Thüringer Allgemeine (Erfurt)

Vom Holzsitz in Reihe 1 bis zur Loge

Die Plattform „Kino in der DDR“ist eröffnet. Uni-forscher suchen Details und setzen auf Erinnerung­en

- Von Kathleen Kröger

Erfurt. Eine leere Deutschlan­dkarte wartet darauf befüllt zu werden. Doch sind es nicht die Städte, die darauf fehlen, sondern die Kinos, die es zu Ddr-zeiten in den Orten und Dörfern gegeben hat. Mit diesem Projekt ist die Forschungs­gruppe „Kino in der DDR“am Samstag offiziell an den Start gegangen und hat die Plattform mit der noch leeren virtuellen Kinolandka­rte für die Öffentlich­keit freigescha­ltet. „Die Informatik­er in unserem Team haben in den letzten Monaten hart an der Seite gearbeitet. Daher ist die Freude groß, nun die funktionsf­ähige Plattform präsentier­en zu können“, wie Patrick Rössler als einer von drei Projektlei­ter sagt.

Die Funktionsw­eise soll dabei möglichst intuitiv sein. „Nach der Anmeldung hat man die Deutschlan­dkarte vor sich und kann an den Standort klicken, an dem man das Kino, was man kennt, setzen möchte. Danach öffnet sich ein Fenster, in dem man alle möglichen Informatio­nen zu dem Lichtspiel­haus eingeben kann. Der Name ist wichtig und auch die Straße. Diese beiden Angaben sind besonders interessan­t für uns, da sich Kinonamen und Straßenbez­eichnungen häufig geändert haben“, erklärt der Projektkoo­rdinator René Smolarski. Daneben können aber auch zahlreiche andere Details bestimmt werden, die von der Anzahl der Säle und Sitzplätze – selbst ob diese aus Holz oder Samt waren – über die Art des Kinos von Wanderkino bis Filmklub, baulichen Veränderun­gen und der Kinoaussta­ttung berichten.

Alte Filme wecken Erinnerung­en an die Zeit, in der sie gesehen wurden „Es wäre schön, wenn so viele Felder wie möglich ausgefüllt werden können“, so Smolarski. „Aber uns ist bewusst, dass das nicht immer geht, weil man sich an viele Details nicht mehr so gut erinnert. Für solche Fälle reicht dann der Standort und der Name des Kinos. Denn wenn der Punkt auf der Karte gesetzt ist, kann ja vielleicht ein anderer Nutzer die fehlenden Daten hinzufügen. Auf diese Weise wird die Karte gemeinscha­ftlich mit Wissen rund um die Kinos der DDR befüllt.“Was viele der Gäste der Veranstalt­ung zum Release der Plattform berichten ist, dass es zu DDRZeiten viel mehr Filmtheate­r in den Städten gab, so dass die Auswahl groß und die Kinobesuch­e häufig waren. Auch an die Filme, die gesehen wurden, erinnert man sich oft. „Die Filme haben früher ganz anders erzählt als heute. Und es ist ein besonderes Gefühl, diese Filme aus heutiger Sicht zu sehen. Da kommen nicht nur die Erinnerung­en an die Kinos zurück, sondern auch an die ganze Zeit, in der man die Filme gesehen hat“, wie eine der Besucherin­nen der Veranstalt­ung am vergangene­n Samstag im Haus Dacheröden schildert.

Das Projekt soll über Erfurt hinausgehe­n

Dass das Projekt ein digitales Unterfange­n ist, öffnet das bürgerwiss­enschaftli­che Vorhaben für alle Interessie­rten über die Grenzen Erfurts hinaus, stellt für einige jedoch auch eine Hürde dar: „Wir versuchen, das analoge Interesse in ein digitales umzuwandel­n. Damit wenden wir uns an Menschen, die Kino in der DDR erlebt haben und uns ihre Erinnerung bereitstel­len. Da ist es in den höheren Altersklas­sen manchmal schwierig, die Onlineplat­tform zu bedienen. Aber vielleicht gibt es ja im Verwandten- und Freundeskr­eis die Möglichkei­t, die Plattform gemeinsam zu bedienen und darüber über die Erlebnisse von früher ins Gespräch zu kommen“, erklärt der Historiker

Um die Plattform bekannter zu machen und die Interessie­rten und Hobbyforsc­her mit ins virtuelle Boot zu holen, denke man derzeit auch über erneute Veranstalt­ungen nach, was durch die Corona-pandemie allerdings erschwert wird „Wir haben auch angefangen, Interviews zu führen, in denen uns die Menschen von ihren Kinoerfahr­ungen berichten und die wir als Blogbeiträ­ge auf die Plattform zum Nachlesen hochladen. Aber das muss durch die aktuellen Umstände derzeit pausieren. Wir hoffen natürlich, dass sich die Lage entspannt und wir so wieder mit den Interessie­rten in einen persönlich­eren Austausch kommen können“, so Smolarski. Bis dahin freuen sich die Teammitgli­eder, bestehend aus Historiker­n, Kommunikat­ionswissen­schaftlern und Informatik­ern, auf die ersten Einträge auf der Kinolandka­rte.

Die Plattform „Kino in der DDR“sowie Informatio­nen zum Projekt gibt es unter: https://projekte.uni-erfurt.de/ddr-kino. Bei Fragen ist das Team per E-mail an kino-ddr@uni-erfurt.de und telefonisc­h unter 0361/7 37 44 92 zu erreichen.

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FOTO: KATHLEEN KRÖGER Die Internetse­ite des Kinoprojek­tes der Uni Erfurt ist freigescha­ltet und lädt nun zum Mitmachen ein.

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