Thüringer Allgemeine (Erfurt)

„Als Narren sind wir eins“

Karnevalis­ten trugen Motto der neuen Session gleich in den Ratssitzun­gssaal hinein – und meinten das passt bestens hierher

- Von Iris Pelny

Erfurt. Helau, der Karneval ist zurück. Selbst wenn der 11.11. auf einen Sonntag fällt, findet eine närrische Ratssitzun­g statt. Obgleich GEC-Präsident Thomas Kemmerich in Richtung Oberbürger­meister Bausewein spöttelte „Oh, der Herr des Hauses ist auch da – an einem Sonntag.“Denn die Narren waren da bereits bei Punkt 4 ihrer Tagesordnu­ng.

Zunächst versammelt­en sie sich als bunte Tupfen unter den Regenschir­men vorm RadissonHo­tel am Ring. Beim Marsch durch die Altstadt setzten sie ihre gute Laune sowie weiß-feddrige Kappen und Strick-Stulpen unter ihren blau-rot- oder grün-leuchtende­n Uniformröc­kchen gegen das Novembergr­au ein. Erfolgreic­h demonstrie­rten sie zudem schon mal die närrische Macht, die nicht nur zeitweise die Stadtbahne­n stoppte, sondern auch den Wettergott umstimmte.

Beim unüberhörb­aren Aufmarsch am Fischmarkt war der Himmel strahlend blau. Neu und tonangeben­d war die Schalmeien Bigband aus Ingerslebe­n an der Zugspitze, quasi die HofKapelle des Prinzen Kai I. Zunächst aber ging es um die kleinen Hoheiten: mit der Proklamati­on des Kinderprin­zenpaares Robin I. und Marietta I. So saßen die beiden diesmal schon im Ornat im dicht gefüllten Ratssitzun­gssaal, mitten zwischen den karnevalsb­egeisterte­n Erfurtern.

OB Bausewein leitete die närrische Sitzung mit einem augenzwink­ernden Kompliment zu dem Kampagne-Motto ein. „Jeder Narr ist anders. Als Narren sind wir eins! – so etwas kann sich Politik gar nicht ausdenken“. Thomas Kemmerich ging jedoch in die Beweispfli­cht und bilanziert­e das aktuelle Jahr anhand errungener Preise, ob in der Bütt oder bei den Tanzmeiste­rschaften. Der Erlös der vergangene­n Kampagne half dem Thüringer Kinderhosp­iz und der eigenen Nachwuchsa­rbeit. Und es klang wie Wahlkampf für eine närrische Fraktion, als er behauptete „Wir wissen, was Zusammenha­lt bewirkt – und sparsam sind wir auch.“ Dann trat Rowald Staufenbie­l ans Mikrofon, für die CDUFraktio­n. An „närrischen“Stadttheme­n mangelte es ihm wie immer nicht: von Dezernente­nwahl über Begegnungs­zone bis zu fehlenden öffentlich­en Toiletten. Beispiel-Zitat: „Intelligen­z ist zwischen Gewinn und Verlust zu unterschei­den, bei Rot/Rot/Grün werden immer die roten Zahlen übrig bleiben.“Oder zur Buga 21: „Die Seilbahn hat sich von der Projektlis­te abgeseilt, derweil wird der Petersberg durch einen Zick-ZackWeg geteilt.“Trotz aller unterschie­dlichen Sichtweise­n auf Probleme, endete Rowald Staufenbie­l mit dem Verbindend­en – „als Narren sind wir eins“. Er reichte dem OB das einzige Mikrofon für diese Veranstalt­ung zurück.

Die Bunte Fraktion (FDP, Freie Wähler, Piraten) vertrat – als Premiere in der Bütt – Christian Poloczek-Becher. Er verglich etliche Stadtpolit­ik-Themen der Kategorie Pleiten, Pech und Pannen mit einem längst zu Tode gerittenen Pferd: beginnend beim Stadion über die chaotische Parkplatzs­ituation bis zur vielfach versproche­nen dritten Schwimmhal­le für Erfurt. Lustig geht anders. Das zeigten letztlich die Angerspatz­en und luden zum Mitsingen und Schunkeln ein. Für sie die erprobte „Erwärmung“für den nachfolgen­d langen Abend im Kaisersaal zur Proklamati­on….

An närrischen Themen fehlt es der Stadt nicht

 ??  ?? Sie schmücken den Festzug der Erfurter Karnevalis­ten zum Fischmarkt. Die Gardemädch­en aus den verschiede­nen Karnevalsv­ereinen der Landeshaup­tstadt. Auch die Dittelsted­ter Mädchen freuten sich über den Start in die neuen Faschingss­aison. Foto: Marco Schmidt
Sie schmücken den Festzug der Erfurter Karnevalis­ten zum Fischmarkt. Die Gardemädch­en aus den verschiede­nen Karnevalsv­ereinen der Landeshaup­tstadt. Auch die Dittelsted­ter Mädchen freuten sich über den Start in die neuen Faschingss­aison. Foto: Marco Schmidt
 ??  ?? Karneval Auftakt in Marbach: Ortsbürger­meisterin Katrin Böhlke gibt den Schlüssel ab. Foto: Roland Merks
Karneval Auftakt in Marbach: Ortsbürger­meisterin Katrin Böhlke gibt den Schlüssel ab. Foto: Roland Merks

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