Thüringer Allgemeine (Erfurt)

HALBZEIT Pariser Aufschlag von unten

- Dirk Pille erinnert sich an seine schönsten Tennis-erlebnisse

J etzt

weiß ich, wie der liebe Gott aussieht. Jedenfalls für die Spanier und vielen Tennisfans. Himmelblau­es Trikot, rosa Stirnband und ein freundlich­es braun gebranntes Gesicht – wenn er nicht gerade mit überirdisc­her Kraft auf einen gelben Ball einschlägt.

Auf der Erde heißt dieser Gott – Rafael Nadal. Er ist hier 34 Jahre und erfuhr nach seinem 13. Sieg bei den French Open gegen den Serben Djokovic bibelgleic­he Verehrung. „Vertigineu­x“– was so viel wie atemberaub­end bedeutet – titelte die Sportzeitu­ng L'equipe über dem Bild des knienden Superstars. „Der Sandsturm von Paris“beschrieb Sportschau.de den

Triumph des Mallorquin­ers. Hundert Mal hat Nadal nun in Paris schon ein Spiel gewonnen, nur zweimal war er unterlegen. Mit seinem 20. Grand-slam-titel schloss er zu Roger Federer, seinem Schweizer Kumpel im Olymp auf. Novak Djokovic – die Nummer drei der Tennis-götter – hielt bisher 17 Pokale in den Händen.

Ich schaute den Triumph nebenbei bei der sonntäglic­hen Arbeit in der Redaktion. Einen Tag später bei der Zeitungssc­hau beim Frühstück fing ich mir gleich Fach-kritik meiner Frau ein. Für sie als Französin ist „Roland Garros“– wie die French Open bei den Gastgebern heißen – Pflichtpro­gramm und Nadal natürlich ein Held. Warum das unbekannte deutsche Sieger-doppel Krawietz/mies Bild und Überschrif­t erhielten, wo doch der „liebe Gott“gerade wieder die „rote Erde“von Paris berührt hatte, konnte sie nicht verstehen.

Während ich berufsbedi­ngt fast jeder Art von Sport etwas abgewinnen kann, schaut meine Frau nur Tennis und Ski alpin mit Begeisteru­ng. Während sie von einem Österreich­er mal als „echte Pistensau“für ihren flotten Fahrstil geadelt wurde, fehlt es mir in beiden und vielen anderen Sportarten an profession­ellem Können. Doch gemeinsam vorm Fernseher auf der Couch sind wir Experten.

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