Pendlern droht Streikwelle vor dem Fest
Bundesweiter Ausstand der Gewerkschaft EVG am Montag betrifft S-Bahnen, Regional- und Fernverkehr. Weitere Streiks könnten folgen
Berlin. An das Streikjahr 2015 denken viele Bahnfahrer noch immer mit Schrecken zurück. Anfang Mai erlebte Deutschland 127 Stunden Streik im Personenverkehr. Es war der bis dato längste Streik in der Geschichte der Deutschen Bahn AG. Und nun ausgerechnet die Vorweihnachtszeit: Nach den geplatzten Tarifverhandlungen mit der Deutschen Bahn am Sonnabend hat die Eisenbahnund Verkehrsgewerkschaft (EVG) zu bundesweiten Warnstreiks aufgerufen: „Der Ausstand wird bundesweit am Montagmorgen von 5 Uhr bis 9 Uhr dauern“, sagte ein Sprecher der EVG. Der Ausstand werde sowohl S-Bahnen, Regional- und Fernverkehr als auch die Güterbahn betreffen. Die Auswirkungen würden sich in den Tag hineinziehen.
Die Bahn erwartet, dass der Zugverkehr im ganzen Land „stark beeinträchtigt“werden dürfte. Um die Auswirkungen für die Kunden „so gering wie möglich zu halten“soll die Fahrgast-Betreuung aufgestockt werden. Im Fernverkehr sollen zudem alle für Montag gekauften Tickets bis Dienstag gültig bleiben, teilte die Bahn mit. Für bestimmte Spartickets werde zudem die Zugbindung aufgehoben. Im Fall von Reiseabsagen wegen des Streiks sind Erstattungen von Tickets und Reservierungen geplant.
Einen besseren Zeitpunkt hätte sich die EVG aus ihrer Sicht für den Arbeitskampf nicht aussuchen können. Mit dem Fahrplanwechsel am Wochenende wurde das Angebot an Zugverbindungen vielerorts ausgebaut. Dieser Kraftakt wird nun empfindlich gestört. Die Kunden sind genervt, weil mit dem Fahrplanwechsel eine Preiserhöhung einhergeht. Im Durchschnitt kosten die Tickets knapp ein Prozent mehr. Der Flexpreis erhöhte sich um 1,9 Prozent.
Offen ist, ob die anstehenden Warnstreiks zu einer Beilegung des Tarifstreits führen oder den Reisenden und Pendlern in der Weihnachtszeit weitere Ausstände drohen. Denn auch die Lokführergewerkschaft GDL behält sich vor, ihre noch nicht erfüllten Forderungen mit Arbeitskampfmaßnahmen zu untermauern. Doch zunächst will der GDL-Vorsitzende, Claus Weselsky, weiterverhandeln. Am Dienstag trifft er sich erneut mit den Arbeitgebern.
Sollte sich die Tarifrunde 2018 jedoch „als ganz großes Kino herausstellen“, so Weselsky, werde die GDL umgehend und ungewöhnlich reagieren. „Plötzlich könnte dem gesamten Zugpersonal einfallen, dass es tarifvertraglich zu keinerlei Überstunden verpflichtet ist“, warnt er die Arbeitgeber. Da der Bahn derzeit 5800 Leute fehlen, vor allem Lokführer, hätte dies beträchtliche Auswirkungen.
So weit wird es nach Einschätzungen aus Verhandlungskreisen wohl nicht kommen. Aufseiten der Bahn heißt es, in den wesentlichen Punkten seien beide Seiten einig. Dabei geht es vor allem um das Personal, verträgliche Pausen- und Schichtregelungen. Offen ist laut GDL aber ein Angebot für die Lohnsteigerung. Auch in der vierten Runde habe die Bahn kein konkretes Angebot vorgelegt. Weselsky fordert wie die EVG 7,5 Prozent mehr Lohn. Zusammen vertreten beide Gewerkschaften 160.000 Bahnbeschäftigte.
Ein aus Sicht der EVG ungenügendes Lohnangebot führte am Sonnabend nach dreitägigen Verhandlungen zum Abbruch der Gespräche durch die EVG. Nach Angaben der Beteiligten boten die Arbeitgeber eine Einmalzahlung von 500 Euro sowie 5,1 Prozent mehr Lohn in zwei Schritten bei einer Laufzeit von 29 Monaten an. Zudem ist das Unternehmen nach eigenen Angaben bereit, die betriebliche Altersvorsorge zu verbessern und den Beschäftigten erneut die Wahlmöglichkeit zwischen mehr Geld oder mehr Freizeit einzuräumen.
Das reicht der größeren Bahngewerkschaft nicht. „Am Ende fehlte aus unserer Sicht ein Prozent mehr“, sagte die Verhandlungsführerin, Regina RuschZiemba. Die EVG werde erst dann weiterverhandeln, wenn die Bahn ein neues, verbessertes Tarifangebot vorlege. „Die Streikbereitschaft ist relativ hoch“, betont EVG-Sprecher Uwe Reitz. Bahn-Vorstand Martin Seiler sprach dagegen von einer „völlig überflüssigen Eskalation“. Die Bahn habe alle Forderungen der EVG erfüllt.
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Betroffene können sich an folgende kostenlose Rufnummer der Bahn wenden: .