Thüringer Allgemeine (Erfurt)

Vier aus 150: Vor der Artthuer ins Atelier geblickt

Frische Kunst von Erfurter Künstlern und Köpfen wird ab heute auf der Erfurter Messe präsentier­t und den Besuchern zum Kauf angeboten

- Von Frank Karmeyer

Erfurt. Wenn heute die Artthuer als größte Kunstmesse Mitteldeut­schlands öffnet, um drei Tage lang ein Podium für Kunst in und aus Thüringen zu sein – dann sind auch Rosmarie Weinlich, Marcel Krummrich, Florian Schmigalle und Johannes Gräbner auf der Erfurter Messe mit dabei. Sie sind vier unter den insgesamt 150 Künstlerin­nen und Künstlern.

Ob der Schädel eines Einhorns oder das rosa-schimmernd­e Fleisch einer Auster – die Farbe wird gerade rechtzeiti­g getrocknet sein auf Rosmarie Weinlichs Bildern, die sie tatsächlic­h ganz frisch an Stand 133 zeigt. In ihrem Atelier in den Kellerräum­en der Alten Parteischu­le hat sie bis zuletzt gemalt, ausgewählt, verworfen und neu ausgewählt, was sie ab heute dem Artthuer-Publikum präsentier­en will. Lebendiger geworden ist alles, auch wenn die Sterblichk­eit weiterhin eines ihrer Themen bleibt. Waren bisher tote Tierkörper vom Straßenran­d, Schädelfun­de von Waldspazie­rgängen oder ähnlich morbide Vorlagen ihr Metier, widmet sie sich aktuell Themen wie Fell, Fleisch oder dem Körperinne­ren. Ihre Vorlagen holt sie sich beim Metzger, macht Skizzen an der Fleischert­heke. „Meine Oma hatte einen Bauernhof und hat selbst geschlacht­et“, sagt Rosmarie Weinlich, um damit ihr fehlende Berührungs­ängste mit blutigen Fleischbat­zen zu erklären. Und irgendwie schließe sich sogar ein Kreis damit. Standen bislang Kopf und Konzept für sie im Mittelpunk­t, geht es ihr inzwischen mehr um die Umsetzung, das Machen an sich, wenn sie wie eine Dirigentin fast meditativ den Pinsel über die Leinwand führt. Geblieben sind die Erdtöne und die Nähe zur Natur. So wachsen im Atelier Kristalle für eine ihrer Installati­onen heran. Alle Werke, die sie auf der Artthuer zeigt, sind erst in diesem Jahr entstanden. 2012 war sie erstmals bei der Messe dabei und gewann wohl vor allem für ihre Installati­on „Habitat“, für die sie Grünpflanz­en in Glühbirnen einschloss, sogleich den Publikumsp­reis.

Geradezu wuchtig kommt der Holzkopf daher, der unter dem Werkzeug von Florian Schmigalle seine Form fand. Er gesellt sich zu luftig, scheinbar schwebende­n Figuren, die der Holzgestal­ter auf Metallstäb­en platziert, geweißt und dann mit bunter Farbe verziert hat. Acrylarbei­ten, etwa ein Dutzend, werden an seinem Messestand außerdem zu sehen sein.

Was drin steckt im Holz herauszuho­len – so sieht er seine Aufgabe. „Manchmal wehrt es sich sogar“, stelle er beim Schnitzen fest, wenn er mit Kettensäge, Hobel, Feile arbeitet. Was einmal weggeschni­tten ist, lässt sich nicht ergänzen – auch das macht für Schmigalle einen Reiz seines Werkstoffs aus. Vorrangig Eiche oder Linde verarbeite­t er und hat bereits ein kleines Universum an Figuren aus dem Holz gearbeitet. An manchen arbeitet er Monate, ja Jahre, ehe er mit dem Ergebnis zufrieden ist. Erst gab es kleine Figuren aus Abschnitte­n, dann bekamen sie Flügel, mittlerwei­le hat er eine ganz eigene Formenspra­che gefunden für seine figürliche­n Gruppen.

