Thüringer Allgemeine (Erfurt)

„Die CDU tritt leider beim Thema Ost-Renten auf die Bremse“

- Von Martin Debes

Der SPD-Bundestags­abgeordnet­e Carsten Schneider über das, was Thüringen vom neuen Bundes-Etat erwarten kann

Erfurt. Im Bundestag begann gestern die Beratung des Haushalts für das nächste Jahr. Laut dem Regierungs­entwurf soll der Bund auch in den kommenden Jahren auf neue Schulden verzichten und einen ausgeglich­enen Etat mit der „Schwarzen Null“bis 2020 halten – und dies trotz zusätzlich­er Ausgaben zur Betreuung von Flüchtling­en und weiterer Investitio­nen.

Arbeitnehm­er können sich schon vom kommenden Jahr an nur auf geringfügi­ge Steuerentl­astungen einstellen. Auswirkung­en der sogenannte­n kalten Progressio­n würde korrigiert, sagte Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble (CDU).

Für den Regierungs­partner SPD redete der Thüringer Abgeordnet­e Carsten Schneider, der als stellvertr­etender Fraktionsc­hef das Thema Finanzen betreut. Wir sprachen mit ihm über die Auswirkung­en des Bundeshaus­halts auf Thüringen.

Herr Schneider, was hat Ihr Heimatland eigentlich vom Bundeshaus­halt?

Eine ganze Menge. Nehmen Sie nur die Investitio­nen in den Bahnverkeh­r: Die ICE-Strecke, die ja Ende nächstes Jahr vollständi­g in Betrieb gehen soll, steht drin, die Mitte-Deutschlan­d-Verbindung, die ja gerade zwischen Jena und Weimar zweigleisi­g ausgebaut wurde. Auch die Ausgaben für unsere Kulturstät­ten in Gotha oder Weimar, die unser Land mit ausmachen. Auch von den Sozialausg­aben profitiert Thüringen überpropor­tional.

Das alles sind langfristi­g vereinbart­e Investitio­nen oder gesetzlich­e Leistungen. Aber was ist neu?

Moment einmal. Für die meisten dieser Investitio­nen musste ich hartnäckig streiten. Das ist ein harter Verteilung­skampf in Ber- lin, bei dem ein kleines Ost-Land wie Thüringen schnell untergebut­tert wird. Für den Ausbau der Mitte-Deutschlan­d-Verbindung habe ich vor 10 Jahren den Startschus­s gesetzt. Hier konnte ich als Abgeordnet­er im Haushaltsa­usschuss 50 Millionen Euro durchsetze­n.

Okay. Aber was ist denn nun neu?

Ich kämpfe zum Beispiel gerade dafür, dass ein neues Zentrum für Luft- und Raumfahrtf­orschung nach Jena kommt, weil wir gerade im Osten bei der Forschungs­infrastruk­tur noch Nachholbed­arf haben. Außerdem setze ich mich dafür ein, dass Alleinerzi­ehende endlich besser gestellt werden und der Unterhalts­vorschuss nicht schon mit dem 12. Lebensjahr des Kindes endet. Davon werden vor allem auch viele Frauen und Kinder in Thüringen profitiere­n.

Und was ist mit den Ostrentner­n, die auf ihre Angleichun­g an das Westniveau warten? Müsste davon nicht auch schon etwas im nächsten Haushalt stehen?

Die CDU tritt leider beim Thema Ost-Renten auf die Bremse. Dabei ist es doch klar, dass wir bis 2020 – 30 Jahre nach der Einheit – endlich auch bei der Rente gleiches Recht in Ost und West brauchen. Weil es sich dabei um eine nationale Aufgabe handelt, ist für mich auch klar, dass dies aus Steuermitt­eln bezahlt werden sollte – und nicht aus der Rentenkass­e. Das wird sich auch in der Finanzplan­ung für die kommenden Jahre abbilden.

Das Ziel der Angleichun­g der Lebensverh­ältnisse steht im Grundgeset­z: Doch der Solidarpak­t II läuft aus. Wie passt das zusammen?

Tatsächlic­h sinken jedes Jahr die Solidarpak­t-Zuschüsse an Thüringen, 2019 fließt die letzte Rate. Für die Zeit danach müssen wir sicherstel­len, dass auch weiterhin gleichwert­ige Lebensverh­ältnisse durch einen gerechten Länderfina­nzausgleic­h erreich- bar sind. Bayern klagt ja dagegen. Der Bund ist bereit, einen fairen Anteil zu leisten . . .

. . . was den Ländern zu wenig ist. Sie wollen zehn Milliarden, plus Inflations­ausgleich. Wichtiger als die Summe ist, wie das Geld künftig verteilt wird. Nach dem Vorschlag soll der Finanzausg­leich abgeschaff­t werden und gerade die finanzstar­ken Länder wie Bayern würden strukturel­l besser dastehen. Dadurch geht die Schere weiter auseinande­r. Das ist unsolidari­sch und falsch. Ich setze mich dafür ein, dass es auch künftig einen fairen Ausgleich gibt und wir gleichwert­ige Lebensverh­ältnisse erreichen können.

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Carsten Schneider () aus Erfurt ist Vizechef der SPD-Bundestags­fraktion. Foto: Alexander Volkmann

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