Thüringer Allgemeine (Eisenach)
Kirchenretterin geht in Ruhestand
Karin Wollenhaupt ist selbstständige Bauingenieurin aus Behringen und beendet nun ihre berufliche Laufbahn
Mühlhausen. Sie ist die Frau der Kirchen. Im Unstrut-hainich-kreis, im nördlichen Wartburgkreis und darüber hinaus in den protestantischen Gebieten des Eichsfeldes. Karin Wollenhaupt (62) kümmerte sich seit 2012 um die Gebäude, die der evangelischen Kirche gehören. Sie ist Bau-referentin des Kirchenkreises Mühlhausen. Mit 62 Jahren geht die Behringerin Ende des Monats in den Ruhestand.
Lehrerin, am liebsten für Sprachen, wollte sie werden und schlug nach dem Abitur an der Erweiterten Oberschule in Bad Langensalza im Jahre 1980 dann doch den Weg zum Bau ein. In Gotha studierte sie Bauingenieurswesen, arbeitete ein paar Jahre lang in Bad Langensalza beim VEB Kreisbau, ehe sie sich in den 1990-ern mit einer Partnerin selbstständig machte und später in der Kurstadt ein Architekturbüro leitete. Das ist inzwischen nach Behringen umgezogen und wird von der Tochter (39) weitergeführt.
Großprojekte und kleine Maßnahmen mit viel Herz
Karin Wollenhaupt hat ein Faible für Denkmalpflege und Kirchen. Das war schon in der Zeit als selbstständige Bauingenieurin nicht anders. Vieles hat sie in den vergangenen Jahren im Kirchenkreis Mühlhausen auf den Weg gebracht. Es gab verschiedene Orgelprojekte. Die Langhausfenster an Sankt Nikolai in Mühlhausen wurden saniert, der Kirchturm von Walpurgis in Großengottern, das Amtshaus des kirchlichen Verwaltungsamtes in Mühlhausen am Obermarkt, der Innenraum der Kirche in Dachrieden wurde gestaltet.
Die Kirchtürme von St. Nikolai in Mühlhausen und der Marktkirche in Bad Langensalza führte sie in die Notsicherung. Die endgültige Sicherung werden nun ihre Nachfolgerinnen übernehmen. Gern hätte sie beide Projekte noch während ihrer Amtszeit „eingetütet“. Auch in Divi Blasii am Untermarkt ist noch einiges zu tun. „Und das ist so viel, dass wir noch gar nicht die Arbeiten im Innenraum angehen können. Das Konzept dafür steht aber schon im Regal.“
Man muss die Denkmalpflege leben und lieben, man muss mit Menschen arbeiten können, das fachliche Knowhow haben. Und doch kommt bei Sanierungsvorhaben am Ende vieles anders, als es die Pläne vorgesehen haben. Baureferentin zu sein, das kann man eben nicht lernen, sagt Wollenhaupt.
Heutige Diskussionen darüber, ob man sich Denkmalpflege überhaupt leisten kann und will, sie kann ihnen wenig abgewinnen. „Die Kirchen wurden in weitaus schlechteren Zeiten gebaut, als wir sie heute haben. Jetzt ist es unsere Aufgabe, sie zu erhalten.“Die Umnutzung verschiedener Kirchen in
Mühlhausen, realisiert auch über die Städtebauförderung, sie sind für Karin Wollenhaupt Glanzbeispiele des Denkmalschutzes.
Doch es waren nicht immer nur die ganz großen Projekte, die sie fasziniert haben. Für eine kleine Kirchgemeinde, die wenig Mitglieder und wenig Geld hat, sind es eben auch oft kleinere Vorhaben, die nicht seljahren ten mit großem Herzblut vorangetrieben werden.
Und doch, so weiß sie, wird die Kirchengemeinde mit der politischen Gemeinde manche Symbiose eingehen müssen in den nächsten Jahren, um Synergien zu erzeugen, um Gebäude gemeinsam zu nutzen. Es gibt aber auch Objekte, deren Sanierung hat sie in den vergangenen trotz allen Engagements nicht vorantreiben können.
Das Stift in Oberdorla gehört etwa Kandidaten. Es ist ein Chorherrenstift aus dem 13. Jahrhundert. In der Vogtei aber hat es leider nur wenig Fürsprecher.
„Das Gebäude nicht zu nutzen, es wäre ein Frevel“, meint Karin Wollenhaupt. Eine Idee von einer künftigen Nutzung hat sie bereits: Es müsste ein großer Raum werden. Eine Herberge, so wie es Pläne vor ein paar Jahren einmal vorgesehen hatten, das gibt nach ihrer Meinung so ein Stift nicht her. „Eigentlich könnte es ein Schmuckstück fürs Dorf sein.“
Karin Wollenhaupt wird auch in den nächsten Jahren vom Thema Denkmalpflege und Schutz kirchlicher Gebäude nicht lassen. Sie will sich einbringen in ihre Kirchengemeinde Behringen, Craula, Wolfsbehringen, wo es vier Kirchen gibt und allerhand zu tun.
In Behringen wurde begonnen, die Kirche zu verputzen, in Craula gilt es, die Sicherung des Turmes voranzutreiben. Die 62-Jährige will mitarbeiten im Denkmalbeirat des Wartburgkreises, im Heimatverein in ihrem Dorf. Für alle Arbeiten, die sie sich vorgenommen hat, werden die Tage nicht lang genug sein.