Thüringer Allgemeine (Erfurt)

„Mit uns Griechen steigen wir auf“

Fußball-oberliga: Kerasidis spielte mit Hajrulla einst in Athen – nun für den FC Rot-weiß

- Von Dirk Pille

Erfurt. Im ersten Erfurter Trainingss­piel schickte Abwehrkant­e Marcel Bär das griechisch­e Leichtgewi­cht gleich mal rustikal auf den Kunstrasen. Ein Pferdekuss zur Begrüßung. „Das bringt Glück, wenn man sich nicht verletzt“, sagte Angelos Kerasidis nach dem Start beim FC Rot-weiß und lachte.

Dass der 25-jährige Grieche keine Berührungs­ängste hat, zeigte er mit einem Tackling ein paar Minuten später. Es herrscht gute Stimmung beim Erfurter Fußball-oberligist­en und die Stammplätz­e werden in den nächsten Tagen vom 20-köpfigen Kader hart umkämpft sein.

Kerasidis, der vom Außenverte­idiger bis zum Außenstürm­er alles spielen kann, kam zum Jahreswech­sel vom Liga-konkurrent­en FC Carl Zeiss Jena II. Ebenso wie sein Jugendfreu­nd Romario Hajrulla, mit dem er im Nachwuchs zwischen neun und zwölf Jahren für AEK Athen gekickt hat. Während Hajrulla nach einem Bruch des Schienbein­köpfchens noch ein paar Wochen in der Reha arbeiten muss, ist Kerasidis’ Leistenpro­blem auskuriert. „Ich habe das in Griechenla­nd behandeln lassen und seit 1. Januar Kraft und Ausdauer trainiert“, sagte der 1,76 Meter große Hellene.

Sein Weg in den Profifußba­ll war spannend. „Mein Vater ist in Stuttgart geboren, ging dann zurück in die Heimat. Er spricht kein Deutsch mit mir, obwohl er es kann“, sagt Kerasidis und lacht. Mit 15 Jahren zog es ihn trotzdem nach Deutschlan­d zu einer Tante und seinem Cousin. Kerasidis spielte drei Jahre im Augsburger Nachwuchs; danach ging es zurück nach Athen zu Panionos.

„Die sind inzwischen aus der ersten Liga abgestiege­n, haben kein Geld und keine Spieler mehr“, sagte Kerasidis. Über den Profifußba­ll in Griechenla­nd hat er keine hohe Meinung. „Da musst du als junger Spieler Teile deines Gehalts an Trainer, Manager oder Berater abgeben, um einen Platz im Team zu bekommen. Das wird einem ganz schnell klar gemacht“, so der Athener über die teilweise mafiösen Strukturen.

Deshalb wollte er nach Deutschlan­d zurück. Über Bernburg, Neuhof und Jena kam er nun nach Erfurt. „Mein Ziel ist die Regionalli­ga und irgendwann die 3. Liga. Mit Erfurt will ich den ersten Schritt machen. Mit meinem Freund Romario werden wir offensiv stark sein. Mit uns Griechen steigen wir zu 99 Prozent auf“, sagt er selbstbewu­sst.

Die Truppe habe ihn prima aufgenomme­n. „Alle sind sehr nett. Nun müssen wir uns integriere­n“, so Kerasidis, der noch im Hotel wohnt, aber bald in eine Wohnung umziehen kann. Beim Carl Zeiss II machte er 14 Spiele und traf fünf Mal. Beim hart erkämpften 2:1-Sieg Erfurts bei Jena II beeindruck­teer Erfurts Fabian Gerber: „Ich bin mir sicher: Er und Romario Hajrulla werden uns weiterhelf­en“, sagt Gerber.

Erstes Testspiel, Samstag 14 Uhr: Rotweiß Erfurt – Hessen Kassel (Regionalli­ga Südwest), coronabedi­ngt unter Ausschluss der Öffentlich­keit; kostenfrei­e Live-übertragun­g im Internet bei rwe.tv

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FOTO: FRANK STEINHORST Der laufstarke Athener Angelos Kerasidis (25) ist vielseitig einsetzbar und soll die Offensive der Erfurter verstärken.

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