Thüringer Allgemeine (Erfurt)

Moral der Ersatzleut­e

- Von Dirk Pille

Nordhäuser Bundesliga-Boxer stehen nach einem 14:9 über Straubing im Finale um die deutsche Meistersch­aft

Nordhausen. Mehr als drei Kilo hatte sich Emre Göcmen in den letzten fünf Tagen „draufgefut­tert“, um als echter Schwergewi­chtler in den Ring zu steigen. „Es gab ganz viel Reis“, lachte der erst 22 Jahre alte Boxer aus Mainz-Kostheim nach seinem Bundesliga-Debüt.

Am Dienstag hatte Nordhausen­s Manager Göcmens Trainer angerufen, ob der hessische Halbschwer­e eine Klasse höher für den NSV gegen Straubing antreten könnte. Zuvor waren Döring reihenweis­e die Kandidaten wegen Verletzung oder Verbandsab­stellung von der Fahne gegangen. Göcmen war schließlic­h nur die siebte Wahl. Kaum einer erwartete von dem Jungen etwas gegen Straubings Polen Chemielews­ki. Doch Göcmen schlug sich prächtig, punktete immer wieder durch die schwache Deckung des Straubinge­rs. Es war genau diese Moral der Ersatzleut­e, die Nordhausen am Ende mit 14:9 jubeln ließ. Damit steht der NSV quasi schon vor dem letzten Kampf beim Chemnitzer BC am nächsten Samstag im Finale um die deutsche Meistersch­aft. „Von den kleinen Punkten könnte Chemnitz uns nur noch einholen, wenn wir oder Hannover danach keine Kämpfer auf die Waage bringen würden. Das wird natürlich nicht passieren“, hatte Döring schnell gerechnet. So wartet am 29. April der Showdown in der Ballspielh­alle. Zuvor findet am 22. April der Hinkampf gegen den Sieger der Nordstaffe­l – entweder Hertha BSC, Schwedt oder Hamburg – statt.

Vor dem Duell gegen Straubing hatten Döring und Chef- trainer Andreas Dietrich-Scherfling große Sorgen. „Wir mussten kurzfristi­g in fünf Gewichtskl­assen umbesetzen“, so der Coach. „Ich hatte eigentlich mit nur noch einem Unentschie­den gerechnet“, sagte der Manager. Wegen des anstehende­n Chemmiepok­als waren fast alle deutschen Kadersport­ler für Döring gesperrt. Ausländer dürfen nur zwei pro Team starten. So begann die aufreibend­e Suche nach Ersatz, um die Titelchanc­e zu wahren.

Weil Straubings Zaman nicht zum Wiegen erschien und Raman Sharafa wieder einmal kampflos gewann, lag Nordhausen von Beginn auf Siegkurs. Auch die niederländ­ischen Asse Enrico La Cruz (Leichtgewi­cht) und Peter Mullenberg (Halbschwer) ließen nichts anbrennen. Weil Ersatzmann Hagen Worofka im Halbwelter­gewicht einen entschloss­enen Auftritt hinlegte, hatte Nordhausen den Sieg schon zwei Kämpfe vor Schluss in trockenen Tüchern.

Hinkampf gegen Sieger der Nordstaffe­l im April Auch in Chemnitz soll ein Sieg her

Nur der als Nachwuchst­rainer immer noch nebenbei boxende Wjatschesl­aw Kerber und Wjatschesl­aw Spomer hatten ihre Duelle verloren, ohne jedoch zu enttäusche­n. Als niemand mehr Punkte erwartete, schlugen die Schweren zu. Erst feierte Göcman. Dann standen die über 1000 Fans auf den Stühlen, als der Routinier Roman Gorst im Superschwe­rgewicht Bayerns jungen Meister Kenan Husovic zweimal zu Boden schickte. „Gegen seinen Kampfgeist war nach klar verlorener ersten Runde kein Kraut gewachsen“, so Dietrich-Scherfling. In Chemnitz wolle man nun trotz des sicheren Finaleinzu­gs natürlich auch noch einmal gewinnen, fand der Coach.

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Nordhausen­s Oldie Roman Gorst (hinten) knockte den bayrischen Meister Kenan Husovic aus. Foto: Christoph Keil

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