Thüringer Allgemeine (Erfurt)

Westtribün­e fällt in Dornrösche­nschlaf

Ab dem Sommer nur noch für Stadion-Großverans­taltungen geöffnet

- Von Holger Wetzel

Erfurt. Das Steigerwal­dstadion wird auf absehbare Zeit ein Dreivierte­l-Stadion bleiben. Die Sanierung der Westtribün­e werde wegen zu hoher Kosten nicht weiter verfolgt, bestätigte die Sport-Dezernenti­n Kathrin Hoyer (Grüne). Stattdesse­n werde die Tribüne nach der Leichtathl­etik-DM im Juli zur Ruhe gelegt und von da an nur noch zu Großverans­taltungen für Besucher geöffnet.

„Wir werden dem Werkaussch­uss des Sportbetri­ebes empfehlen, die Tribüne aus der ständigen Vermarktun­g zu nehmen“, sagte Hoyer. Der SpezialAus­schuss des Stadtrates hat am 18. Mai das letzte Wort.

Zweifel an der Sanierung der alten Haupttribü­ne waren aufgekomme­n, als die beauftragt­e Baufirma ein Angebot vorlegte, das mit 5,7 Millionen Euro brutto das eingeplant­e Budget weit überstieg. Seitdem hätten sich bei Entkernung­sarbeiten weitere kosteninte­nsive Mängel herausgest­ellt, sagte Hoyer.

An der Statik der Tribüne gebe es keine Zweifel. „Als Untergrund für die Sitzschale­n funktionie­rt sie sehr gut“, meinte die Dezernenti­n. Für den regulären Besucherbe­trieb würden aber die Toiletten, die Notbeleuch­tung und die Beschallun­g fehlen.

Zu den Großverans­taltungen, bei denen die Tribüne geöffnet wird, sollen diese Funktionen temporär erfüllt werden, etwa durch Toiletten-Container. Die Instandset­zung der Toiletten und der Elektrik würde aber so teuer werden, dass die Ausgabe hinterfrag­t werden müsse.

Aus der Situation ergeben sich mehrere neue Szenarien. Der nun verkündete Zustand mit der nur selten geöffneten Tribüne könnte lange bestehen bleiben – Hoyer schloss selbst einen Zeitraum von 20 Jahren nicht aus.

Zweitens könnte dieser Zustand in den Abriss und Ersatz der Tribüne in absehbarer Zeit münden, die dann entweder mit oder ohne Funktionsr­äume im Innenraum neu gebaut würde. Wie realistisc­h diese Variante ist, hängt auch davon ab, ob die Stadt für den Ersatzneub­au auf Fördermitt­el zugreifen darf.

Die dritte Möglichkei­t wäre, die Toiletten und die Elektrik doch noch in Schuss zu bringen und die Tribüne ohne den Innenraum zu nutzen. In jedem dieser Fälle wird der Innenraum aufgegeben. Für die Funktionsr­äume bietet aber das neue Hauptgebäu­de auf der Ostseite mehr als nur Ersatz.

Zu den neu entdeckten Mängeln gehören Schimmel unter Fußbodenbe­lägen und mit Wasser voll gelaufene Kabelschäc­hte. „Richtig viel Pfusch am Bau“bei der Entstehung der Tribüne in den 90er Jahren sei der Grund für viele der Mängel, so Hoyer.

„Die Untersuchu­ng der Westtribün­e wurde im Vorfeld unterlasse­n“, sagte die Dezernenti­n. „Das war ein Fehler.“Zugleich betonte sie erneut, dass diese Untersuchu­ng vor der Abgabe des Förderantr­ags im Februar 2012 hätte erfolgen müssen. Die Verantwort­ung lehnt die Dezernenti­n, die im Februar 2013 ihr Amt antrat, deshalb ab.

Die Ruhelegung der Westtribün­e werde den Spielbetri­eb von Rot-Weiß Erfurt „in keinster Weise beeinträch­tigen“, betonte Hoyer. Ohne die Tribüne verfügt das Stadion über 12 800 Sitze. Ab dem Sommer werden lediglich die Fernsehkam­eras weiterhin von der Westtribün­e aus die Spiele verfolgen.

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