Zwischen Jubel und Frust
Deutsche Handball-Frauen freuen sich auf die EM-Hauptrunde. THC-Kapitänin Luzumova verletzt
Erfurt. Ein Umzug ist immer auch mit Stress verbunden. Aber diesmal haben die deutschen Handball-Frauen mit einem entspannten Lächeln im Gesicht ihre Koffer gepackt. „Wir können frei aufspielen. Utopisch ist nichts“, sagte Emily Bölk vom Thüringer HC, nachdem das 30:28 im letzten Vorrundenspiel der EM in Frankreich den Einzug in die Hauptrunde ebnete. Gestern nun reiste die Mannschaft um Bundestrainer Henk Groener von Brest nach Nancy, wo schon am heutigen Freitag das erste Hauptrundenspiel gegen Spanien (18 Uhr) ansteht. „Wir wollen, müssen aber nicht gewinnen“, sagte der 58-Jährige, der im gleichen Atemzug alle Medaillenträume abwehrt. „Bei Träumen gibt es meistens ein böses Erwachen“, sagte Groener.
Beim Thüringer HC war man indes hin- und hergerissen nach dem deutschen Triumph gegen den WM-Viertelfinalisten Tschechien. Denn während Emily Bölk, Alicia Stolle, Ina Großmann und Meike Schmelzer nun mit der deutschen Auswahl als Handballerinnen weiter reifen können, bangt der deutsche Meister um seine wichtigste Spielerin. THC-Kapitänin und Tschechiens Spielmacherin Iveta Luzumova nämlich musste in der 17. Minute vom Feld, nachdem sie sich eine Verletzung am linken Ellenbogen zugezogen hatte.
„Es sieht nicht so gut aus. Iveta konnte die Nacht nach dem Spiel kaum schlafen. Wenn sie länger ausfällt, wäre das für uns der Super-Gau“, sagte THCCheftrainer Herbert Müller, der mit seiner Mannschaft am 27. Dezember in Halle die Bundesliga-Saison fortsetzt. Am heutigen Freitag soll die Verletzung der Bundesliga-Torschützenkönigin der vergangenen Saison in der Erfurter Sportklinik genau diagnostiziert werden. Röntgenbilder und eine MRT-Untersuchung werden dann einen exakten Aufschluss geben.
Just als Luzumova auf der Bank behandelt wurde, drehte die deutsche Mannschaft das Spiel und schaffte damit doch noch den Hauptrunden-Einzug. „Unser Physiotherapeut hat mir den Ellenbogen in der Halbzeit getapt, aber ich war nicht mehr bei 100 Prozent“, sagte Luzumova sichtlich geknickt: „Es war schwierig, weiterzuspielen, weil ich Schmerzen hatte. Aber wir haben gesagt, dass ich es im Angriff zumindest probiere. Abwehr konnte ich nicht mehr.“
Ihre Vereinskolleginnen im deutschen Trikot strahlten nach dem Schlusspfiff gegen Tschechien derweil über das ganze Gesicht. Zu den herausragenden Spielerinnen dieser Begegnung zählte Meike Schmelzer mit einer Wurfquote von 100 Prozent. Die 25-Jährige war mit sieben Toren die beste deutsche Werferin und erzielte mit dem Treffer zum zwischenzeitlichen 24:20 (48.) einen Meilenstein dieser Partie. „Als Kreisläuferin kann ich nur gut spielen, wenn mich der Rückraum in Szene setzt“, sagte Schmelzer bescheiden: „Natürlich freue ich mich, dass ich der Mannschaft mit sieben Toren helfen konnte.“
Für die neu formierte Mannschaft mit sechs Turnier-Debütantinnen war der Hauptrunden-Einzug ein erster Schritt in Richtung Weltspitze. Bei der Auslosung für die Play-Off-Spiele um die WM-Teilnahme 2019 in Japan ist Deutschland in Topf eins dabei und trifft dadurch auf einen vermeintlich leichteren Gegner. Gelänge der Nationalmannschaft bei dieser EM eine Medaille, wäre sie automatisch bei der Weltmeisterschaft dabei.
An all das aber denken die Spielerinnen nicht. Nach dem überraschenden Vorrundensieg gegen Norwegen geht die deutsche Auswahl mit 2:2 Punkten in die Hauptrunde, wo neben Spanien auch Ungarn (Sonntag, 15 Uhr) und der WM-Dritte Niederlande (Mittwoch, 21 Uhr) die weiteren Gegner sind.
Nach dem vorzeitigen EMAus hat sich Iveta Luzumova indes längst entschieden, wem ihre Sympathien gelten. „Ich hoffe, dass Deutschland eine gute Leistung abrufen kann“, sagte die Tschechin. Beim Thüringer HC drückt man aber vor allem die Daumen, dass Luzumova trotz ihrer Verletzung heute Entwarnung geben kann.
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