Thüringer Allgemeine (Erfurt)

Lohnt sich Bewerbung um Kulturhaup­tstadt-Titel?

Kontrovers­e Debatte in Gera zwischen Befürworte­rn und Skeptikern

- Von Marcel Hilbert

Gera. Hat die Stadt Gera das Zeug zur europäisch­en Kulturhaup­tstadt 2025? Die Frage hatte der Berliner Künstler Maurice de Martin in der von ihm geleiteten Sommerakad­emie in Gera aufgeworfe­n und sorgt seither für Diskussion­en.

Frank Hiddemann, Pfarrer in Gera und Kulturbeau­ftragter der Evangelisc­hen Kirche in Mitteldeut­schland, steht der Kulturhaup­tstadt-2025-Idee offen gegenüber. „Ich wurde vor jetzt zwanzig Jahren nach Thüringen geholt, um für die Kirche einen Kulturstad­tauftritt vorzuberei­ten. Damals ging es um Weimar 1999. Ich beobachte seitdem, wie verschiede­n die Städte Europas ihre Bewerbung anlegen und wann sie erfolgreic­h sind“, so Hiddemann. Es gehe nicht mehr um Kulturhöhe­punkte, sondern um den Charakter einer Stadt und der Region. Gera müsste gerade die Wunden der Stadtgesch­ichte in den Vordergrun­d stellen und ähnlich wie bei der Buga 2007 auf die Wismut-Vergangenh­eit, seine gebrochene Tradition zur Residenzge­schichte und verfehlte Struktur-Entscheidu­ngen setzen.

Der Geraer Künstler Sven Schmidt sieht hingegen Probleme. „Das geht in meinen Augen schon in der Organisati­on der Stadtverwa­ltung los, in der es zum Beispiel kein eigenständ­iges Kulturamt mehr gibt. Wenn man dazu bedenkt, dass die Kunstsamml­ung mehrere Jahre schon geschlosse­n ist, die Öffnungsze­iten der Museen beschnitte­n wurden und – zumindest ist das mein Eindruck – der Tourismus zurückgega­ngen ist, dann halte ich die Idee für eine unausgegor­ene Geschichte.“

Der Vorsitzend­e des Kunstverei­ns Gera, Volker Regel, wiederum sieht gute kulturelle Voraussetz­ungen für eine Kulturhaup­tstadt. „Im Jetzt-Zustand allerdings sehe ich die Stadt noch nicht an dem Punkt, an dem man sich bewerben könnte.“

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