Im Gänsemarsch am Brunnen vorbei
Man mag es gar nicht laut aussprechen: Während Thüringen im Regen ertrinkt, quält Rom eine Hitzewelle. Die Verwaltungen von Stadt und Region planen drastische Maßnahmen, seit das Niveau des Braccianer Sees, von dem Rom mit Trinkwasser gespeist wird, offenbar 160 Zentimeter unter den Normalstand gesunken ist. Jetzt soll womöglich stundenweise das Wasser abgestellt werden. Auch die berühmten Brunnen sollen nicht mehr rauschen. Man stelle sich das nur vor, die Piazza Navona ohne das Sprudeln des Vier-Ströme-Brunnens. Am Trevi-Brunen wird es schwer, eine Münze hineinzuwerfen. Ohnehin gelten dort seit Dienstag neue Benimm-Regeln. Seit 9 Uhr wacht dort ein Verein pensionierter Carabinieri, dass die Touristen im Gänsemarsch an dem Brunnen vorbeiziehen.
Nun hat auch der Vatikan seine Brunnen abgestellt. Die Entscheidung der Vatikanstaatsleitung betreffe sowohl die Springbrunnen auf dem Petersplatz als auch Zierbrunnen in den Vatikanischen Gärten und im übrigen Staatsgebiet, meldete Radio Vatikan.
Die Durchschnittstemperatur im Juni lag 3,22 Grad über dem Mittelwert von 1971 bis 2000, übertroffen nur von der Hitzeperiode 2003, dem heißesten Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen. Ich war damals in Rom und kann mich an die Schlagzeilen erinnern. Die Tageszeitung „La Repubblica“schaffte es, mir einen heimatlichen Seufzer zu entlocken, indem sie auf die Titelseite schrieb: Der heißeste Juni seit Goethe in Rom war. Das war im Jahre 1787 – eine lange Zeit, und damals gab es noch keine Klimaanlagen.
Insofern sollten wir dem Regen nicht grollen. Auch in Erfurt wird die Sonne wieder scheinen. Am neuen Angerbrunnen tummeln sich die Menschen. Angesichts der Debatte um ein Alkoholverbot auf dem Anger könnte man hier Rom folgen und pensionierte Polizisten als Wächter einsetzen – mit der alten Melodie der VP: Bürger, den Ausweis bitte!