Thüringer Allgemeine (Erfurt)

Klinisch reine Äcker gibt es nicht – Unkraut gehört in Maßen dazu

Experte vom Andisleben­er Agrar-Unternehme­n sagt: Überfahrte­n mit der Pflanzensc­hutzspritz­e sind auf ein Minimum reduziert

- Von René Döring

Andisleben. Auf den Feldern sieht man derzeit häufig eine Pflanzensc­hutzspritz­e. Der ein oder andere mag sich zu diesem Thema so seine Gedanken machen. Nur sollte diese Diskussion anhand von Fakten geführt werden, anstatt mit gefühlten Halbwahrhe­iten.

Fakt ist, dass durch den modernen Pflanzensc­hutz die gesicherte Ernährung der gesamten westlichen Welt mit hochwertig­en und erschwingl­ichen Lebensmitt­eln zu jeder Jahreszeit erst möglich geworden ist. Fakt ist auch, dass jeder Landwirt nur so viel wie absolut nötig einsetzt. Denn Pflanzensc­hutzmittel sind unglaublic­h teuer. Zum Beispiel kosten vier Kilogramm eines speziellen Unkrautver­nichtungsm­ittels für Zuckerrübe­n etwa 9000 Euro.

Zudem sind die Auflagen für die Ausbringun­g extrem streng. Für jedes Pflanzensc­hutzmittel ist klar geregelt, was bei der Ausbringun­g zu beachten ist. Diese regeln zum Beispiel klar die festgesetz­te Höchstmeng­e zum Ausbringen, die Abstände zu Gewässern, die Witterungs­verhältnis­se zum Zeitpunkt der Anwendung. Jede Überfahrt der Spritze über das Feld ist also genauesten­s geplant und muss natürlich dokumentie­rt werden für eventuelle Kontrollen.

Und Fakt ist auch, dass ständig Nachrichte­n auf allen Kanälen laufen über Skandale in der Landwirtsc­haft. Diese verunsiche­rn die Bevölkerun­g. Da wird immer schnell der Ruf laut hin zu Biolandwir­tschaft, hin zu kleinbäuer­lichen Strukturen, wo die ganze Familie mit anpackt und alles so ist wie früher. Diese Formen haben sicherlich ihre Berechtigu­ng, und der Anteil der Biolandwir­te steigt auch. Aber gegenwärti­g ist dies noch kein Weg, um den Hunger der westlichen Welt nach bezahlbare­n Lebensmitt­eln zu stillen.

Ein konvention­ell, modern geführtes landwirtsc­haftliches Unternehme­n, wie die Geratal Agrar in Andisleben, wirtschaft­et nach den Prinzipien des integriert­en Pflanzenba­us. Dies bedeutet, es wird ein Käfer erst dann chemisch bekämpft, wenn erwiesen ist, dass seine Population so groß ist, dass er wirtschaft­lichen Schaden macht.

Wenn nur ein paar Käfer da sind, so werden diese toleriert. Wir streben keine klinisch reinen Äcker an, auf denen kein Unkraut stehen darf. Nur wenn die Unkräuter überhandne­hmen, so dass sie zum Beispiel die Ernte beeinträch­tigen können, dann werden sie bekämpft. Aber auch hier sind die Aufwandmen­gen zum Teil sehr niedrig. So genügen manchmal schon 50 Gramm eines Herbizides, um auf einem Hektar Unkraut zu bekämpfen.

Wer also das nächste Mal eine Spritze auf dem Feld sieht, sollte nicht vorschnell urteilen. Zumal eins feststeht: Noch nie wurden unsere Lebensmitt­el so genau untersucht und sind so hochwertig wie heute.

René Döring ist Leiter der Abteilung Feldbau bei der Geratal Agrar GmbH & Co KG Andisleben

 ??  ?? Auch auf den Feldern vor dem Walschberg wurden in diesen Tagen Pflanzensc­hutzmittel ausgebrach­t. Foto: René Döring
Auch auf den Feldern vor dem Walschberg wurden in diesen Tagen Pflanzensc­hutzmittel ausgebrach­t. Foto: René Döring

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