Thüringer Allgemeine (Eisenach)
Erinnerungen an elektronische Musik
Ein Verein aus Stadtilm macht sich für ein etwas anderes Kulturgut stark
Stadtilm. Alexander Hahm verbindet mit elektronischer Musik besondere Erinnerungen. „Ende der 90er Jahre gab es eine lebendige Clublandschaft, Techno- und Houseszene und wir waren immer mit einer großen Gruppe unterwegs. Danach hat sich unser Freundeskreis zerspalten und alle waren irgendwo in der Welt unterwegs“, erzählt er. „Später kamen viele wieder zurück nach Thüringen und uns haben die gemeinsamen Unternehmungen von früher gefehlt.“
In den 1990er Jahren brachten regionale Acts wie DJ Yo, Mark J Klak und Stephano, die Gruppe zum Tanzen. Aber auch überregionale DJS, die in den Thüringer Clubs auftraten, wie Chris Liebing, Westbam und Sven Väth waren Favoriten.
In der ländlichen Region seien die Möglichkeiten zum Ausgehen beschränkt, weshalb sie sich dazu entschieden, aktiv zu werden. „Wir haben zunächst einen Saal gemietet und eine Privatparty gemacht, aber schnell gemerkt, dass man beispielsweise aus Haftungsgründen einen Veranstalter braucht und optimal ist dafür ein Verein“, so Hahm.
Verein will Vorbehalte abbauen und Berührungsängste nehmen Daher gründete er mit sechs Freunden 2018 den Verein Freunde elektronischer Tanzmusik Thüringen (F.e.t.t.). „Wir haben aus dem Nichts angefangen, etwas aufzubauen. Wir haben viel Arbeit und Herzblut hineingesteckt, aber letztendlich hat sich alles von selbst entwickelt und jetzt werden viele auf uns aufmerksam“, so Hahm. Mittlerweile hat der Verein 50 Mitglieder.
Die Musik habe viele Fans, aber: „Es gibt auch Vorbehalte gegenüber der elektronischen Musik“, erklärt Hahm. „Es ist unsere Mission, diese abzubauen, aufzuklären und die Berührungsängste zu nehmen. Deshalb machen wir Festivals, die sich auch an Familien richten.“
Sein erstes Festival veranstaltete der Verein zur Corona-zeit im Sommer 2021. „Wir waren der einzige Veranstalter in Stadtilm, der sich getraut hat, etwas zu machen und da hatten wir tatsächlich 1000 Besucher. Das hat alle unsere Erwartungen gesprengt“, sagt der Gründer.
Der Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen im ländlichen Raum zusammenzubringen, an die Musik heranzuführen und Vereine miteinander zu vernetzen. „Wir sind auch bei Vereinen, die uns unterstützen, aktiv. Das ist das, was die Region ausmacht. Man muss sich gegenseitig helfen, um Projekte umsetzen zu können“, so Hahm.
Die Freunde elektronischer Tanzmusik Thüringen finanzieren sich über Veranstaltungen, Mitgliedsbeiträge und Förderprogramme. Im Rahmen des Förderprojekts vom Regionale Aktionsgruppen Thüringen Leader-programm haben sie einen neuen Dj-tresen gebaut. Zudem gewannen sie beim ersten Preisausschreiben für Kultur und Klimaschutz des Dachverbands für Kulturfördervereine in Deutschland (DAKU) für ihre Ideen zum Klimaschutz.
Ideen seien die Verwendung von wiederverwertbaren oder kompostierbaren Materialien für Veranstaltungseinrichtungen und Dekorationen, der Einsatz von Led-beleuchtung und energieeffizienten Geräten und ein Angebot von vegetarischen und veganen Speisen, um den Co2-fußabdruck der Veranstaltungen zu reduzieren. Die gesammelten Ideen fließen in einen Klimaschutz-wegweiser des DAKU, der momentan erarbeitet wird.
Drittes Summer Beat Festival wird derzeit geplant
Aktuell steckt der Verein in der Planung für die nächste Veranstaltung. Zum dritten Mal findet am 17. August das Summer Beat Festival auf dem Sportplatz in Stadtilm unter dem Namen „We are Family – Fettival“statt. „Es geht darum, sich künstlerisch zu betätigen und das Interesse daran zu wecken. Wir haben auch viele andere Vereine eingeladen, die sich mit einem eigenen Stand präsentieren“, so Hahm. Geplant sind verschiedene Angebote für Kinder, wie Kinderschminken, Hüpfburgen und Ponyreiten. Zudem macht Deutschlands jüngster Dj-contest-gewinner einen Kinderworkshop.
Der Verein fördert durch Workshops und Seminare die Vermittlung essenzieller Kulturtechniken und bietet jungen Künstlern eine
Bühne. „Wir haben dieses Jahr einen Dj-contest ausgeschrieben und die besten drei bekommen am Nachmittag Spielzeit beim Festival“, so Hahm. „Es kann jeder kommen. Wir sind offen für alle. Das ist das, was elektronische Musik auch ausmacht und so wie wir es Ende der 90er kennengelernt haben.“Es sei friedlich gewesen und alle hätten Spaß gehabt. Das will der Verein wiederbeleben und der Jugend näherbringen. „Man braucht kein riesiges Festival. Wir bekommen mit einfachsten Mitteln und einem kleinen Budget mindestens genauso schöne Emotionen vermittelt.“
Auch die Menschen scheinen sich über das kulturelle Engagement des Vereins zu freuen. „Unser Feedback nach dem Fest 2023 war: Macht das bitte wieder“, sagt Hahm. Dabei gebe es viele Wege, die Freunde elektronischer Tanzmusik zu unterstützen. „Es geht nicht nur um die Musik, sondern auch um alles andere. Von der Technik bis hin zum Marketing und Social-media. Jeder kann da sein Plätzchen finden und uns helfen, Leben in die Region zu bringen.“