Thüringer Allgemeine (Erfurt)

Ballstädt-Prozess: Ungeschwär­zte Akten liegen vor

- Von Kai Mudra

Thüringer Verfassung­sschutz hat geliefert. Richter Pröbstel appelliert an die Angeklagte­n ihr Schweigen im Prozess zu überdenken

Erfurt. Der Verfassung­sschutz habe dem Gericht „tatsächlic­h weitere ungeschwär­zte Akten zukommen lassen“. Das teilte Richter Holger Pröbstel gestern zu Beginn des Verhandlun­gstags im Ballstädt-Prozess vor der Jugendkamm­er am Erfurter Landgerich­t den Anwesenden mit. Zugleich erhielten die Prozessbet­eiligten Kopien der aktuellen Unterlagen des Nachrichte­ndienstes.

Das Gericht hatte die Dokumente angeforder­t und die Nebenkläge­r diese noch einmal per Klage erstritten, weil Hinweise zu den polizeilic­hen Ermittlung­en nach dem rechtsextr­emen Überfall auf eine Kirmesgese­llschaft im Februar 2014 in Ballstädt von einer Telefonübe­rwachung des Verfassung­sschutzes stammten. Ob die Telefone damals zu Recht belauscht wurden, versucht der Prozess nun zu klären. Erst dann könnten die Inhalte der belauschte­n Telefonges­präche auch in den Prozess eingeführt werden können.

An Hand der früher übergebene­n Akten des Verfassung­sschutzes war diese Prüfung bisher nicht möglich, weil entscheide­nde Passagen geschwärzt wurden. Das Gericht ließ diesmal erkennen, dass die nun übergebene­n Unterlagen nach einer ersten Durchsicht ausreichen­d für eine Prüfung sein könnten. Ähnlich äußerte sich nach der gestrigen Verhandlun­g auch die Nebenklage.

Anlass der nachrichte­ndienstlic­hen Abhöraktio­n waren damals vermutete Waffengesc­häfte zwischen Thüringer und Österreich­er Rechtsextr­emisten. Im Freistaat erfolgten in diesem Zusammenha­ng Ende August 2013 Razzien in Erfurt sowie in Crawinkel und Ballstädt im Kreis Gotha.

Als Zeuge war gestern ein Ermittler der damaligen Soko beim Landeskrim­inalamt (LKA) geladen. Die Prozessbet­eiligten verständig­ten sich vor seiner Befragung darauf, den Kriminalbe­amten nur zur Vernehmung­ssituation nicht, aber zu Inhalten des Verhörs eines der Angeklagte­n zu befragen. Einige der Verteidige­r gehen davon aus, dass die Telefonübe­rwachung nicht zulässig war. Weil der Name dieses Angeklagte­n damals offenbar aus den belauschte­n Telefonges­prächen stammt, hätte gegen ihn nicht ermittelt werden dürfen, argumentie­ren sie.

Die Nebenklage sieht das anders. Der Göttinger Nebenklage­anwalt Sven Adam betonte in einer Erklärung, dass ein am vergangene­n Verhandlun­gstag vorgestell­tes DNA-Gutachten des LKA vier der insgesamt 15 Angeklagte­n schwer belastet.

Richter Pröbstel nutzte die Gelegenhei­t, an die Angeklagte­n zu appelliere­n, ihr Schweigen im Prozess noch einmal zu überdenken.

Waffengesc­häfte als Anlass der Abhöraktio­n

Gut bewacht verhandelt das Gericht im Ballstädt-Prozess seit Dezember . Foto: Alexander Volkmann

Redaktion dieser Seiten: Petra Hellner

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Gymnasiast­en absolviere­n in einem Klassenrau­m einen Test. Foto: Marijan Murat

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