Ein Lotse für den Ämter-Dschungel
Das Ende der Kleinstaaterei Stelle ist ausgeschrieben. Das Ziel: Kommunikation zwischen Wohnbauinvestoren und städtischen Ämtern optimieren
Erfurt. Die Novemberrevolution 1918 und das Ende der Kleinstaaterei in Thüringen ist Thema des Vortrags von Professor Dr. Peter Brandt (Fernuniversität Hagen/Friedrich-EbertStiftung), den dieser am Sonntag, ab 14 Uhr im Rathaus am Fischmarkt hält.
Vor 100 Jahren, am 10. Dezember 1918, trafen sich nach der Befreiung von den fürstlichen Landesherren die Vertreter der Thüringer Kleinstaaten zur Bezirkskonferenz der Arbeiterund Soldatenräte im Erfurter Rathaus. Aus diesem Anlass laden die Rosa-Luxemburg-Stiftung Thüringen, die Fraktion Die Linke im Erfurter Stadtrat und der Verein „Weimarer Republik e.V.“zum Vortrag ein.
Der Referent Dr. Peter Brandt ist Historiker und war Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Fernuniversität in Hagen. Erfurt. Es hat sich etwas getan nach dem offenen Brief des Landesverbandes der privaten Immobilienwirtschaft an Oberbürgermeister Andreas Bausewein, in dem die aus Sicht der Bauinvestoren viel zu schleppende Bearbeitung der Projekte in städtischen Ämtern kritisiert wurde und man ihm vorwarf, von der durch ihn zugesagten Verbesserung der Arbeitsweise sei nichts zu spüren (wir berichteten).
Bausewein reagierte zuerst „not amused“, sagte ein Treffen mit den Kritikern kurzfristig ab. Dennoch gab es hinter den Kulissen Bewegung. Man ist gewillt, die Kommunikation zwischen Bauwirtschaft und Ämtern zu verbessern. Mit einem „Immobilienlotsen“, so der Arbeitstitel. Offiziell ist die Stelle als Bereichsleiter für Wohnungsbaukoordinierung ausgeschrieben worden. Es habe, so Beigeordneter Alexander Hilge, nur wenige Bewerbungen gegeben. Dass man den Lotsen brauche, stellte er aber nicht in Abrede. „Die Verwaltungsprozesse dauern derzeit sehr lange und es ist nicht gut, dass am Ende eines Vorganges Forderungen immer wieder neu aufgemacht werden“, zeigte sich Hilge selbstkritisch. Wohl auch mit Blick auf das Wir-Quartier-Projekt der Wachsenburggruppe, das, obwohl es nach Hilges Aussage Priorität habe, nicht von der Stelle kommt, so dass Bauherrin Carola Busse ob der davonlaufenden Baupreise und Bereitstellungszinsen bei den kreditgebenden Banken langsam aber sicher finanziell in die Bredouille gerät. Aus der Führungsebene des Rathauses hört man auch, ohne dass man namentlich zitiert werden möchte, dass es in einigen Ämtern, die mit dem Wir-Quartier befasst sind, am notwendigen Bewusstsein dafür fehle, dass da ein für die Stadt sehr prägendes und ausdrucksstarkes Bauwerk entstehen soll.
„Der neue Bereichsleiter soll die Prozesse im Wohnungsbau optimieren, die Terminplanung für die 70 derzeit laufenden Wohnbauprojekte koordinieren, die Arbeitsschritte überwachen, Terminschienen im Auge haben, Probleme aufgreifen“, sagt Paul Börsch, Chef des Stadtplanungsamtes, bei dem die Stelle ausgeschrieben wurde. Allerdings werde der Lotse keine Entscheidungskompetenz haben. Sollten sich Probleme ergeben, sei es bei Großprojekten in der Endkonsequenz der erste Mann im Rathaus, also der OB allein, der die Linie vorgeben könne. Auch Börsch bestätigte, es gebe „ein paar Ämter, mit denen es aus Sicht der Wohnbauwirtschaft Probleme gibt“. Sein Amt stehe wegen der Lotsen-Stelle etwas im Rampenlicht. „Aber wir sind nicht die, an denen sich der Ärger entzündet. Bei uns sind die Projekte längst durch“, so der Amtsleiter. Sollte unter der recht spärlich ausgefallenen Interessentenzahl für die E-12-Stelle kein geeigneter Bewerber zu finden sein, werde man den Immobilienlotsen nochmals ausschreiben. „Wir brauchen dringend jemanden, der diese Lücke ausfüllt“, sagt Börsch. Er könne jedenfalls den Kummer und die Sorgen der Bauträger durchaus nachvollziehen. „Weil einige Projekte bereits mehrere Monate Verspätung haben und auch wir deswegen nicht die versprochenen Wohnungszahlen liefern können“, sagt er.
Sabine Anhöck, die Vorsitzende des Arbeitskreises Stadtgestalter Erfurt/Weimar, begrüßt den Plan, einen Immobilienlotsen auszuschreiben. „Das muss aber „einer mit Rückgrat“sein, einer, der die Ämter zusammenbringt und der direkt dem Oberbürgermeister unterstellt ist. Man werde das alles sehr genau beobachten, so Anhöck.
Das Wir-Quartier-Projekt von Carola Busse jedenfalls soll als erste Konsequenz, wenn man Alexander Hilges Worten Glauben schenken darf, nun besondere Priorität bekommen. „Wir werden die Ämter informieren, die Sache beschleunigt zu bearbeiten“, versichert er.
Nur wenige Bewerber für die Bereichsleiterstelle