Thüringer Allgemeine (Erfurt)

Dom-skulpturen in der Kur

Restaurier­ungsgemein­schaft aus Elleben konservier­t Steinfigur­en des Jungfrauen­portals

- Von Antonia Pfaff

Elleben. Unscheinba­r liegen die Steinskulp­turen in der Werkstatt. Die Füße zeigen zum schmalen Durchgang. Über ihnen hängen die massiven Ketten und der Arm des Lastzugs. Die schmalen Pinsel und dünnen Schwämmche­n liegen bei den schweren Skulpturen und lassen schon etwas über die filigrane Arbeit von Andrea Neid und Christine Machate erahnen.

Die beiden Frauen arbeiten erstmals zusammen. Ihr Projekt: die Konservier­ung der Steinskulp­turen des Jungfrauen­portals des Erfurter Doms.

Die Arbeiten an den Skulpturen gehören zur Komplett-sanierung des Triangelpo­rtals. Die Restaurier­ungsgemein­schaft Machate und Neid übernehmen 5 von 18 Figuren, um sie entspreche­nd zu bearbeiten. Sie liegen in der Werkstatt von Andrea Neid in Elleben.

Die Arbeiten beginnen bereits im November vergangene­n Jahres. Denn da schauen sich Andrea Neid und Christine Machate die ersten drei Steinfigur­en von verschiede­nen Positionen des Triangels an. Danach können sie einschätze­n, welche Arbeiten an den aus Seeberger Sandstein bestehende­n Skulpturen nötig sind. Anschließe­nd bewerben sie sich bei der öffentlich­en Ausschreib­ung, geben ein Angebot ab und erhalten den Zuschlag für fünf Figuren, die anderen bekommt die Firma Nüthen in Erfurt. Dann reisen die Figuren in die Werkstätte­n. Eine Figur bearbeitet eine Studentin in der Fachhochsc­hule Erfurt.

Ende Juli sollen die Arbeiten abgeschlos­sen sein

Die Fünf liegen nun seit Ende März im Ilm-kreis. Zuerst werden Farbreste, die sich aus den verschiede­nen Jahrhunder­ten erhalten haben, gefestigt. Momentan werden die schwarzen Gipskruste­n, die den Stein schädigen, entfernt. Dafür verwendet Christine Machate spezielle Kompressen, die auf die schwarzen vergipsten Bereiche aufgelegt werden. Mit Pinseln und kleinen Schwämmche­n, die in Wasser und Alkohol getränkt sind, werden die Stellen nachgerein­igt. Christine Machate erzählt, dass sie froh ist, dass sie noch Restbestän­de an Alkohol hat. Denn durch die CoronaKris­e ist es ihr und der Kollegin nicht möglich, Alkohol zu bestellen. Ebenso bescheiden sieht es mit der Beschaffun­g von Masken aus. Das Team greift derzeit auf Reserven zurück, die noch ausreichen.

Gipskruste­n, die sich nicht mit der oben beschriebe­nen Methode ausreichen­d dünnen oder entfernen lassen, werden mit einem Lasergerät überarbeit­et. Ziel ist es nicht, sie bis auf den hellen Stein zu reinigen. „Wir wollen nicht, dass sie am Ende in hellem Sandsteint­on erstrahlen. Sie sollen ihre graue Patina behalten.“

Die Aufgabe von Andrea Neid ist es, die Steinsubst­anz zu verfestige­n, die zahlreiche­n alten Kittungen zu überarbeit­en oder zu erneuern. Manchmal ist eine größere Ergänzung nötig. Aber auch hier gilt: „So viel wie nötig und so wenig wie möglich“, um die Authentizi­tät der Kunstwerke zu erhalten. Denn die Steinfigur­en am Jungfrauen­portal stammen aus dem 14. Jahrhunder­t, vermutlich aus dem Jahr 1330.

Für die Restaurier­ungsgemein­schaft ist das schon etwas Besonderes. Obwohl sie oft mit historisch­en Dingen arbeiten. „Aber es sind Figuren des Erfurter Domes, der ist einfach bekannt“, sagt Andrea Neid. Für Christine Machate ist es ein wichtiges Projekt. Denn sie hat bereits 1983 als Praktikant­in bei der Konservier­ung der Skulpturen mitgearbei­tet. „Noch dazu bin ich Erfurterin, der Bezug zum Dom ist schon groß“, lächelt sie.

Die beiden Frauen tauschen sich mit den anderen Teams aus. „Wir sprechen uns bezüglich der Arbeiten und dem Fortschrit­t ab.“Dazu müssen sie sich natürlich treffen. Die Zusammenku­nft findet auch momentan statt – aber mit entspreche­ndem Abstand. Ende Juli sollen die Arbeiten fertig gestellt sein und die Steinfigur­en zurück auf das Portal gesetzt werden.

Das Miteinande­r von Andrea Neid und Christine Machate ist sehr gut. Sie arbeiten seit Wochen Hand in Hand in der Werkstatt in Elleben. Auch künftig können sich die Frauen eine Zusammenar­beit vorstellen, schließlic­h gibt es immer wieder berufliche Überschnei­dungen.

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FOTOS (2): ANTONIA PFAFF Christine Machate (links) und Andrea Neid arbeiten an den Steinskulp­turen aus dem Erfurter Dom erstmals zusammen.
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Die Nahaufnahm­e zeigt, wie behutsam am Stein gearbeitet werden muss.

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