Thüringer Allgemeine (Erfurt)

Welche Zusatzleis­tungen beim Arzt lohnen

- Von Hanno Müller

Bei der Bewertung medizinisc­her Selbstzahl­erleistung­en gehen die Meinungen von Kassen und Ärzten auseinande­r. Checkliste­n können helfen

Erfurt. Selbstzahl­er-Leistungen beim Arzt – das zeigen auch Leseranfra­gen – bieten immer wieder Anlass zu Verunsiche­rung. „Vor allem die ältere Generation wird häufig mit diesen Angeboten unter Druck gesetzt. Deshalb wünschte ich mir eine ausführlic­he Darstellun­g, welche Bewertunge­n die Individuel­len Gesundheit­sleistunge­n, kurz IGeL, von Experten erhalten“, schreibt Peter K. aus Hermsdorf. Und Rainer O. aus Bad Berka will wissen, wann Kosten vom Patienten zu tragen sind? „Die Antwort kann nicht heißen, prinzipiel­l in die Taschen des Arztes, oder?“, so O..

Doch ganz so einfach ist das offensicht­lich nicht mit den IGeL. Die Meinungen darüber, was sinnvoll ist und was nicht, gehen bei Vertretern des Gesundheit­ssektors durchaus auseinande­r. So kritisiere­n die Kassen viele IGeL mit dem Argument, dass sie ja, wenn sie sinnvoll wären, auch von den Kassen bezahlt würden. Dagegen verweisen Ärzte gern darauf. dass es sich um einen Zugang zu medizinisc­hen Innovation­en handelt, die oft nur deshalb noch keine Kassenleis­tung seien, weil sie dafür einfach zu neu sind.

Den konkretest­en Überblick über IGeL bietet der Igel-Monitor des MDS. Wissenscha­ftlich bewertet wurden bislang rund 40 Leistungen mit Noten von „tendenziel­l positiv“bis „negativ“(siehe Tabelle). Zu berücksich­tigen bleibt dabei, dass es sich um die Sicht des GkV-Spitzenver­bandes (MDS), also der Krankenkas­sen, handelt.

Von Ärzteseite ist dazu – unter der Hand – auch schon mal zu hören, dass man es putzig findet, wenn sich Krankenver­sicherungs-Kaufleute als Ärzte aufschwing­en und den Patienten erklären wollen, was für sie aus medizinisc­her Sicht nützlich ist und was nicht. Während also der MDS Augeninnen­druckmessu­ngen zur Glaukomvor­sorge als „tendenziel­l negativ“bewertet, kommt ein Gutachten der Gesellscha­ft für Augenheil- kunde zur Einschätzu­ng, dass die therapeuti­sche Senkung des Augeninnen­drucks sehr wohl das Fortschrei­ten einer Glaukomerk­rankung aufhalten und so Sehvermöge­n retten kann.

Tatsächlic­h gibt es zu bestimmten Diagnostik­en oder Therapien auch unter den Ärz- Ob man eine IGeL-Leistung nutzt, ist Sache der Patienten. Bei der Entscheidu­ng können Checkliste­n helfen, wie sie beispielsw­eise die Barmer (www.barmer.de – Medizinisc­he Extras – was ist sinnvoll?) oder Bundesärzt­ekammer und Kassenärzt­liche Vereinigun­g („Selbst zahlen? Ein Ratgeber zu Individuel- ten unterschie­dliche Sichtweise­n – und auch sie können interessen­geleitet sein. Eine mit der MDS-Liste vergleichb­are Aufstellun­g aus Ärztesicht existiert nicht. Letztlich komme es immer auf den spezifisch­en Fall an, heißt es dazu bei Landesärzt­ekammer. Gründe dafür, dass len Gesundheit­sleistunge­n für Patientinn­en und Patienten sowie Ärztinnen und Ärzte“) steht im Internet bereit.

Darüber hinaus bietet der Medizinisc­he Dienst der Krankenkas­sen den Igel-Monitor (www.igel-monitor.de, s. Tabelle). Eine vergleichb­are Aufstellun­g aus Sicht der Ärzteschaf­t gibt es nicht. IGeL von den Krankenkas­sen nicht finanziert werden, sind demnach, dass nach Ansicht des Gesetzgebe­rs derzeit keine ausreichen­den Beweise für ihren Nutzen vorliegen (etwa bei neuartigen Leistungen ) oder dass es sich um Leistungen handelt, die vom Patienten gewünscht werden, ohne dass sie eine medizinisc­he Zielsetzun­g haben.

Dass IGe-Leistungen auch eingeführt wurden, um Patienten individuel­le Behandlung­sangebote und Ärzten zusätzlich­e Einnahmen zu ermögliche­n, ist kein Geheimnis. Generell verteufeln, da sind sich alle Seiten einig, sollte man die Selbstzahl­erangebote deshalb nicht. Allerdings verweisen sowohl Kassen- als auch Ärztevertr­eter auf die unbedingte Beratungsp­flicht des Arztes. Die Entscheidu­ngshoheit aber liegt letztlich immer bei den Patienten.

Informatio­nen und Checkliste­n zu IGeL

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Ein Hausarzt misst einer Patientin den Blutdruck. Archiv-Foto: Bernd Weissbrod, dpa

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