Kann „Superfrans“Europas Sozialdemokraten retten?
Timmermans ist Spitzenkandidat der EU-Sozialdemokraten
Brüssel. Es sieht nicht gut aus für die Sozialdemokraten in Europa: Bei der EU-Parlamentswahl im Mai 2019 könnten die linken Volksparteien die großen Verlierer sein – Prognosen sagen ihnen nur noch 20 Prozent der Stimmen in der EU voraus, nach einer Reihe von nationalen Wahldesastern, bei denen Sozialdemokraten wie in Frankreich regelrecht pulverisiert wurden. Doch jetzt will einer der führenden EU-Politiker das Blatt für die Genossen wenden: Der Niederländer Frans Timmermans ist Spitzenkandidat der europäischen Sozialdemokraten, auf einem Parteitag in Lissabon wurde er am Wochenende ohne Gegenkandidat nominiert. Der 57-Jährige, der bei einem Wahlsieg Präsident der EU-Kommission werden könnte, gilt als erste Wahl für die Genossen und Hoffnungsträger auch der deutschen SPD: Timmermans ist bislang schon zweiter Mann in der EU-Kommission nach Präsident Jean-Claude Juncker, als „Superfrans“ist er dort der Mann für die schweren Fälle. Er war in den Niederlanden Minister und Diplomat. Und er ist ein leidenschaftlicher Europäer, der sieben Sprachen spricht, darunter auch hervorragend Deutsch.
In Lissabon rüttelte er seine Genossen auf: „Das sind keine gewöhnlichen Wahlen, diesmal geht es um die Seele Europas.“Timmermans will die EU gegen Rechtspopulismus und Nationalismus verteidigen – auch mit einem „neuen sozialen Vertrag mit den Bürgern der EU“. Zu viele Europäer fühlten sich abgehängt, das müsse geändert werden. Europäische Arbeitslosenversicherung, europaweiter Mindestlohn, eine neue Steuerpolitik, Umverteilung sind seine Stichworte: „Wir dürfen nicht die Leute vergessen, die in der Krise viel verloren haben. Die brauchen wieder Hoffnung.“Für diese Leute wolle er „der Hoffnungsträger sein“. Die Genossen sind euphorisch: „Mit Timmermans werden wir eine große Kampagne fahren“, schwärmt der Fraktionschef der Sozialdemokraten im EU-Parlament, der Deutsche Udo Bullmann.
In der EU-Kommission ist Zimmermann unter anderem für den Streit zuständig, den die EU mit Polen und Ungarn austrägt, wegen deren Justizreformen und Rechtsstaats-Verletzungen. Als Vizepräsident hat er maßgeblich den EU-Flüchtlingsdeal mit der Türkei mit ausgehandelt. Zu seinen Aufgaben gehört es, die Regulierungswut der Kommission zu begrenzen.