Thüringer Allgemeine (Eisenach)
Viola d‘amore erklingt im Rokokosaal
Herausragendes Konzert von Simona und Gheorghe Balan, die hier vor Jahren ihr Debüt gaben
Eisenach. Schon vom Raum her sind Konzerte im Rokokosaal des Eisenacher Stadtschlosses ein Erlebnis. Nicht jedes Schloss hat einen solch schönen Saal aufzuweisen. Hinzu kommt die Akustik durch die Wölbung in der Decke. Wenn dann noch Kammermusik von zwei Künstler hinzukommt, die ihr außergewöhnliches Instrument beherrschen, ist das Konzerterlebnis unvergesslich. Vor 42 Jahren gaben die beiden Künstler im Rokokosaal ihr Debut. Seitdem gehören sie zum Eisenacher Kulturleben. Dass sie nicht nur in unserer Stadt auftreten, konnte man dem Programmtext entnehmen. Dem Verein „Kammermusik der Wartburgstadt“dankt die Zuhörerschaft für die prächtige Organisation des herausragenden Konzerterlebnisses.
Nach dem Konzert können Instrumente betrachtet werden Das Ehepaar Simona und Gheorghe Balan musizieren unter dem Namen „Duo Aliquot“auf Viola d‘amore. Wer mehr über das für uns heute meist unbekannte Instrument wissen wollte, konnte nach dem Konzert die Instrumente genauer betrachten und seine Fragen beantworten lassen. Auffällig sind die vielen Wirbel. Ein Teil stimmt die Spielsaiten, ein Teil die Resonanzsaiten, die Aliquotsaiten. Letztere verleihen dem Instrument den besonderen Klang. Ein weiteres Klangmerkmal sind die Spielsaiten aus Darm. Dieses Material ist bei den heute verwendeten Streichinstrumenten völlig durch anderes ersetzt. Die im Konzert erklungenen Werke entstammten dem 18. Jahrhundert bis in unsere Gegenwart. Wenn Alain Brunier (*1966) in „Le Carneval de Venice“den „Hut mit den drei Ecken“variiert erklingen lässt, erzeugt das im Publikum Heiterkeit. Die drei Duette von Anton Huberty (1722 - 1791) waren die ältesten Werke in der Programmfolge. Auch die „Sonate in D“von Luigi Borghi (1745 - 1806) wurde in der gleichen, in dieser Zeit üblichen Artikulation musiziert. Zwischendurch erklang immer einmal eine angezupfte Saite. Simona Balan gab zwischen den Werken Erläuterungen wie die, dass wegen der Stimmung der Spielsaiten die Tonart Ddur von den Komponisten häufig verwendet wurde.
Hans Vermeersch (*1957) ließ uns aus seiner Suite „Die sieben Tage der Woche“erraten, was am Samstag und am Sonntag passiert. Im Wesentlichen geschäftig klang der Samstag ruhig aus und leitete in einen besinnlichen Sonntag über. Dazwischen erklang „Adagio religioso“von Karl Zoeller (1840 1889). Schaut man „religioso“in einem einschlägigen Wörterbuch nach, findet man „religiös, fromm“. Wie kann absolute Musik fromm sein? Mehr Erklärung vermittelte die Tempobezeichnung „adagio“.
Wie zu erwarten, wurde der von Herzen kommende Beifall von den beiden Künstlern mit einer Zugabe beantwortet. Tänzerisch und flott klang dieses Konzerterlebnis aus. Schade, dass sich so viele den Kunstgenuss entgehen ließen. Es muss nicht nur Beethoven sein, der den Konzertraum füllen lässt.