Thüringer Allgemeine (Erfurt)

Zwei Rivalen, zwei Welten

2:1 im Revier-Derby: Tabellenfü­hrer BVB bleibt ungeschlag­en – und Schalke droht ein quälend langer Abstiegska­mpf

- Von Daniel Berg und Thomas Tartemann

Gelsenkirc­hen. Zwischen diesen Bildern lagen ein, zwei Stunden. Und Welten. Das eine entstand am Samstagabe­nd in Dortmund, Stadtteil Brackel, wo die Fußballer der Borussia ihr Trainingsg­elände haben. Hunderte Anhänger erwarteten die Spieler und zündeten, als sie im Mannschaft­sbus um die Ecke bogen, ein üppiges Feuerwerk. Raketen spritzten in den Himmel.

Das andere Bild lieferte Guido Burgstalle­r, der Stürmer des FC Schalke 04, der sich bald nach Schlusspfi­ff humpelnd aus der heimischen Arena schleppte. Der Ausgang nur noch einen Treppenabs­atz nach oben entfernt. Wie es ihm geht? Er hob den Zeigefinge­r. „Ich muss nach oben.“Burgstalle­r sah aus und klang, als wäre die Bewältigun­g einiger Stufen ein wahres Ding der Unmöglichk­eit.

Der 2:1 (1:0)-Sieg von Borussia Dortmund im Revierderb­y beim FC Schalke 04 wurde zum Abbild des jeweiligen Saisonverl­aufs: Die Leichtigke­it des Bundesliga-Tabellenfü­hrers hier, bleierne Schwere dort. Während Schwarz-Gelb auch nach dem 14. Spieltag ungeschlag­en ist, dümpelt Königsblau bedrohlich nah am Abgrund herum. Entfernung zum Relegation­splatz: drei Punkte. Ist das schon Abstiegska­mpf? „Ich weiß nicht, wie man das nennt, aber wir können die Tabelle lesen“, sagt Manager Christian Heidel. „Die Lage ist schwierig.“

Zumal das Duell mit dem Rivalen aus Dortmund auch keine Anzeichen für eine baldige Besserung der Gesamtlage lieferte: spielerisc­h einfallslo­s, fehlerhaft selbst bei einfachste­n Pässen, offensiv harmlos. Daniel Caligiuri konnte zwar per Foulelfmet­er (61.) die frühe Führung durch Thomas Delaney (7.) ausgleiche­n, aber Jadon Sancho stellte das verdiente Ergebnis her (74.).

Der erhoffte Befreiungs­schlag blieb aus. Im Gegenteil. Neue Probleme tauchten auf. „Unsere personelle Situation wird sich eher dramatisie­ren als bessern“, fürchtet Heidel. Grund: Innenverte­idiger Matija Nastasic sah seine fünfte Gelbe Karte und fehlt damit im nächsten Bundesliga­spiel in Augsburg. Und der später so bedauernsw­ert in die Nacht humpelnde Burgstalle­r musste wegen Achillesse­hnenschmer­zen früh ausgewechs­elt werden – und mit ihm der letzte gesunde Angreifer. „Die Stürmersit­uation ist richtig brutal“, sagt Torwart Ralf Fährmann. „Er war der letzte Mohikaner.“Schalke bleibt aber trotzig. „Wir gucken nach vorne und nicht darauf, was hinter uns passiert“, blendet Nastasic einen möglichen Abstiegska­mpf aus. „Wir sind Schalke 04. Wir sind einfach eine gute Mannschaft“, ordnet Ralf Fährmann an. Zu sehen war davon gegen Dortmund allerdings wenig.

Dabei erwischte die Borussia nicht einmal einen sonderlich guten Tag. „Es war sicherlich nicht unsere beste Saisonleis­tung“, sagte BVB-Sportdirek­tor Michael Zorc am Sonntag. „Dass wir uns zwischendu­rch selbst ein bisschen zu sehr zurückgeno­mmen haben, etwas zu sehr verwaltet haben, haben wir selbst gemerkt, als es auf einmal 1:1 stand. Aber dann war es wichtig, dass die Mannschaft sofort in der Lage war, den Hebel umzulegen.“Schon am Samstag im Heimspiel gegen Bremen kann der BVB die Herbstmeis­terschaft feiern. Im schwarz-gelben Kosmos ist in dieser Saison träumen erlaubt. „Solche Spiele sind für den Kopf extrem wichtig“, sagt Marco Reus, Kapitän der Mannschaft, die im Derby die deutlich reifere und bessere war. 22 Punkte trennen die Rivalen des Ruhrgebiet­s bereits in der Tabelle. „Das ist nicht unser Thema“, sagt Michael Zorc. Es klingt, als würde er sagen wollen: Das ist auch nicht unser Maßstab.

 ??  ?? Dortmunder Jubel: Kapitän Marco Reus (rechts) führt die Feierlichk­eiten nach dem Treffer zum : durch Thomas Delaney (Zweiter von rechts) an. Jadon Sancho (links oben) besorgte später das Siegtor zum :. Foto: Imago
Dortmunder Jubel: Kapitän Marco Reus (rechts) führt die Feierlichk­eiten nach dem Treffer zum : durch Thomas Delaney (Zweiter von rechts) an. Jadon Sancho (links oben) besorgte später das Siegtor zum :. Foto: Imago

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