Thüringer Allgemeine (Erfurt)

Wählerisch­e Wildschafe

Mufflons sind in Teilen Ostthüring­ens heimisch. An anderen Orten werden sie seltener

- Von Christian Schneebeck

Ein Mufflon ist gern anspruchsv­oll. Plattes Land gehört nicht zu seinen Favoriten. Das Hochgebirg­e aber ebenso wenig. Unter den Hufen hat es das Wildschaf lieber hart. Matsch geht gar nicht. Und Wälder und Felsen sollten möglichst auch genug vorhanden sein. Kein Wunder also, dass rund um Leutenberg im Landkreis Saalfeld-rudolstadt so viele dieser Tiere leben wie in kaum einer anderen Gegend Deutschlan­ds.

Was die Landschaft betrifft, stimmt hier nämlich eine ganze Menge. So sind die Wildschafe, die ursprüngli­ch auf Korsika und Sardinien heimisch waren, in Teilen Ostthüring­ens längst ein vertrauter Anblick. Um 1910 seien erste Tiere von Menschen in Parks gebracht, wenig später dann einige Schafe für die Jagd ausgewilde­rt worden, erklären Hans und Grit Leeder, Försterehe­paar aus dem Ort Herschdorf.

Heute findet man die „Muffel“, wie Einheimisc­he und Kenner sie meist nur nennen, unter anderem auch in manchen Wäldern jenseits der bayerische­n Grenze und in weiteren Teilen Thüringens. Einer ihrer frühesten Lebensräum­e in Deutschlan­d war der Harz. Aber ausgerechn­et dort sind sie mittlerwei­le immer seltener zu sehen.

Denn Wolf und Luchs kehren zurück. Tauchten die großen Beutegreif­er wieder auf, verschwänd­en Wildschafe oft binnen weniger Jahre, erklärt Grit Leeder. Im Gegensatz etwa zu Rehwild können die Mufflons kaum schnell und über lange Strecken flüchten. Die Schafe reagieren völlig anders auf Gefahr: Ein Pfiff, ein Stampfen mit dem Vorderhuf – und rasch hinauf an den nächsten Steilhang oder eine Felswand. Da können Angreifer nicht folgen. Wo Felsen fehlen, haben Raubtiere hingegen leichtes Spiel. Schrumpfen­de Mufflon-vorkommen sind bundesweit in einigen Regionen zu beobachten. Und sie könnten, wenigstens prinzipiel­l, auch rund um Leutenberg früher oder später einmal Realität sein.

Das wäre einerseits der Gang der Dinge. Anderersei­ts seien die Muffel eben „eine besonders schöne Wildart“und außerdem fester Bestandtei­l der Ostthüring­er Tierwelt, meinen die Leeders. Drei bei Unfällen verletzte Lämmer haben sie im

Forsthaus bisher mit Ziegenmilc­h aus der Flasche aufgepäppe­lt. Gleichwohl sehen die beiden das Thema stets von zwei Seiten.

Auch die Jagd auf Mufflons bleibe natürlich notwendig, sagen sie. Die Zahl der Schafe dürfe nicht zu groß werden. Schließlic­h fressen sie außer Kastanien, Bucheckern und Eicheln auch die Triebe junger Bäume. Und das, was auf den Feldern der Region so wächst. Nebenbei sei die Jagd eine nicht unwichtige Einnahmequ­elle für Pächter und Waldbesitz­er, sagt Hans Leeder. Besonders im Herbst und Winter kommen Hobby-jägerinnen und Hobbyjäger aus dem gesamten Bundesgebi­et nach Ostthüring­en, um einen Widder mit seinen prächtigen Hörnern, der Schnecke, zu schießen.

Wer die Muffel beim Spaziergan­g aus der Nähe sehen will, braucht etwas Glück. Dafür – und generell – appelliere­n Hans und Grit Leeder, im Wald auf den Wegen zu bleiben und möglichst wenig Lärm zu machen. Hunde sollten stets angeleint sein. All das gilt momentan übrigens umso strenger: Denn seit dem 15. Januar herrscht Schonzeit für Mufflons. Bald bekommen sie ihre Jungen. In diesen Monaten dürfen sie auch nicht gejagt werden.

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FOTO: CHRISTIAN SCHNEEBECK Für das Förster-ehepaar Hans und Grit Leeder aus Herschdorf sind die Mufflons kein seltener Anblick.

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