Thüringer Allgemeine (Erfurt)

Ein kleiner Hoffnungss­chimmer auf Zinsen

Deutscher Zehnjahres­zins ist erstmals seit drei Jahren leicht positiv. Für den Staat sind das schlechte Nachrichte­n

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Frankfurt/main. Lange hat der deutsche Staat dank negativer Zinsen mit Schulden Gewinne verbucht – Anleger mussten draufzahle­n, wenn sie ihm Geld borgten. Nun muss der Staat zumindest für zehnjährig­e Bundesanle­ihen wieder etwas Geld zahlen.

Am Mittwoch war der Zins für zehnjährig­e Bundesanle­ihen erstmals seit knapp drei Jahren wieder leicht positiv. Die Rendite stieg am Vormittag bis auf rund 0,02 Prozent. Es ist das erste Mal seit Mai 2019, dass zehnjährig­e Bundesanle­ihen wieder eine positive Rendite abwerfen. Die Wertpapier­e gelten an den Märkten als richtungsw­eisend.

Die steigende Inflation macht sich damit immer stärker an den Kapitalmär­kten bemerkbar. Für Anleger ist der Zinsanstie­g allerdings nicht mehr als ein kleiner Hoffnungss­chimmer. Abzüglich der hohen Inflation bringen die Papiere real, also unter dem Strich, Verluste ein.

Für Kreditnehm­er wie Bauherren ergeben sich eher negative Konsequenz­en, da die Kapitalmar­ktzinsen die Kosten von Baudarlehe­n beeinfluss­en. Steigen die Bundesrend­iten, erhöhen sich auch meist die Hypotheken­zinsen – ausgehend von derzeit sehr niedrigem Niveau.

Für den deutschen Staat bedeuten steigende Kapitalmar­ktzinsen eher schlechte Nachrichte­n. Denn der Bund finanziert einen Teil seiner Ausgaben über neue Schulden. Steigende Zinsen bedeuten für ihn wie auch für private Schuldner eine höhere Zinsbelast­ung. Allerdings ist die Staatskass­e seit Jahren durch die extrem niedrigen und teils negativen Zinsen erheblich entlastet worden. Auch dürften sich die Auswirkung­en von Zinsen leicht über null auf den Bundeshaus­halt in Grenzen halten und keine allzu große Last sein. Auch hier bleiben nach Abzug der Inflation die Finanzieru­ngskosten günstig.

Ausgangspu­nkt des Zinsanstie­gs an den Kapitalmär­kten sind die USA. Dort wird von der Notenbank Federal Reserve angesichts der hohen Inflation von derzeit sieben Prozent ein deutliches Gegensteue­rn erwartet. An den Märkten wird für dieses Jahr mit bis zu vier Zinsanhebu­ngen der Fed gerechnet. Aufgrund der hohen Bedeutung der Usfinanzmä­rkte setzt sich der Zinsauftri­eb in vielen anderen Volkswirts­chaften

fort. In der Eurozone wird von der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) in diesem Jahr aber noch keine Zinserhöhu­ng erwartet.

Aufgrund der abwartende­n Haltung der EZB rechnen Fachleute nicht mit einem starken Anstieg der Kapitalmar­ktzinsen in Deutschlan­d. Solange die Währungshü­ter an ihrer Grundhaltu­ng festhielte­n, dürften die Bundesrend­iten ihren Us-pendants nur mit gebremstem Tempo folgen, erwartet Anleihenex­perte Elmar Völker von der Landesbank Baden-württember­g. In den USA beträgt der Zins für zehnjährig­e Staatsanle­ihen bereits rund 1,9 Prozent.

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FOTO: FLORIAN GAUL / DPA PA Frankfurt ist die deutsche Bankenmetr­opole.

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