„Die CDU tritt leider beim Thema Ost-Renten auf die Bremse“
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Carsten Schneider über das, was Thüringen vom neuen Bundes-Etat erwarten kann
Erfurt. Im Bundestag begann gestern die Beratung des Haushalts für das nächste Jahr. Laut dem Regierungsentwurf soll der Bund auch in den kommenden Jahren auf neue Schulden verzichten und einen ausgeglichenen Etat mit der „Schwarzen Null“bis 2020 halten – und dies trotz zusätzlicher Ausgaben zur Betreuung von Flüchtlingen und weiterer Investitionen.
Arbeitnehmer können sich schon vom kommenden Jahr an nur auf geringfügige Steuerentlastungen einstellen. Auswirkungen der sogenannten kalten Progression würde korrigiert, sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU).
Für den Regierungspartner SPD redete der Thüringer Abgeordnete Carsten Schneider, der als stellvertretender Fraktionschef das Thema Finanzen betreut. Wir sprachen mit ihm über die Auswirkungen des Bundeshaushalts auf Thüringen.
Herr Schneider, was hat Ihr Heimatland eigentlich vom Bundeshaushalt?
Eine ganze Menge. Nehmen Sie nur die Investitionen in den Bahnverkehr: Die ICE-Strecke, die ja Ende nächstes Jahr vollständig in Betrieb gehen soll, steht drin, die Mitte-Deutschland-Verbindung, die ja gerade zwischen Jena und Weimar zweigleisig ausgebaut wurde. Auch die Ausgaben für unsere Kulturstätten in Gotha oder Weimar, die unser Land mit ausmachen. Auch von den Sozialausgaben profitiert Thüringen überproportional.
Das alles sind langfristig vereinbarte Investitionen oder gesetzliche Leistungen. Aber was ist neu?
Moment einmal. Für die meisten dieser Investitionen musste ich hartnäckig streiten. Das ist ein harter Verteilungskampf in Ber- lin, bei dem ein kleines Ost-Land wie Thüringen schnell untergebuttert wird. Für den Ausbau der Mitte-Deutschland-Verbindung habe ich vor 10 Jahren den Startschuss gesetzt. Hier konnte ich als Abgeordneter im Haushaltsausschuss 50 Millionen Euro durchsetzen.
Okay. Aber was ist denn nun neu?
Ich kämpfe zum Beispiel gerade dafür, dass ein neues Zentrum für Luft- und Raumfahrtforschung nach Jena kommt, weil wir gerade im Osten bei der Forschungsinfrastruktur noch Nachholbedarf haben. Außerdem setze ich mich dafür ein, dass Alleinerziehende endlich besser gestellt werden und der Unterhaltsvorschuss nicht schon mit dem 12. Lebensjahr des Kindes endet. Davon werden vor allem auch viele Frauen und Kinder in Thüringen profitieren.
Und was ist mit den Ostrentnern, die auf ihre Angleichung an das Westniveau warten? Müsste davon nicht auch schon etwas im nächsten Haushalt stehen?
Die CDU tritt leider beim Thema Ost-Renten auf die Bremse. Dabei ist es doch klar, dass wir bis 2020 – 30 Jahre nach der Einheit – endlich auch bei der Rente gleiches Recht in Ost und West brauchen. Weil es sich dabei um eine nationale Aufgabe handelt, ist für mich auch klar, dass dies aus Steuermitteln bezahlt werden sollte – und nicht aus der Rentenkasse. Das wird sich auch in der Finanzplanung für die kommenden Jahre abbilden.
Das Ziel der Angleichung der Lebensverhältnisse steht im Grundgesetz: Doch der Solidarpakt II läuft aus. Wie passt das zusammen?
Tatsächlich sinken jedes Jahr die Solidarpakt-Zuschüsse an Thüringen, 2019 fließt die letzte Rate. Für die Zeit danach müssen wir sicherstellen, dass auch weiterhin gleichwertige Lebensverhältnisse durch einen gerechten Länderfinanzausgleich erreich- bar sind. Bayern klagt ja dagegen. Der Bund ist bereit, einen fairen Anteil zu leisten . . .
. . . was den Ländern zu wenig ist. Sie wollen zehn Milliarden, plus Inflationsausgleich. Wichtiger als die Summe ist, wie das Geld künftig verteilt wird. Nach dem Vorschlag soll der Finanzausgleich abgeschafft werden und gerade die finanzstarken Länder wie Bayern würden strukturell besser dastehen. Dadurch geht die Schere weiter auseinander. Das ist unsolidarisch und falsch. Ich setze mich dafür ein, dass es auch künftig einen fairen Ausgleich gibt und wir gleichwertige Lebensverhältnisse erreichen können.