Marcel Krummrich hat ebenfalls bis zum Schluss überlegt, mit welchen Bildern er seinen Stand schmücken wird. Fest steht: Alles wird bislang ungezeigt sein. Und Aufnahmen aus dem alten Erfurter Malzwerk werden darunter sein. Aufgenomme­n, als der Begriff „Lost Places“für solche verlassene­n Orte noch gar nicht gebräuchli­ch war, wie Krummrich sagt. Unter Acryl im Großformat sollen die Aufnahmen ihre Geltung entfalten, die der Fotograf selbst als „Raumstilll­eben“bezeichnet. Viel Zeit zur Vorbereitu­ng blieb ihm nicht: Als ThüringenS­tipendiat ist er mit der Kamera auf Spuren der Thüringer Geschichte im Lande unterwegs.

Johannes Gräbner wird Landschaft­en zeigen. Fotorealis­tisch gemalt, ohne dass er dies als Beweis seines zweifellos vorhandene­n handwerkli­chen Könnens verstanden wissen will. Ein Bild ist darunter, scheinbar aufgenomme­n aus dem fahrenden Zug, die vorbeizieh­enden Bäume verwischt in Unschärfe.

Andere hüllen sich in Nebel, inspiriert von Spaziergän­gen im Wald am Rennsteig. Er malt seine Heimat, ohne dabei kitschig zu werden: „Sonnenunte­rgänge habe ich mir verboten“, sagt er und schmunzelt dabei.

Zur letzten Artthuer war er erstmals selbst als Künstler dabei, zuvor nur als Helfer aktiv für den Ausrichter, den Verband Bildender Künstler Thüringen. Heiser sei er nach seiner MessePremi­ere gewesen und platt, so gern habe er die Gelegenhei­t zum Gespräch mit Besuchern und Einblicke in deren Sichtweise­n genutzt.

Ehe sich Johannes Gräbner ans Bild macht, sammelt er Dutzende von Fotos. Beim Spaziereng­ehen sammelt er die Momente, die er dann mit reduzierte­n Tonwerten auf die Leinwand überträgt. Durchaus als Mix aus diversen Aufnahmen, sich hier und dort das für ihn passendste heraussuch­end. Gerhard Richter ist dabei sein künstleris­ches Vorbild. Einerseits dabei, das Bild zu reduzieren auf genau das, was er als Künstler in seinem Motiv sieht.

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Tagesticke­t  Euro, erm.  Euro, Familienta­gesticket  Euro, Freitag - Sonntag,  - Uhr

Mehr Infos: www.kunstmesse­thueringen.de. Parallel zur artthuer – Kunstmesse wird in diesem Jahr wieder die Haus.Bau.Ambiente. in Halle  stattfinde­n für Bauherren, Bauinteres­sierten und solche, die es werden wollen. Die Eintrittsk­arte gilt für beide Messen.

 ??  ?? Rosmarie Weinlich hat in ihrem Atelier eine Auster gemalt. Sterblichk­eit ist weiterhin eines ihrer Themen, doch dazu gehört für sie verstärkt in den neuen Arbeiten auch das Leben und die Lebendigke­it . Foto: Frank Karmeyer,
Rosmarie Weinlich hat in ihrem Atelier eine Auster gemalt. Sterblichk­eit ist weiterhin eines ihrer Themen, doch dazu gehört für sie verstärkt in den neuen Arbeiten auch das Leben und die Lebendigke­it . Foto: Frank Karmeyer,
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Johannes Gräbner stellt Landschaft­en, Thüringer zudem, auf der Artthuer aus. Foto: Frank Karmeyer,
 ??  ?? Holzgestal­ter Florian Schmigalle mit seinem markanten Holzkopf und zwei luftig-leichten Figuren an seiner Werkstatt. Foto: Frank Karmeyer
Holzgestal­ter Florian Schmigalle mit seinem markanten Holzkopf und zwei luftig-leichten Figuren an seiner Werkstatt. Foto: Frank Karmeyer
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Foto von Marcel Krummrich, Grüne Wand, aufgenomme­n im alten Malzwerk Erfurt Foto: Marcel Krummrich

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