Leipzig im Wechselbad der Gefühle
Nach dem 2:2 in Augsburg fällt allen Beteiligten eine Bewertung des Ergebnis schwer. Trainer Hasenhüttl ist mit dem Punkt zufrieden
Augsburg. Ralph Hasenhüttl ist nicht nur ein Meister seines Fachs. Er beherrscht auch die Kunst der schnellen Umdeutung von Ereignissen. Immer im Sinn: die eigene Glückseligkeit. Kaum war das Spiel gegen den FC Augsburg am Freitagabend vorüber, ein 2:2 (1:1) mit dem Geschmack, zwei Punkte verloren zu haben, weil Leipzig dieses Spiel weitgehend dominiert und zwischenzeitlich 2:1 geführt hatte, resümierte der Trainer von RB Leipzig die Geschehnisse.
Unglücklich sei das Ganze, meinte er. 0:1 hinten gelegen durch einen Sonntagsgeschoss, ausgeglichen mit ein Lehrbuchtor, geführt nach einer Ecke, und doch das Patt kassiert, weil die eigene Abwehr mit den Gegnern Pingpong spielte. Aber, so Hasenhüttl, „Wenn wir als Aufsteiger mit einem solchen Punkt nicht leben könnten, dann hätten wir ein Problem.“ So kann man das sehen, niemand bei intaktem Verstand würde wohl widersprechen. Hasenhüttl aber hatte sich auch vor dem Spiel einem kleinen Seitenrand-Interview zur Verfügung gestellt. Und gesagt, solche Spiele, die leicht scheinen auf dem Papier wegen der 21 Punkte Unterschied, seien Lakmus-Duelle. Sie zeigten, wer ein Topteam sei oder wer über seinem Vermögen spiele. Hasenhüttl meinte, keine Welle habe die Liga-Novizen auf Rang zwei gespült, sondern man sei mit Talent und Substanz empor gestiegen. Ergo: Spitzenmannschaft.
Zwischen beiden Einschätzungen lagen 92 Feldminuten, die keinen Zweifel daran ließen, dass Hasenhüttl unbedingt recht hatte. Mit beiden Selbstzuschreibungen. RB spielte in Augsburg wie ein Aufsteiger – und wie ein Champions-LeagueAspirant. Je nach Treffer-Modus. RB hatte 67 Prozent Ballbesitz und spielte über die weiten Strecken des Spiels Favoritenfußball gegen ein klug erbautes Fünf-Mann-Bollwerk im Mittelfeld und eine Dreierkette dahinter, die mit Biss und Verve presste, grätschte und sich raufte.
Trotzdem hatten die Gäste Lösungen parat. Der erste Treffer war wie einstudiert. Keita spielte einen Messerpass zwischen die Augsburger Dreierkette, Timo Werner nahm ab und traf zum 14. Mal in dieser Spielzeit (19.). Das 2:1 erzielte Marvin Compper nach einer Ecke von Emil Forsberg (52.), es war bereits sein zweites Tor in dieser Saison. Ein mögliches 3:1 verschenkten die Leipziger aber leichtfertig. „Wir hatten den Sieg auf dem Fuß“, sagte Marcel Halstenberg, „und kassieren dann so ein Tor. Wir sind schon enttäuscht.“
Abwehrbollwerk zweimal geknackt