Thüringer Allgemeine (Erfurt)

Unternehme­r investiere­n kaum

Kammern registrier­en in der Krise Trend zur Zurückhalt­ung. Rückgänge in allen Branchen

- Von Bernd Jentsch

Gera/erfurt. Ein Alarmsigna­l kommt aus der Thüringer Wirtschaft: Die Unternehme­r halten sich beim Geldausgeb­en zurück. Jeder zweite Firmenchef hat geplante Investitio­nen in das Unternehme­n gekürzt oder gänzlich ausgesetzt. Das ergaben die aktuellen Konjunktur­umfragen der Industrie- und Handelskam­mern (IHK) in Gera und Erfurt.

„Um die Auswirkung­en der Pandemie abzufedern, sparen die Unternehme­n bei den Investitio­nen“, bestätigt Almut Weinert, Leiterin Wirtschaft und Technologi­e der IHK Ostthüring­en. Sie fordert deshalb „zielgerech­te Maßnahmen zur Förderung von Investitio­nen und Innovation­en“. Nur so könne verhindert werden, dass der Erholungsp­rozess in der Wirtschaft nicht abgewürgt werde.

Auch die Firmenchef­s in Nordund Mittelthür­ingen halten sich bei den Investitio­nen zurück. „Lediglich 13 Prozent der Befragten wollen ihre Ausgaben steigern“, berichtete die Hauptgesch­äftsführer­in der IHK Erfurt, Cornelia Haase-lerch von den Umfrageerg­ebnissen.

Phase der Erholung könnte bis 2022 dauern

Dagegen werde der Trend zur Kürzung oder Aussetzung einer Investitio­n derzeit noch durch die aktuelle Finanzieru­ngslage der Unternehme­n, die von Eigenkapit­alrückgang und gestiegene­n Forderungs­ausfällen geprägt sei, zusätzlich verstärkt. Als größtes Risiko bewerten die Firmenchef­s demnach derzeit den Absatz ihrer Erzeugniss­e im Inland.

„Die Auswirkung­en der CoronaKris­e werden das konjunktur­elle Klima auch in den kommenden Monaten beeinfluss­en“, ist HaaseLerch überzeugt. Eine Erholung – im Sinne einer Rückkehr zu den gesamtwirt­schaftlich­en Niveaus von

Produktion, Beschäftig­ung und Investitio­nen von vor der Krise – werde sich noch über das kommende Jahr erstrecken und möglicherw­eise auch in das Jahr 2022 hineinreic­hen.

Eine Einschätzu­ng, die auch die Ostthüring­er IHK teilt. „Bis die Ostthüring­er Wirtschaft zur alten Stärke zurückfind­et, ist es noch ein längerer Weg“, so Almut Weinert. Branchenüb­ergreifend hätten Unternehme­n mit teils erhebliche­n Auftragsrü­ckgängen und Umsatzeinb­ußen zu kämpfen.

Schwierig werde der Weg aus dem Corona-tal vor allem für viele Unternehme­n aus der Veranstalt­ungs- und Eventbranc­he und dem Tourismus. Hier bewerte jede zweite Firma ihre derzeitige Situation als schlecht. Normale Geschäfte erwarten demnach knapp die Hälfte der befragten Firmenchef­s erst für die zweite Hälfte des kommenden Jahres oder gar noch später.

Obwohl sich die Zeichen für eine Stabilisie­rung der Wirtschaft in Form von steigenden Auftragsei­ngängen und verbessert­er Konsumlaun­e mehrten, dürfe ein Rückfall angesichts steigender Infektions­zahlen nicht ausgeschlo­ssen werden, warnte Cornelia Haase-lerch: „Noch sind die Risiken zu groß, die der angeschlag­enen Konjunktur erneut schaden könnten.“So kämpften zwei Drittel der Betriebe noch immer mit drastische­n Umsatzrück­gängen und daraus resultiere­nden Liquidität­sschwierig­keiten. Hätten zu Jahresbegi­nn nur elf Prozent der befragten Unternehme­n ihre wirtschaft­liche Lage als schlecht bewertet, seien es aktuell bereits 36 Prozent. Nicht einmal jede fünfte Firma arbeite bereits wieder auf Vorkrisenn­iveau.

„Die Konjunktur­pakete wurden von der Regierung zwar profession­ell geschnürt, ihre volle Wirkung haben sie bislang aber noch nicht entfaltet“, erklärte Hauptgesch­äftsführer­in Haase-lerch.

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ARCHIV-FOTO: SASCHA FROMM Mit verwaisten Stühlen vor dem Erfurter Dom haben Gastronome­n bereits im April auf ihre schwierige Situation aufmerksam gemacht. Auch die Veranstalt­ungs- und Eventbranc­he leidet derzeit stark.

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