Die Leiden eines Orchestermusikers
Großartige Schauspielpremiere von Patrick Süskinds „Der Kontrabaß“am Theater Gera
Gera. Der Kontrabass sei das wichtigste Instrument in einem Orchester, erklärt der Musiker entschieden. Es folgen eine überzeugende Lobeshymne auf sein Instrument und ein Streifzug durch die Musikgeschichte. Doch dann lässt der Autor Patrick Süskind (*1941) in seinem Monolog „Der Kontrabaß“die Stimmung kippen, aus der anfänglichen Schwärmerei des Musikers für sein Instrument wird Verzweiflung, Wut, Selbstzweifel.
Schauspieldirektor Manuel Kressin inszenierte das Monodrama in Gera mit dem großartigen Markus Lingstädt in der Titelrolle – das Stück feierte jetzt in der Bühne am
Park Premiere. „Der Kontrabaß“, uraufgeführt 1981 in München und in 28 Sprachen übersetzt, zählt bis heute zu den meistgespielten deutschsprachigen Stücken und hat nichts ans Brisanz verloren.
Markus Lingstädt als zu kurz gekommener Kleinbürger
Mit viel Charme und Sprachwitz gewährt der Kontrabassist ein Blick hinter die Kulissen und auf sein Seelenleben. Ein herrlicher Monolog, den er allein im Orchestergraben, kurz vor einer Aufführung führt. Nebenbei trinkt er übermäßig Bier, um „den Flüssigkeitsverlust auszugleichen“. Das lockert offenbar die Zunge. Und so erfährt der Zuschauer, dass der Kontrabassist mit seinem Kontrabass absolut nicht im Reinen ist. Der sei nicht nur klobig, stehe in der Wohnung rum und jeder Beziehung im Wege, verursache Hornhaut an den Fingern und sehe aus wie ein fettes Weib. Er sei auch außerordentlich temperaturempfindlich und zwinge seinen Besitzer, immer Stunden vor den anderen zum Temperieren vor Ort zu sein. Und als wären das nicht genug Unannehmlichkeiten, erfährt der Kontrabassist nicht die Würdigung, die ihm gebührt. Statt als umjubelter Star verbringt der ernüchterte Protagonist seinen Alltag als „Tuttist“, also an letzter Stelle der Hierarchie, und wird dort von seiner angebeteten Sopranistin nicht mal wahrgenommen.
Eine Stunde lang stemmt Markus Lingstädt seinen Monolog souverän, gibt überzeugend einen zu kurz gekommenen Kleinbürger, der an seiner eigenen Unzulänglichkeit leidet. Immer wieder versucht dieser von selbst, seiner untergeordneten Rolle im Orchester und der Gesellschaft einen Sinn zu geben. Ein tolles, sehenswertes Stück mit einem hervorragenden Markus Lingstädt auf der Bühne – und garantierter Nachwirkung. Wer „Der Kontrabaß“gesehen hat, schaut beim nächsten Konzert mit Sicherheit auch in die hinteren Reihen.
Weitere Aufführungen: Freitag, 16. Oktober, und Samstag, 31. Oktober, jeweils 19.30 Uhr