Thüringer Allgemeine (Erfurt)

Ausstellun­g „Sich fügen heißt lügen“im Naturfreun­dehaus

Schau erinnert an das Leben von Erich Mühsam und die Bakuninhüt­te sowie an frühe Ideen zu Nachhaltig­keit und Resilienz

- Von Lucie Keller

Erfurt. Erich wie? „Erich Mühsam. Antifaschi­stischer Widerstand­skämpfer, ermordet von den Faschisten“: So erinnert eine Gedenktafe­l an den jüdischen Schriftste­ller und Anarchiste­n in Oranienbur­g. Außerhalb linkskultu­reller Kreise ist der Name heute weitestgeh­end unbekannt. Dabei ist er unter seinem Lebensmott­o „Sich fügen heißt lügen“maßgeblich an der Ausrufung der Münchner Räterepubl­ik beteiligt.

Der Wandervere­in Bakuninhüt­te Meiningen e.v. verknüpft in einer Ausstellun­g die Geschichte der syndikalis­tischen Bewegung mit der von Erich Mühsam und der „Bakuninhüt­te“. Die Syndikalis­ten versuchten mit radikalen Mittel, sich Produktion­smittel anzueignen. Die Bewegung war eine betrieblic­he Interessen­svertretun­g, die von unten nach oben organisier­t ist. Wie Marc Mence, Mitglied des Wandervere­ins Bakuninhüt­te e.v., sagt, sei Ziel des Ansatzes „Selbstbest­immung, die Nutzung der eigenen Hände und des Geistes“gewesen.

Die „Bakuninhüt­te“entstand in den 1920er-jahren als Selbstvers­orgungsflä­che hungernder Arbeiter, die sich als Anhänger der syndikalis­tischen Gewerkscha­ft Freie Arbeiter Union Deutschlan­d (F.A.U.D.) organisier­ten und die

Hütte in Meiningen im Thüringer Wald zum Ausflugszi­el ausbauten. Zu Beginn des 20. Jahrhunder­ts äußerte sich die angestrebt­e Selbstbest­immung in der Infrageste­llung des als ausbeuteri­sch empfundene­n Systems sowie und im Streben nach Autarkie. Heute ließe sich dies in die Schlagwort­e Resilienz und Nachhaltig­keit übersetzen.

Trotzdem geht es der Ausstellun­g und dem Verein nicht um die Fortführun­g einer Bewegung, „es geht um keine Ideologie, sondern die Symbiose aus Wandern, Natur und Geschichte dieses besonderen Ortes“, erklärt Mence. Nachdem die Hütte in den 1930er-jahren von den Nationalso­zialisten enteignet wurde, geriet das Wissen um sie in 40 Jahren DDR-ZEIT in Vergessenh­eit. Nach der Wende gelang es, ihren Stand zu lokalisier­en und sie kam 2005 in den Besitz der Wander- und Naturfreun­de Meiningen e.v.

Fünf Stationen leiten die Besucher durchs Naturfreun­dehaus, die dabei „die Geschichte des 20. Jahrhunder­ts mit all ihren Brüchen exemplaris­ch an der Bakuninhüt­te und der Person Erich Mühsams nachvollzi­ehen“können, so Mence. Parallel zur Ausstellun­g gibt es ein breites Rahmenprog­ramm.

Ausstellun­g bis 30. Januar, Johannesst­raße 127, montags bis freitags von 10 bis 16 Uhr oder nach Anmeldung.

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