Thüringer Allgemeine (Eisenach)
Royals verdienen prächtig an Touristen
König Charles lockt Besucher zu happigen Eintrittspreisen in die Privatgemächer. Es ist ein Millionengeschäft
Peter Stäuber und Sascha Zastiral
London. Die Krönung von Charles ging in die Geschichte ein: Vor einem Jahr, am 6. Mai 2023, wurde der ewige Prinz zum König ernannt. Der 75-Jährige, der trotz seiner Krebserkrankung wieder in der Öffentlichkeit in Erscheinung tritt, öffnet diesen Sommer die Tore von Privatgemächern für Touristen. Die Eintrittspreise sind gesalzen, doch die Leute kommen in Scharen.
Als Balmoral Castle im April zur Besichtigung der Privaträume lud, dauerte es weniger als 24 Stunden, bis die Tickets ausverkauft waren. Und vom 1. Juli bis zum 4. August dürfen Besucher das Innere der Königsresidenz betreten. Der Eintritt kostet zwischen 100 und 150 Pfund (115 bis 175 Euro). Möglicherweise könne man auch das Zimmer sehen, in dem sich Königin Elisabeth im September 2022 zum letzten Mal offiziell fotografieren ließ.
Monarchisten, denen der Weg nach Schottland zu weit ist, können auch in London einen intimeren Blick ins Leben der Royals erhaschen. Buckingham Palace, die Londoner Residenz, wird ebenfalls seine Türen öffnen. Derzeit sind nur die Prunkzimmer Teil des Rundgangs. Ab Juli wird erstmals auch der Ostflügel des Palasts zu besichtigen sein; dieser wurde in den letzten fünf Jahren umfassend saniert. Für 75 Pfund können Besucher jenen Saal bewundern, von dem die Königsfamilie jeweils den Balkon betritt, um der jubelnden Menge zuzuwinken.
Geld dürfte ein wichtiger Grund sein, die Pforten zu öffnen, sagt Exbutler Grant Harrold. Es sei ein „sehr rentabler“Schritt. Die Balmoral-touren haben dem König auf einen Schlag geschätzte 140.000 Pfund eingebracht. Verglichen mit den gesamten Einnahmen aus Eintrittskarten für die königlichen Residenzen sind das jedoch eher Peanuts.
Unterm Strich erwirtschaftete das Königshaus acht Millionen Pfund Die Schlösser, Landhäuser und anderen Prachtbauten, die Touristen bewundern können, sind Teil des Royal Collection Trust, der auch die Kunstsammlung der Royals verwaltet. Insgesamt nahm der Trust im Finanzjahr 2022/23 laut Jahresabschluss etwa 62 Millionen Pfund ein. Rund 37 Millionen davon stammen aus Eintrittskarten für die „Royal Residences“, der Rest aus dem Verkauf von Büchern, Verpflegung und Souvenirs – im Giftshop von Schloss Windsor reicht die Auswahl
Auch legendäre Outfits der Queen sind auf Schloss Balmoral zu sehen.
von einem Honiglöffel für 395 Pfund bis zum traditionellen Merrythought Bear (mit handgenähter Nase) für 175 Pfund. Unter dem Strich blieb im letzten Jahr ein Gewinn von acht Millionen Pfund.
Die Covid-19-pandemie hat allerdings ein größeres Loch geschlagen in die Finanzen der Royal Family. Im Jahr 2019/20 hatten die Königsresidenzen über Eintrittskarten noch fast 50 Millionen Pfund eingenommen. Damals empfing Windsor Castle, das prächtigste Schloss der Royals, annähernd 1,6 Millionen zahlende Schaulustige. Die pandemiebedingte Krise gehört zwar längst der Vergangenheit an, aber noch immer sind die Besucherzahlen deutlich geringer als zuvor – 2023 zählte man in Windsor knapp 1,1 Millionen. Immerhin wird die Öffnung von Balmoral und Buckingham
Palace einen kleinen Teil dazu beitragen, die Bilanz zu verbessern. Geld ist ein wichtiger Faktor in der britischen Monarchie, die jedes Jahr reichlich verschlingt. 86,3 Millionen Pfund erhielt das Königshaus für 2023/24 vom Staat aus dem „Souvereign Grant“. Der Betrag soll den Unterhalt und die Repräsentationspflichten der königlichen Familie sichern. Damit finanziert werden unter anderem die Personal- und Reisekosten sowie die Instandhaltung der Paläste.
Bei diesem Geld handelt es sich nicht um Steuereinnahmen als solche. Stattdessen erhält König Charles aktuell zwölf Prozent der Gewinne des Crown Estates – also jenes profitorientierten Unternehmens, das die Krongüter verwaltet und an ihnen verdient. Der Crown Estate ist einer der größten Immobilienbesitzer
des Landes. Dem Unternehmen gehören allein in Londons West End Immobilien im Wert von rund acht Milliarden Pfund. Hinzu kommen riesige Ländereien mit Wäldern und landwirtschaftlichen Flächen.
Immer wieder stellt sich die Frage: Wem gehören jetzt die Paläste? Es gibt dabei einen großen Unterschied zwischen dem Monarchen in seiner Funktion als Staatsoberhaupt und als Privatperson. Buckingham Palace etwa oder auch Schloss Windsor gehören formell zwar König Charles III. – aber tritt er ab, übernimmt der nächste Monarch. Schloss Balmoral in Schottland – wo die Queen ihre letzten Lebensmonate verbracht hat und das seine privaten Innenräume kürzlich erstmals für Besucher geöffnet hat – sowie das Sandringham House nordöstlich von Cambridge befinden sich jedoch im Privatbesitz des Königs. Das Herzogtum Cornwall, das zweitgrößte Unternehmen innerhalb der königlichen „Firma“, geht seit dem 14. Jahrhundert an den Thronfolger und wird von ihm treuhänderisch verwaltet. Und der ist seit dem Tod seiner Großmutter Prinz William. Es soll für dessen Auskommen sorgen.
Veräußern kann der Thronfolger die Besitztümer des Herzogtums nicht. Aber anders als bei dem Crown Estate, wandern die Gewinne ausschließlich an ihn. Das Unternehmen hat zuletzt rund 24 Millionen Pfund an Gewinnen gemacht. Charles hat mit diesem Geld auch den Unterhalt für seine beiden Söhne William und Harry finanziert. Letzterem jedoch wegen der allgemein bekannten Familienprobleme den Geldhahn zugedreht.
Und wie groß ist das Privatvermögen der Royals? Verglichen mit Multimilliardären wie Bill Gates, Elon Musk und Jeff Bezos sind die Windsors arme Schlucker: Laut einer Recherche des „Guardian“beträgt das Privatvermögen des Königs rund 1,8 Milliarden Pfund. Wie viel es tatsächlich ist und wie groß die Vermögen der anderen Royals sind, wird vor der Öffentlichkeit verborgen.