Thüringer Allgemeine (Erfurt)

Der kleinste Nenner

- Martin Debes über den Kompromiss zum Thüringer Etat

Na, geht doch. Die CDU hat sich mit der rot-rot-grünen Minderheit­skoalition auf den Landeshaus­halt für 2022 geeinigt. Unter Vorbehalt, aber immerhin.

Die Opposition­sfraktion besaß aber auch keine Wahl. Sie hätte vielleicht die für Anfang Februar im Landtag geplante Verabschie­dung des Etats noch um ein paar Wochen nach hinten schieben können. Aber am Ende musste sie zustimmen, um den Zorn der eigenen Landräte, Bürgermeis­ter und Wirtschaft­sverbände zu entgehen.

Das Verhandlun­gsergebnis wirkt wenig ambitionie­rt, um es freundlich zu formuliere­n. Weder wird konsolidie­rt noch reformiert. Es wird verwaltet. Die Zukunftsth­emen Digitalisi­erung und Klimaschut­z kommen vor, aber mehr lässt sich dazu kaum sagen.

Die CDU darf sich zurechnen, mehr Geld für den sogenannte­n ländlichen Raum, in dem sie noch einigermaß­en verankert ist, erstritten zu haben. Das ergibt parteipoli­tisch betrachtet Sinn.

Aber dieser Etat ist deshalb kein „Politikwec­hsel“und auch kein „grundlegen­des Umsteuern“, wie es ihr Fraktionsc­hef unermüdlic­h verkündet. Er ist ein Kompromiss des kleinsten gemeinsame­n Nenners. Und dieser Nenner lautet: Nur mit einem Etat kann dieses Land zumindest halbwegs funktionie­ren.

Der Wert dieser Einigung ist also, dass es sie gibt. Im Parlament existiert nun mal seit 2019 keine Regierungs­mehrheit mehr. Mit der Absage der Neuwahl lief zudem der sogenannte Stabilität­spakt zwischen Rot-rot-grün und CDU aus.

Insofern ist dies ein guter Tag für Thüringen. Das Parlament zeigt sich partiell handlungsf­ähig. Regierung und Kommunen können investiere­n. Unternehme­n und Träger dürfen sicher planen. In Zeiten von Pandemie, Inflation und vielfachen Unwägbarke­iten ist dies das Mindeste, was die Menschen in diesem Land erwarten dürfen.

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