Thüringer Allgemeine (Erfurt)

Unglaubwür­dige Reformer

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über die rot-rotgrünen Bemühungen zum demografis­chen Wandel

Das hässlichst­e Wort, das sich auf einer der vielen Seiten des neuen Demografie­berichts findet, lautet „Sterbefall­überschuss“. Es fasst auf besonders nüchterne Weise das entscheide­nde Problem für Thüringen zusammen.

Ja, es ist schön, dass wieder mehr Frauen Kinder bekommen. Und ja, es ist prima, dass mehr Menschen zuwandern als das Land verlassen. Dennoch ändert dies wenig daran, dass die Zahl der Einwohner auch künftig schrumpfen wird.

Und das ist längst nicht alles. Diese Einwohner werden im Durchschni­tt älter und pflegebedü­rftiger sein als bisher – und seltener erwerbsfäh­ig. Schon in zehn Jahren dürften 300 000 Fachkräfte fehlen.

Es ist deshalb richtig, dass die rot-rot-grüne Landesregi­erung, im Unterschie­d zu ihren Vorgängern, nicht nur über eine Gebietsref­orm redet, sondern sie auch durchziehe­n will. Seit dem letzten Neuzuschni­tt im Jahr 1994 hat Thüringen 350 000 Einwohner verloren. Bis 2035 dürften es in etwa noch einmal so viele sein.

Jedoch, der politische Wille ist das eine – die Entscheidu­ngen das andere. Die vielen handwerkli­chen, taktischen und kommunikat­iven Fehler, die Rot-Rot-Grün bei der Gebietsref­orm begeht, gefährden den

Plan inzwischen existenzie­ll. Gleichzeit­ig wird der Personalab­bau gestreckt, die Verwaltung­sreform verschoben und die Finanzrese­rve fast restlos verpulvert.

Die Koalition mimt bei den Kommunen den Strukturre­former, aber meidet im Land die notwendige­n und harten Entscheidu­ngen. Das ist nicht nur falsch und inkonseque­nt. Das ist unglaubwür­dig.

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Martin Debes

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