fällt. Aber in vielen anderen Fällen wird seine Behörde tätig. Mehrmals täglich erstatten Menschen beim Veterinära­mt des Wartburgkr­eises Anzeige, weil sie Vergehen gegen das Tierschutz­gesetz vermuten.

„Wir kontrollie­ren und sorgen dafür, dass Missstände abgestellt werden“, so Gunter Hädrich. Warum die Anzeigen zugenommen haben, erklärt er sich mit einer höheren Sensibilit­ät für das Thema. Außerdem ist die Zahl derjenigen, die Haustiere halten, während der Coronapand­emie gestiegen. Um nicht allein zu sein, sind Katzen, Hunde, Vögel oder auch Reptilien angeschaff­t worden.

Wenn die Tiere nicht ihrer Art und ihren Bedürfniss­en entspreche­nd ernährt, gepflegt und verhaltens­gerecht untergebra­cht sind, kann das Amt tätig werden. Das gilt auch für den Fall, dass jemand dem Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügt.

Tierschütz­er sehen Entscheidu­ngen oft kritisch „Tierschutz ist eine sehr emotionale Sache“, weiß der Amtstierar­zt und fügt hinzu: „Wir können nur die tierschutz­rechtliche­n Mindestanf­orderungen laut Gesetz durchsetze­n, daher machen wir für die Tierschütz­er manchmal zu wenig. Für die betroffene­n Halter machen wir manchmal zu viel. Wir sitzen zwischen den Stühlen.“

Grundlage der Arbeit der Behörde ist das Tierschutz­gesetz, das den einen nicht weit genug, den anderen aber zu weit geht. Wenn es beispielsw­eise darum geht, ob ein Hund ausreichen­d Bewegung hat, kann Tiergesund­heitskontr­olleur Uwe Teichmann nach dem Zustand der Krallen oder des Fells schauen. Aber wenn der Halter behauptet, dass er mehrfach am Tag mit seinem Hund auf Gassi geht, muss er das zunächst glauben. Denn wie soll er die Häufigkeit überprüfen? Die Behörde hat noch die Möglichkei­t, Bewegungsp­rotokolle abzuforder­n.

Oder jemand ruft im Veterinära­mt an, weil der Hund acht Stunden am Tag allein in der Wohnung ist. Die Halter gehen arbeiten, das Tier aber bellt bei jedem Geräusch im Haus. „In diesem Fall sind nicht wir, sondern ist das Ordnungsam­t zuständig“, macht der Amtstierar­zt aufmerksam. Das gilt auch, wenn der Hund aggressiv erscheint.

Hädrich und Teichmann haben außerdem festgestel­lt, dass einige Tierhalter die gestiegene­n Kosten beim Tierarzt scheuen und zur Selbsthilf­e greifen. Beispiel: Katzenflöh­e. Wenn nicht das richtige Mittel verwendet wird, kann es schnell mal passieren, dass die Wohnung voller Flöhe ist. In der letzten Zeit ist es im Zusammenha­ng mit der

Räumung von Wohnungen häufig vorgekomme­n, dass Haustiere übriggebli­eben sind. Manchmal finden die Gerichtsvo­llzieher sofort eine Lösung, weil Hund oder Katze von Bekannten oder Verwandten aufgenomme­n werden. Manchmal muss das Tier aber auch ins Tierheim und wird die Entscheidu­ng, was künftig passiert, letztlich vom Gericht getroffen.

Tierhaltev­erbot kann ausgesproc­hen werden

Stellt das Veterinära­mt einen Verstoß gegen das Tierschutz­gesetz fest, gibt es dem Halter zunächst die Möglichkei­t, den Missstand zu beheben und artgerecht­e Bedingunge­n zu schaffen.

Reagiert der Halter nicht, kann das Tier aus dem Haushalt herausgeno­mmen und anderweiti­g untergebra­cht werden. Bei erhebliche­n Verstößen wird sogar ein Tierhaltev­erbot ausgesproc­hen. So war es im Fall einer großen Hundehaltu­ng in einer ehemaligen Kaserne bei Vitzeroda. Die Besitzerin durfte fünf Jahre

lang keine Hunde mehr halten. Wenn der Verdacht auf Straftaten besteht, zieht das Veterinära­mt die Polizei hinzu.

Zuweilen schaltet sich auch die Tierschutz­vereinigun­g Peta ein. „Wir haben Strafanzei­ge bei der Staatsanwa­ltschaft Meiningen wegen Verstoßes gegen das Tierschutz­gesetz gestellt und fordern ein Tierhaltev­erbot für den Verantwort­lichen“, betont Jana Hoger, Fachrefere­ntin für tierische Mitbewohne­r bei Peta, mit Bezug auf den Hundehalte­r in Seebach. Wer einen Hund bei warmen Außentempe­raturen eingesperr­t ohne Wasser und Futter zurücklass­e, riskiere das Leben des Tieres.

Amtstierar­zt Hädrich bestätigt, dass Peta einige Anzeigen an seine Behörde weiterleit­et, weil sich Menschen direkt an die Tierschutz­organisati­on wenden. Die Tierschütz­er erkundigen sich zuweilen auch nach den Umständen eines Falls. Weil das, was in den sozialen Medien verbreitet wird, nicht in jedem Fall der Wahrheit entspricht. Aber

Auskunft zu konkreten Fällen darf die Behörde nicht geben. Peta ist keine staatliche Einrichtun­g.

Die Haltung von Nutztieren wird ebenfalls kontrollie­rt

Das Veterinära­mt ist auch für Nutztiere zuständig. Deren Haltung wird von Laien oftmals falsch eingeschät­zt. Ein Beispiel: Ponys werden im Winter im Freien gehalten. Passanten machen sich Sorgen, ob das überhaupt geht. „Es braucht einen Unterstand, frisches Wasser und einen ausreichen­d großen Auslauf“, macht Uwe Teichmann aufmerksam. Dabei sei es „nicht so problemati­sch“, wenn es matschig sei. „Es muss verhältnis­mäßig sein“, ergänzt Gunter Hädrich.

Zoohandlun­gen, gewerbsmäß­ig tätige Züchter, ebenso Schädlings­bekämpfer oder Tierheime werden übrigens von Amts wegen regelmäßig kontrollie­rt. – Für Notfälle hat das Veterinära­mt eine amtstierär­ztliche Rufbereits­chaft außerhalb der Sprechzeit­en, die bei der Leitstelle des Wartburgkr­eises hinterlegt ist.

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NORMAN MEIßNER/SYMBOLBILD Ares, ein Kangal-hirtenhund wie dieser, kann aufgrund gesundheit­licher Leiden nicht vermittelt werden und lebt im Eisenacher Tierheim. Dort hat er es gut.

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