Wählerische Wildschafe
Mufflons sind in Teilen Ostthüringens heimisch. An anderen Orten werden sie seltener
Ein Mufflon ist gern anspruchsvoll. Plattes Land gehört nicht zu seinen Favoriten. Das Hochgebirge aber ebenso wenig. Unter den Hufen hat es das Wildschaf lieber hart. Matsch geht gar nicht. Und Wälder und Felsen sollten möglichst auch genug vorhanden sein. Kein Wunder also, dass rund um Leutenberg im Landkreis Saalfeld-rudolstadt so viele dieser Tiere leben wie in kaum einer anderen Gegend Deutschlands.
Was die Landschaft betrifft, stimmt hier nämlich eine ganze Menge. So sind die Wildschafe, die ursprünglich auf Korsika und Sardinien heimisch waren, in Teilen Ostthüringens längst ein vertrauter Anblick. Um 1910 seien erste Tiere von Menschen in Parks gebracht, wenig später dann einige Schafe für die Jagd ausgewildert worden, erklären Hans und Grit Leeder, Försterehepaar aus dem Ort Herschdorf.
Heute findet man die „Muffel“, wie Einheimische und Kenner sie meist nur nennen, unter anderem auch in manchen Wäldern jenseits der bayerischen Grenze und in weiteren Teilen Thüringens. Einer ihrer frühesten Lebensräume in Deutschland war der Harz. Aber ausgerechnet dort sind sie mittlerweile immer seltener zu sehen.
Denn Wolf und Luchs kehren zurück. Tauchten die großen Beutegreifer wieder auf, verschwänden Wildschafe oft binnen weniger Jahre, erklärt Grit Leeder. Im Gegensatz etwa zu Rehwild können die Mufflons kaum schnell und über lange Strecken flüchten. Die Schafe reagieren völlig anders auf Gefahr: Ein Pfiff, ein Stampfen mit dem Vorderhuf – und rasch hinauf an den nächsten Steilhang oder eine Felswand. Da können Angreifer nicht folgen. Wo Felsen fehlen, haben Raubtiere hingegen leichtes Spiel. Schrumpfende Mufflon-vorkommen sind bundesweit in einigen Regionen zu beobachten. Und sie könnten, wenigstens prinzipiell, auch rund um Leutenberg früher oder später einmal Realität sein.
Das wäre einerseits der Gang der Dinge. Andererseits seien die Muffel eben „eine besonders schöne Wildart“und außerdem fester Bestandteil der Ostthüringer Tierwelt, meinen die Leeders. Drei bei Unfällen verletzte Lämmer haben sie im
Forsthaus bisher mit Ziegenmilch aus der Flasche aufgepäppelt. Gleichwohl sehen die beiden das Thema stets von zwei Seiten.
Auch die Jagd auf Mufflons bleibe natürlich notwendig, sagen sie. Die Zahl der Schafe dürfe nicht zu groß werden. Schließlich fressen sie außer Kastanien, Bucheckern und Eicheln auch die Triebe junger Bäume. Und das, was auf den Feldern der Region so wächst. Nebenbei sei die Jagd eine nicht unwichtige Einnahmequelle für Pächter und Waldbesitzer, sagt Hans Leeder. Besonders im Herbst und Winter kommen Hobby-jägerinnen und Hobbyjäger aus dem gesamten Bundesgebiet nach Ostthüringen, um einen Widder mit seinen prächtigen Hörnern, der Schnecke, zu schießen.
Wer die Muffel beim Spaziergang aus der Nähe sehen will, braucht etwas Glück. Dafür – und generell – appellieren Hans und Grit Leeder, im Wald auf den Wegen zu bleiben und möglichst wenig Lärm zu machen. Hunde sollten stets angeleint sein. All das gilt momentan übrigens umso strenger: Denn seit dem 15. Januar herrscht Schonzeit für Mufflons. Bald bekommen sie ihre Jungen. In diesen Monaten dürfen sie auch nicht gejagt werden.