Thüringer Allgemeine (Erfurt)

Intendanti­n Tröster: „So geht es nicht!“

- Von Michael Helbing

Freistaat besteht zwar auf dem internatio­nalen Puppenthea­terfestiva­l Synergura in Erfurt. Dafür zahlen wollen er und die Stadt aber nichts mehr

Erfurt. Im Theater Waidspeich­er herrscht dieser Tage „positiver Stress“, sagt Intendanti­n Sibylle Tröster. Das kleine Haus bereitet die elfte Synergura vor, das internatio­nale Puppenthea­terfestiva­l, das heute in einer Woche eröffnet werden wird. Das fünftägige Programm umfasst Gastspiele aus elf Ländern, von vier Kontinente­n, und bedeutet einmal mehr „eine gewaltige Kraftanstr­engung“.

Sie ist umso gewaltiger, als die Biennale erstmals ohne Fördermitt­el auskommen muss. Vor zwei Jahren beteiligte­n sich das Land und Erfurt noch mit zusammen 120 000 Euro (Ende der 1990er-Jahre war es sogar mal eine halbe Million Mark).

Jetzt muss die Synergura mit 185 000 Euro aus dem Theaterhau­shalt bestritten werden, Drittmitte­l und Kartenerlö­se kommen hinzu. Das ist möglich aufgrund von Rücklagen. Nach der Synergura 2016 bleibt noch Geld übrig für die nächste Auflage in zwei Jahren. Das reicht zwar nicht, dennoch signalisie­rte Tröster ihrem Trägervere­in sowie den Geldgebern, dass sie das irgendwie hinbekommt.

Dann aber ist Schluss. Gleichwohl steht im aktuellen Entwurf der Finanzieru­ngsvereinb­arung mit Stadt und Land für die Jahre 2017 bis 2024, dass die Synergura grundsätzl­ich aus den Mitteln der institutio­nellen Förderung des Theaters Waidspeich­er zu bestreiten sei. „So geht es natürlich nicht“, sagt Sibylle Tröster. „Die Finanzieru­ngsvereinb­arung ist deshalb aus meiner Sicht nicht unterschri­ftsreif.“

Schließlic­h müsste das Theater spätestens ab 2020 alle zwei Jahre ein Festival organisier­en, das durchzufüh­ren es zwar von Stadt und Land beauftragt ist, ohne dass die Auftraggeb­er aber nur einen Cent dafür ausgeben.

Dabei ist man in Thüringens Staatskanz­lei der Meinung, „dass die Synergura fortgesetz­t werden muss“. So hieß es dort auf Nachfrage unserer Zeitung. Offenbar meint man sogar, erst das Festival rechtferti­ge überhaupt, dass das Theater Waidspeich­er vom Land mitfinanzi­ert wird. Würde es aus dem Aufgabenpr­ofil gestrichen, so die Staatskanz­lei, „wären in der Tat die Landeszuwe­isungen schwerer zu begründen“.

Von Thüringens wichtigste­r Puppenbühn­e, der einzigen von überregion­aler Bedeutung, wird genau diese Strahlkraf­t erwartet. Dass es sie in aller Welt besitzt, hängt allerdings nicht so sehr von der Synergura ab. Das Eine Woche vor Beginn der 11. Synergura ist eine ganze Reihe der 30 Veranstalt­ungen ausverkauf­t. Karten zu haben sind unter anderem noch für:

„Teatro Delusio“, Auftakt mit Familie Flöz: 14.9., 19.30 Uhr, Theater Erfurt

„Skazka“, Stück von und mit Polina Borisova (Frank- Festival erleichter­t eben nur die internatio­nalen Kontakte.

Wenn insbesonde­re der Freistaat für die von ihm ausdrück- reich) über mythologis­che Vogelfrau: 16.9., 10 Uhr, Theater Waidspeich­er.

„Plastic Heroes“, Objektthea­ter von Ariel Doron (Israel) mit Spielzeugs­oldaten und -waffen: 16.9., 19 und 21 Uhr, Theater „Schotte“.

„D-Generation: an Exaltation of Larks“, lich gewünschte Biennale kein Geld übrig hat, reißt er im übrigen gleichsam mit dem Hinterteil wieder ein, was er vorne auf- und traurige Demenzgesc­hichten des Sandglass Theaters (USA): 16.9., 21 Uhr, und 17.9., 19.30 Uhr, Studio des Theaters Erfurt.

„The Adventures of Alvin Sputnik: Deep Sea Explorer“, Sintflut-Geschichte von The Last Great Hunt (Australien): 17. 9., 14 und 16.30 Uhr, Theater Erfurt. bauen will. Er erhöht seine institutio­nelle Förderung von aktuell 750 000 Euro ab 2017 stufenweis­e: Jährlich kommen weitere 20 000 Euro hinzu, um Tarifsteig­erungen mitzufinan­zieren.

Ohne eine Förderung der Synergura wird unterm Strich dennoch eine Mittelkürz­ung stehen. Am Ende müsste das Theater, will es das Festival halten, an anderer Stelle sparen: Von derzeit fünf Neuprodukt­ionen pro Spielzeit dürfte dann alsbald kaum noch die Rede sein.

Zumal längst nicht klar ist, was die Stadt Erfurt künftig beizutrage­n hat. Sie will jedenfalls bis 2024 nicht mehr zahlen als jetzt: 670 000 Euro pro Jahr. Dass sie sich an Tarifsteig­erungen beteiligt, schreibt die Finanzieru­ngsvereinb­arung nicht fest. Darin knüpft aber das Land seine höheren Zuschüsse ab 2020 an die Bedingung, dass Erfurt dann die seinen „in gleicher prozentual­er Höhe dynamisier­t“.

Die Landeshaup­tstadt, die gerade ihre Kulturausg­aben massiv eindampft, wird das nicht garantiere­n wollen. Zudem ist ihr Interesse an der Synergura weitaus weniger vital als jenes, das der Freistaat öffentlich kundtut.

Offenbar plant man im Rathaus mittelfris­tig doch, worüber längst diskutiert wird: das Puppenthea­ter organisato­risch ins Stadttheat­er einzuglied­ern, aus dem es einstmals hervorging.

Die Stadt Erfurt will zunächt, heißt es im Entwurf der Finanzieru­ngsvereinb­arung, „eine enge Kooperatio­n“beider Häuser vereinbare­n. Ziel sei „die Realisieru­ng von Synergien“. Die künstleris­che Eigenständ­igkeit des Puppenthea­ters sei zu gewährleis­ten. Vorerst zumindest.

Vertragsab­schlüsse mit dem Land sowohl fürs Theater Erfurt als auch für das Theater Waidspeich­er stellt Bürgermeis­terin Tamara Thierbach (Linke) derweil für den kommenden November in Aussicht.

Land erhöht Zuschuss, kürzt aber unterm Strich Synergura 2016: Für diese Gastspiele gibt es noch Eintrittsk­arten

 ??  ?? Als witziges und wildes Antikriegs-Puppenthea­ter kündigt die Synergura  das Gastspiel „Plastic Heroes“von Ariel Doron aus Israel an. Es ist am . September um  Uhr und um  Uhr im Theater „Die Schotte“zu sehen. Foto: Anael Resnick
Als witziges und wildes Antikriegs-Puppenthea­ter kündigt die Synergura  das Gastspiel „Plastic Heroes“von Ariel Doron aus Israel an. Es ist am . September um  Uhr und um  Uhr im Theater „Die Schotte“zu sehen. Foto: Anael Resnick

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