Thüringer Allgemeine (Erfurt)

Patzer und Zaubertore

Beim 3:3 gegen die Schweiz verpasst die deutsche Elf den zweiten Sieg in der Nations League

- Von Sebastian Weßling

Köln. Der Stadion-dj hatte gut zu tun: Immer wieder musste er „Kernkraft 400“anspielen, den 90er-jahre-techno-hit von Zombie Nation. Insgesamt dreimal erklang die Tormusik der deutschen Nationalma­nnschaft. Normalerwe­ise hätte das gleichbede­utend mit einem lockeren Sieg sein müssen, aber an diesem Abend in Köln war wenig normal – und so endete die NationsLea­gue-partie gegen die Schweiz unentschie­den 3:3 (1:2).

Joachim Löw hatte die Elf umgebaut nach zuletzt wenig ansprechen­den Auftritten. Statt einer Dreier- spielte nun eine Viererkett­e, von der sich der Bundestrai­ner mehr Tempo im Spielvortr­ag erhoffte. Und weiter vorne sollten Timo Werner und Kai Havertz für Schwung sorgen.

Was in der Theorie gut klang, wurde in der Praxis zunächst durch kapitale individuel­le Fehler torpediert. Nach Serge Gnabrys Fehlpass tief in der eigenen Hälfte konnte Manuel Neuer Xherdan Shaqiris Schuss aus kürzester Distanz noch zur Ecke abwehren. Die köpfte Robin Gosens weg, doch Remo Feulner beförderte den Ball gleich wieder rein in den Strafraum, wo der frühere Schalker Mario Gavranovic von der herausrück­enden Abwehr vollkommen vergessen worden war und den Ball per Kopf als herrliche Bogenlampe über Neuer hinweg ins lange Eck fabriziert­e (5.).

Ein Muster, das sich wiederhole­n sollte: Das deutsche Spiel sah deutlich besser aus als so oft zuletzt – aber da waren immer wieder diese schweren Fehler. Neuers allzu lässiger Klärungsve­rsuch blieb an Haris Seferovic hängen, doch die Schweizer wussten dieses Geschenk nicht zu nutzen (16.). Das nächste aber sehr wohl: Ausgerechn­et der Jubilar Kroos spielte einen Fehlpass, die Schweizer zerlegten die unsortiert­e deutsche Abwehr mit einem Konter, an dessen Ende Freuler den Ball lässig ins Tor lupfte (26.).

Die deutsche Mannschaft hatte bis dahin nur eine ernsthafte Torchance durch Timo Werner vorzuweise­n (25.). Gleich vier Gegner konnten sein Dribbling nicht stoppen und von der Strafraumg­renze legte er den Ball klug ins lange Eck (28.). Nun endlich hatte die deutsche Mannschaft die Partie im Griff. Doch Robin Gosens‘ AußenristS­chlenzer lenkte Yann Sommer über die Latte(35.), Kroos schoss aus 25 Metern knapp vorbei (44.).

Es ging schwungvol­l weiter: Werner schoss über das Tor (48.), Sommer lenkte einen Havertz-schuss an den Pfosten (49.). Und dann patzten mal die Schweizer: Havertz nahm einen Fehlpass mit, sprintete in höchstem Tempo in den Strafraum und traf überlegt ins lange Eck (55.) – eine feine Einzelleis­tung.

Die Freude währte nur kurz: Neuer parierte gegen Seferovic, dann aber bekam die deutsche Mannschaft den Ball nicht geklärt, und Gavranovic jagte ihn ins Tor (57.). Doch auch das sollte nicht die letzte Pointe sein: Werner setzte sich auf der rechten Seite stark durch, gab scharf herein und Gnabry lenkte den Ball mit der Hacke ins Tor (59.).

Damit war der Tag des offenen Tors in Köln beendet, die deutsche Elf beendete ihn mit gemischten Gefühlen: Spielerisc­h hatte sie einen Schritt nach vorn gemacht, das schon. Aber mit ihrer unsteten Art und den vielen Patzern hatte sie sich wieder einmal um mehr gebracht.

 ?? FOTO: FEDERICO GAMBARINI / DPA ?? Kai Havertz (links) brachte mit seinem Treffer zum 2:2 die deutsche Elf ins Spiel zurück.
FOTO: FEDERICO GAMBARINI / DPA Kai Havertz (links) brachte mit seinem Treffer zum 2:2 die deutsche Elf ins Spiel zurück.

Newspapers in German

Newspapers from Germany