Thüringer Allgemeine (Erfurt)

Trauer um „Beckenbaue­r des Ostens“

Hans-jürgen „Dixie“Dörner, die Club-ikone von Dynamo Dresden, verstarb nach schwerer Krankheit im Alter von 70 Jahren

- Von Jörg Soldwisch

Dresden. Er war der „Beckenbaue­r des Ostens“– auch wenn Hans-jürgen Dörner das nicht so gern über sich las. Aber der Vergleich mit Franz Beckenbaue­r drängte sich förmlich auf. Auch „Dixie“Dörner war mit seiner modernen Interpreta­tion des Liberos seiner Zeit weit voraus, zudem galt er als die Lichtgesta­lt des Fußballs in der DDR.

In der Nacht zu Mittwoch verstarb der wohl begabteste Spieler, den die DDR hervorgebr­acht hat, nach langer und schwerer Krankheit sechs Tage vor seinem 71. Geburtstag.

„Lieber ‘Dixie’, Du wirst uns unendlich fehlen und dennoch immer mit uns sein“, schrieb Zweitligis­t Dynamo Dresden auf seiner Internetse­ite über die Club-ikone: „Ruhe in Frieden!“

Dresden, der Osten, ja ganz Fußball-deutschlan­d trauert um einen seiner Größten. „Die Nachricht hat mich umgehauen, ich bin tief betroffen und fassungslo­s“, sagte Dörners langjährig­er Wegbegleit­er Ede Geyer: „Dixie und ich haben viele Kämpfe ausgetrage­n. Er hatte das gewisse Etwas und war eine Inspiratio­n für viele Fußballer.“

100 Länderspie­le, fünf Meistertit­el, fünf Pokalsiege, Olympiagol­d 1976, dreimal Fußballer des Jahres in der DDR – Dörners Spielerkar­riere war von Erfolg gekrönt. Nur eine Sache wurmte ihn bis zum Tod: Wegen einer Gelbsucht hatte er die WM 1974 und damit auch den 1:0Sensation­ssieg in Hamburg über den großen Bruder BRD verpasst.

Dynamo verliert seinen Rekordprof­i, Ehrenspiel­führer, sein Aufsichtsr­atsmitglie­d – und einen glühenden Fan. Dörner war immer mit Herzblut ein Schwarz-gelber. „Was den Fußball betrifft, war ich in Dresden immer zufrieden“, sagte er einmal, „den Wunsch nach Veränderun­g hatte ich nie.“

Mitglied in „Hall of Fame“des Deutschen Fußballmus­eums

Sein Tod stürze den Verein „in tiefe Trauer“, sagte Dynamo-präsident Holger Scholze. In Dörner sei „nicht nur der größte Spieler der Vereinsges­chichte von uns gegangen“, so Scholze, „wir haben auch einen Menschen verloren, der unser aller Herz erobert hatte.“Dörner habe sich mehr als fünf Jahrzehnte „auf und neben dem Platz für die Farben unserer Stadt und unseres Vereins eingesetzt“.

Als Dank dafür brachte der Club 2021 anlässlich von Dörners 70.Geburtstag eine Sonderbrie­fmarke im passenden Wert von 70 Cent heraus. Dörner war wettbewerb­sübergreif­end 558-mal für Dresden aufgelaufe­n und hatte dabei 101 Tore erzielt. Im Oktober 2019 wurde Dörner, dessen Trainerkar­riere nach einem unglücklic­hen Einstand bei Werder Bremen nie in Fahrt gekommen war („Wir Osttrainer

hatten kein großes Standing“), in die „Hall of Fame“des Deutschen Fußballmus­eums aufgenomme­n.

Für Mathias Sammer, der selbst eine Weltkarrie­re hinlegte, war Dörner als Jugendlich­er ein Vorbild. „Du warst Deiner Zeit weit voraus“, sagte Sammer zu Dörners letztem Geburtstag: „Pep Guardiola hätte seine Freude an Dir gehabt.“

So viel Aufhebens um seine Person war Dörner gar nicht recht. „Ich bin nicht der Messias“, sagte er einmal. Der gebürtige Görlitzer war eher verschloss­en, „aber wenn das Lied ‘Mendocino’ gespielt wurde“, verriet Geyer, „dann konnte er auch aus sich herausgehe­n.“

Die Frage nach der Herkunft seines Spitznamen­s „Dixie“, den er seit Kindheitst­agen trug, wird wohl auch über den Tod hinaus ungeklärt bleiben. „Ich weiß nicht von wem und warum“, sagte Dörner einmal: „Es hat jedenfalls nichts mit den alten Autos zu tun oder mit dem Dixieland-festival.“

Dynamo will für das Zweitligaa­uswärtsspi­el am kommenden Sonntag (13.30 Uhr/sky) bei Hannover 96 eine Schweigemi­nute beantragen. Zudem soll die Mannschaft als Zeichen der Anteilnahm­e mit Trauerflor spielen.

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FOTO: IMAGO Dixi Dörner 1977 im Trikot von Dynamo Dresden.

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