Intendantin Tröster: „So geht es nicht!“
Freistaat besteht zwar auf dem internationalen Puppentheaterfestival Synergura in Erfurt. Dafür zahlen wollen er und die Stadt aber nichts mehr
Erfurt. Im Theater Waidspeicher herrscht dieser Tage „positiver Stress“, sagt Intendantin Sibylle Tröster. Das kleine Haus bereitet die elfte Synergura vor, das internationale Puppentheaterfestival, das heute in einer Woche eröffnet werden wird. Das fünftägige Programm umfasst Gastspiele aus elf Ländern, von vier Kontinenten, und bedeutet einmal mehr „eine gewaltige Kraftanstrengung“.
Sie ist umso gewaltiger, als die Biennale erstmals ohne Fördermittel auskommen muss. Vor zwei Jahren beteiligten sich das Land und Erfurt noch mit zusammen 120 000 Euro (Ende der 1990er-Jahre war es sogar mal eine halbe Million Mark).
Jetzt muss die Synergura mit 185 000 Euro aus dem Theaterhaushalt bestritten werden, Drittmittel und Kartenerlöse kommen hinzu. Das ist möglich aufgrund von Rücklagen. Nach der Synergura 2016 bleibt noch Geld übrig für die nächste Auflage in zwei Jahren. Das reicht zwar nicht, dennoch signalisierte Tröster ihrem Trägerverein sowie den Geldgebern, dass sie das irgendwie hinbekommt.
Dann aber ist Schluss. Gleichwohl steht im aktuellen Entwurf der Finanzierungsvereinbarung mit Stadt und Land für die Jahre 2017 bis 2024, dass die Synergura grundsätzlich aus den Mitteln der institutionellen Förderung des Theaters Waidspeicher zu bestreiten sei. „So geht es natürlich nicht“, sagt Sibylle Tröster. „Die Finanzierungsvereinbarung ist deshalb aus meiner Sicht nicht unterschriftsreif.“
Schließlich müsste das Theater spätestens ab 2020 alle zwei Jahre ein Festival organisieren, das durchzuführen es zwar von Stadt und Land beauftragt ist, ohne dass die Auftraggeber aber nur einen Cent dafür ausgeben.
Dabei ist man in Thüringens Staatskanzlei der Meinung, „dass die Synergura fortgesetzt werden muss“. So hieß es dort auf Nachfrage unserer Zeitung. Offenbar meint man sogar, erst das Festival rechtfertige überhaupt, dass das Theater Waidspeicher vom Land mitfinanziert wird. Würde es aus dem Aufgabenprofil gestrichen, so die Staatskanzlei, „wären in der Tat die Landeszuweisungen schwerer zu begründen“.
Von Thüringens wichtigster Puppenbühne, der einzigen von überregionaler Bedeutung, wird genau diese Strahlkraft erwartet. Dass es sie in aller Welt besitzt, hängt allerdings nicht so sehr von der Synergura ab. Das Eine Woche vor Beginn der 11. Synergura ist eine ganze Reihe der 30 Veranstaltungen ausverkauft. Karten zu haben sind unter anderem noch für:
„Teatro Delusio“, Auftakt mit Familie Flöz: 14.9., 19.30 Uhr, Theater Erfurt
„Skazka“, Stück von und mit Polina Borisova (Frank- Festival erleichtert eben nur die internationalen Kontakte.
Wenn insbesondere der Freistaat für die von ihm ausdrück- reich) über mythologische Vogelfrau: 16.9., 10 Uhr, Theater Waidspeicher.
„Plastic Heroes“, Objekttheater von Ariel Doron (Israel) mit Spielzeugsoldaten und -waffen: 16.9., 19 und 21 Uhr, Theater „Schotte“.
„D-Generation: an Exaltation of Larks“, lich gewünschte Biennale kein Geld übrig hat, reißt er im übrigen gleichsam mit dem Hinterteil wieder ein, was er vorne auf- und traurige Demenzgeschichten des Sandglass Theaters (USA): 16.9., 21 Uhr, und 17.9., 19.30 Uhr, Studio des Theaters Erfurt.
„The Adventures of Alvin Sputnik: Deep Sea Explorer“, Sintflut-Geschichte von The Last Great Hunt (Australien): 17. 9., 14 und 16.30 Uhr, Theater Erfurt. bauen will. Er erhöht seine institutionelle Förderung von aktuell 750 000 Euro ab 2017 stufenweise: Jährlich kommen weitere 20 000 Euro hinzu, um Tarifsteigerungen mitzufinanzieren.
Ohne eine Förderung der Synergura wird unterm Strich dennoch eine Mittelkürzung stehen. Am Ende müsste das Theater, will es das Festival halten, an anderer Stelle sparen: Von derzeit fünf Neuproduktionen pro Spielzeit dürfte dann alsbald kaum noch die Rede sein.
Zumal längst nicht klar ist, was die Stadt Erfurt künftig beizutragen hat. Sie will jedenfalls bis 2024 nicht mehr zahlen als jetzt: 670 000 Euro pro Jahr. Dass sie sich an Tarifsteigerungen beteiligt, schreibt die Finanzierungsvereinbarung nicht fest. Darin knüpft aber das Land seine höheren Zuschüsse ab 2020 an die Bedingung, dass Erfurt dann die seinen „in gleicher prozentualer Höhe dynamisiert“.
Die Landeshauptstadt, die gerade ihre Kulturausgaben massiv eindampft, wird das nicht garantieren wollen. Zudem ist ihr Interesse an der Synergura weitaus weniger vital als jenes, das der Freistaat öffentlich kundtut.
Offenbar plant man im Rathaus mittelfristig doch, worüber längst diskutiert wird: das Puppentheater organisatorisch ins Stadttheater einzugliedern, aus dem es einstmals hervorging.
Die Stadt Erfurt will zunächt, heißt es im Entwurf der Finanzierungsvereinbarung, „eine enge Kooperation“beider Häuser vereinbaren. Ziel sei „die Realisierung von Synergien“. Die künstlerische Eigenständigkeit des Puppentheaters sei zu gewährleisten. Vorerst zumindest.
Vertragsabschlüsse mit dem Land sowohl fürs Theater Erfurt als auch für das Theater Waidspeicher stellt Bürgermeisterin Tamara Thierbach (Linke) derweil für den kommenden November in Aussicht.
Land erhöht Zuschuss, kürzt aber unterm Strich Synergura 2016: Für diese Gastspiele gibt es noch Eintrittskarten