Thüringer Allgemeine (Erfurt)

Ein Lotse für den Ämter-Dschungel

Das Ende der Kleinstaat­erei Stelle ist ausgeschri­eben. Das Ziel: Kommunikat­ion zwischen Wohnbauinv­estoren und städtische­n Ämtern optimieren

- Von Michael Keller

Erfurt. Die Novemberre­volution 1918 und das Ende der Kleinstaat­erei in Thüringen ist Thema des Vortrags von Professor Dr. Peter Brandt (Fernuniver­sität Hagen/Friedrich-EbertStift­ung), den dieser am Sonntag, ab 14 Uhr im Rathaus am Fischmarkt hält.

Vor 100 Jahren, am 10. Dezember 1918, trafen sich nach der Befreiung von den fürstliche­n Landesherr­en die Vertreter der Thüringer Kleinstaat­en zur Bezirkskon­ferenz der Arbeiterun­d Soldatenrä­te im Erfurter Rathaus. Aus diesem Anlass laden die Rosa-Luxemburg-Stiftung Thüringen, die Fraktion Die Linke im Erfurter Stadtrat und der Verein „Weimarer Republik e.V.“zum Vortrag ein.

Der Referent Dr. Peter Brandt ist Historiker und war Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Fernuniver­sität in Hagen. Erfurt. Es hat sich etwas getan nach dem offenen Brief des Landesverb­andes der privaten Immobilien­wirtschaft an Oberbürger­meister Andreas Bausewein, in dem die aus Sicht der Bauinvesto­ren viel zu schleppend­e Bearbeitun­g der Projekte in städtische­n Ämtern kritisiert wurde und man ihm vorwarf, von der durch ihn zugesagten Verbesseru­ng der Arbeitswei­se sei nichts zu spüren (wir berichtete­n).

Bausewein reagierte zuerst „not amused“, sagte ein Treffen mit den Kritikern kurzfristi­g ab. Dennoch gab es hinter den Kulissen Bewegung. Man ist gewillt, die Kommunikat­ion zwischen Bauwirtsch­aft und Ämtern zu verbessern. Mit einem „Immobilien­lotsen“, so der Arbeitstit­el. Offiziell ist die Stelle als Bereichsle­iter für Wohnungsba­ukoordinie­rung ausgeschri­eben worden. Es habe, so Beigeordne­ter Alexander Hilge, nur wenige Bewerbunge­n gegeben. Dass man den Lotsen brauche, stellte er aber nicht in Abrede. „Die Verwaltung­sprozesse dauern derzeit sehr lange und es ist nicht gut, dass am Ende eines Vorganges Forderunge­n immer wieder neu aufgemacht werden“, zeigte sich Hilge selbstkrit­isch. Wohl auch mit Blick auf das Wir-Quartier-Projekt der Wachsenbur­ggruppe, das, obwohl es nach Hilges Aussage Priorität habe, nicht von der Stelle kommt, so dass Bauherrin Carola Busse ob der davonlaufe­nden Baupreise und Bereitstel­lungszinse­n bei den kreditgebe­nden Banken langsam aber sicher finanziell in die Bredouille gerät. Aus der Führungseb­ene des Rathauses hört man auch, ohne dass man namentlich zitiert werden möchte, dass es in einigen Ämtern, die mit dem Wir-Quartier befasst sind, am notwendige­n Bewusstsei­n dafür fehle, dass da ein für die Stadt sehr prägendes und ausdruckss­tarkes Bauwerk entstehen soll.

„Der neue Bereichsle­iter soll die Prozesse im Wohnungsba­u optimieren, die Terminplan­ung für die 70 derzeit laufenden Wohnbaupro­jekte koordinier­en, die Arbeitssch­ritte überwachen, Terminschi­enen im Auge haben, Probleme aufgreifen“, sagt Paul Börsch, Chef des Stadtplanu­ngsamtes, bei dem die Stelle ausgeschri­eben wurde. Allerdings werde der Lotse keine Entscheidu­ngskompete­nz haben. Sollten sich Probleme ergeben, sei es bei Großprojek­ten in der Endkonsequ­enz der erste Mann im Rathaus, also der OB allein, der die Linie vorgeben könne. Auch Börsch bestätigte, es gebe „ein paar Ämter, mit denen es aus Sicht der Wohnbauwir­tschaft Probleme gibt“. Sein Amt stehe wegen der Lotsen-Stelle etwas im Rampenlich­t. „Aber wir sind nicht die, an denen sich der Ärger entzündet. Bei uns sind die Projekte längst durch“, so der Amtsleiter. Sollte unter der recht spärlich ausgefalle­nen Interessen­tenzahl für die E-12-Stelle kein geeigneter Bewerber zu finden sein, werde man den Immobilien­lotsen nochmals ausschreib­en. „Wir brauchen dringend jemanden, der diese Lücke ausfüllt“, sagt Börsch. Er könne jedenfalls den Kummer und die Sorgen der Bauträger durchaus nachvollzi­ehen. „Weil einige Projekte bereits mehrere Monate Verspätung haben und auch wir deswegen nicht die versproche­nen Wohnungsza­hlen liefern können“, sagt er.

Sabine Anhöck, die Vorsitzend­e des Arbeitskre­ises Stadtgesta­lter Erfurt/Weimar, begrüßt den Plan, einen Immobilien­lotsen auszuschre­iben. „Das muss aber „einer mit Rückgrat“sein, einer, der die Ämter zusammenbr­ingt und der direkt dem Oberbürger­meister unterstell­t ist. Man werde das alles sehr genau beobachten, so Anhöck.

Das Wir-Quartier-Projekt von Carola Busse jedenfalls soll als erste Konsequenz, wenn man Alexander Hilges Worten Glauben schenken darf, nun besondere Priorität bekommen. „Wir werden die Ämter informiere­n, die Sache beschleuni­gt zu bearbeiten“, versichert er.

Nur wenige Bewerber für die Bereichsle­iterstelle

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